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Thema: Glioblastom, alle Therapiemöglichkeiten erschöpft?!

Glioblastom, alle Therapiemöglichkeiten erschöpft?!
Martin[a]
08.09.2003 08:12:54
Einen schönen guten Abend,

mein Name ist Martin Konieczek, ich bin 23 Jahre alt und versuche seit über zwei Jahren das Leben meiner 55 Jährigen Mutter zu retten! Damit Sie sich ein Bild machen können, fasse ich die Ereignisse mal kurz zusammen:

-Im Juni 2001 Aphasie und Krampfanfall, Verlegung ins Klinikum Kassel und Operation eines ca. 4*4 cm großen Glioblastom (malignes Gliom temporal links C 71.2)

-Strahlentherpie mit einer Gesamtdosis von 38,5gy und eine Chemotherapie mit ACNU und VM-26, leider musste diese nach dem dritten Zyklus wegen einer Knochenmarkdepression abgebrochen werden.

-Im April 2002 lautet der Befund nach einem Kontroll-MRT folgendermaßen: kein tumorartiges Gewebe vorhanden.

-Im Juli hingegen zeigten die neuen MRT-Bilder ein Rezidiv hinter dem linken Auge, genauer Befund zusammengefasst:
"Im Vergleich zur Voruntersuchung findet sich jetzt im medialen Anteil des linken Temporalpoles eine neu aufgetretene ca. 1 mal 1,2 cm große Kontrastmittelaufnehmende Struktur. Direkt laterodorsal anliegend Nachweis einer weiteren kleinen, wenige mm großen unscharf begrenzten kontrastmittel-aufnehmenden Struktur".

-Das Rezidiv wächst bis zum ersten stereotaktischen Bestrahlungstermin in Marburg (insgesamt 10-mal 3gy) auf eine Größe von ca. 4,5cm mal 3cm heran und dies innerhalb von nur 5 Wochen.

-Am 28.10.2002 Kontroll-MRT und CT , die zusammenfassende Beurteilung lautet: "Größenzunahme der kontrastmittelaffinen links-temporalen Raumforderung. Überwiegend girlandenförmige Anreicherung. Mehrherdiger Befund, die größte Herdveränderung mit einem transversalen Durchmesser von 3cm, der gesamte Prozess, gemessen anhand der transversalen Schichten mit einer Größe von 5 mal 3 cm. Deutliches perifokales Ödem des Rezidivs des malignen links-temporalen Glioms mit Verlagerung des linken Temporalhornes und Verstreichen der links-temporalen äußeren Liquorräume. Beginnende Einengung der linken Cisterna ambienz. Kein Hinweis auf einen Hydrocephalus. Zustand nach osteoblastischer Craniotomie links-temporal".

-Am 08.11.2002 erfolgt nach langem hin und her in einer fast 8stündigen Operation die Resektion des linken Temporallappens. (viele Kliniken hatten die Operation abgelehnt)

-Im MRT vom 11.11.2002 war kein eindeutiger Nachweis eines Tumors an der Resektionsstelle festzustellen, jedoch schien sich im Thalamus ein neuer Tumor zu bilden bzw. war dieser deutlich erkennbar.

-Ende November erster Termin bei den Onkologen Dr. Siehl/Söhling und ein Therapievorschlag mit Temozolomid und erster Zyklus der Chemo

-Anfang Dezember 2002 Liquorkissenoperation, ein Defekt in der Dura wird geschlossen.

-Am 30.12.2002 erneuter Termin zum MRT und CT! Der Befund der neuen Bilder lautet folgendermaßen:
"Kontrastmittelaffine Tumorstruktur im Bereich des Trigonums des Hinterhorns des linken Seitenventrikels von ca. knapp 3 mal 2cm maximaler Größe. Leichtes perifocales Umgebungsödem. DD. postaktinische Gliose in diesem Bereich. Große leicht raumfordernd imponierende Zyste in der linken mittleren Schädelgrube bei Zustand nach OP in diesem Bereich. Verdacht auf sehr flaches Liquorkissen links temporal. Verdacht auf eine sehr flache tapetenförmige Tumorausbreitung am dorsalen Rand der beschriebenen Zyste in der mittleren Schädelgrube links bei diskreten Kontrastmittelanreicherungen in diesem Bereich. Flaches Hygrom links frontal und temporal. Im Vergleich zu den Voraufnahmen vom 11.11.2002 hat der beschriebene Tumor im Bereich des Hinterhorns links diskret an Größe zugenommen. Die Zyste erscheint am heutigen Untersuchungstag eher etwas praller gefüllt. Das Hygrom links hat an Größe sehr diskret zugenommen. Die übrigen intracraniellen Strukturen stellen sich regelrecht da. Kein Nachweis von metastasenverdächtigen Veränderungen".

-Zweiter, dritter und vierter TZ-Chemo-Zyklus, Blutwerte im Normbereich, daher alle 28 Tage die Chemotherapie

-Am 26.03.2003 neue Kontrollaufnahmen mit folgendem Befund:
Gegenüber der Voruntersuchung Größenrückgang eines links occipital des Seitenventrikelhinterhorns gelegenen raumfordernden Prozesses, wobei der maximale Querdurchmesser der Raumforderung jetzt bei knapp 2 cm liegt gegenüber etwa 2,8 cm in der Voruntersuchung. Ansonsten kein sicher verwertbarer Befundunterschied. Unverändert ausgedehnter Parenchymdefekt linkstemporal mit relativ glatter Berandung. Dezent bandförmige Signalanhebungen nach Kontrastmittelgabe im Bereich der Parenchymdefektberandung dürften narbig bedingt sein. Insgesamt besteht gegenüber der Voruntersuchung eine deutliche Befundbesserung.

-Fünfter, sechster und siebter Chemozyklus

-Am 23.06.2003 neue MRT-Aufnahmen mit folgender Beurteilung:
Ein in der Voruntersuchung sichtbarer, nach Kontrastmittelgabe signalangehobener Herd links-occipital relativ dicht periventrikulär gelegen stellt sich in der jetzigen Untersuchung nicht mehr dar. Ansonsten kein verwertbarer Befundunterschied. Relativ ausgedehnter links-temporaler Parenchymdefekt als Op.-Folge. Leichte randständige Signalanhebungen nach Kontrastmittelgabe entsprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit narbigen Veränderungen.

- Achter und neunter Chemozyklus


Ich hoffe ich habe Ihnen einen kleinen Überblick über die Krankheit geben können. Meiner Mutter ging es bis ca. vor sechs Wochen sehr gut, obwohl sie eigentlich bereits aufgegeben wurde. Momentan jedoch scheinen sich die Dinge wieder zum bösen zu wenden. Sie hat nun seit mehreren Wochen teilweise starke Probleme beim laufen, sie schwankt und hat Gleichgewichtsprobleme (Nach Arztmeinung eine Polyneuropathie). Zudem hat sie öfter Schmerzen im Narbenbereich, einen Gesichtsfeldausfall rechts oben und hat fast komplett die Fähigkeit zu lesen verloren. Am 23.09.2003 haben wir einen neuen Termin zum MRT und mir schon bange wenn ich daran denke. Im Augenblick weiss ich einfach nicht mehr weiter, ich habe mich bereits über eine Gastrintherpapie über eine Seedseinpflanzung und andere Therapien erkundigt, die Professoren jedoch lehnten diese Therapien bei meiner Mutter fast alle ab, da sie als ein Endstadiumpatient gilt! Mir ist natürlich klar, das diese Krankheit als unheilbar gilt und das meine Mutter deutlich länger wie andere Patienten lebt, trotzdem möchten wir nicht so einfach aufgeben! Ich würde mich freuen wenn Sie noch irgendwelche Erfahrungen bzw. Therapien gemacht haben, die mir vielleicht noch helfen könnten und diese mit mir austauschen würden. Vielen lieben Dank im voraus.
Martin Konieczek

Derzeitige Medikation: Nexium 20mg, einmal täglich
Timonil 300 1-0-1
Neurontin: 1800mg täglich (6Tabletten a 300mg)
Novalgintropfen: je nach Bedarf
Tramaltropfen: je nach Bedarf
MCP: während der Chemotherapie
Zofran lingual: während der Chemotherapie
Alle 4 Wochen 5 *220mg TZ-Chemo
Stangyl: 15 Tropfen vor dem Schlaf
Anti-Depressiva auf pflanzlicher Basis
Martin[a]
Gabi[a]
08.09.2003 10:49:53
Lieber Martin,

ein Satz von Ihnen hat mich erschüttert. Sie schreiben "wir möchten nicht so einfach aufgeben": wenn ich die Beschreibungen über den Krankheitsverlauf Ihrer Mutter lese, habe ich ganz und gar nicht den Eindruck, dass Sie "so einfach" aufgegeben haben.

Ich verstehe Ihre Ängste sehr gut. Aber es gibt Zeiten, wo die Begriffsinhalte sich ändern. Für mich heißt das: "die Hoffnung nicht aufgeben" kann zuerst bedeuten, die Hoffnung auf Genesung nicht aufzugeben, dann später, die Hoffnung auf Schmerzfreiheit nicht aufzugeben, und dann noch einmal später: die Hoffnung auf einen friedvollen und gnadenreichen Tod nicht aufzugeben.

Für mich war immer wichtig, die Frage nach den Wünschen des Kranken zu im Vordergrund zustellen. Denn sie sind krank, nicht wir, die Angehörigen. Für uns bleibt die manchmal schmerzhafte, aber auch eine wertvolle und schöne Erfahrung einen Menschen zu begleiten.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie auch diesen Teil der Erfahrung annehmen können.

Herzlichst
Gabi
Gabi[a]
Martin 23 Jahre
08.09.2003 13:38:14
Liebe Gabi,

vielen Dank für deinen Beitrag, ich habe mich sehr über deine Worte gefreut.
Ich muss sagen, ich gebe dir mit allen was du geschrieben hast vollkommen recht. Am Anfang hatte man die Hoffnung, dass der Tumor nie wiederkommen, man wurde enttäuscht! Inzwischen sind über 2 Jahre vergangen und wir sind wirklich mit dieser langen Zeit belohnt worden. Die Hoffnung gibt man meiner Meinung nie auf, man definiert sie nach so einer langen Zeit nur anders (wie du es so schön beschrieben hast). Ich möchte dir auch sagen, dass ich nie etwas gegen den Willen meiner Mutter machen würde. Einige Ärzte wollte aus ihr mehr oder weniger ein Versuchskaninchen machen und sogar unmögliche Operationen ausführen. Was nützen solche Operationen, wenn der Mensch dadurch nur geschädigt wird und im Nachhinein ihm Wochen genommen werden anstatt sie ihm zu geben. Ich persönlich finde die Lebensqualität ist besonders wichtig und ich würde niemals etwas tun, was ihr schaden würde. Vielen Dank für deine Wort, sie haben mich zum nachdenken gebracht!

Lieber Gruß Martin
Martin 23 Jahre
DagiS
08.09.2003 23:10:47
Hallo Gabi,deine Worte,sie gehen unter die Haut,aber im positiven!
Ich bin auch oft am grübeln,und wünsche mir das unmögliche,für meinen Mann.(Glio4 Seit Sep.2001 ) Was er will ist aber am wichtigsten,da hast du vollkommen recht!
Danke für Deine Zeilen,obwohl sie nicht an mich oder meinen Mann geschrieben sind! Hast mir die Augen geöffnet,danke DagiS
DagiS
Ramona[a]
09.09.2003 14:51:04
Lieber Martin,

Du hast schon sehr viel getan und Dich sehr gut um alles gekümmert bzw. alles organisiert. Gabis Worte berühren mich auch, denn sie treffen genau den Punkt. Wir wollen als Angehörige nicht aufgeben, aber dabei dürfen wir auch den sich ergebenden Verlauf nicht völlig außer acht lassen. Ich habe meine Mutter begleitet und sie hatte nach der Diagnose nur noch vier Monate, davon zwei schon in sehr schlechter Verfassung. Ich wollte auch weiter "kämpfen", aber es hätte ihr nicht mehr geholfen...

Du bist für Deine Mutter da. Das ist sicherlich das Beste und Wichtigste, was Du für sie tun kannst.

Alles Gute und viel Kraft
Ramona
Ramona[a]
Natascha[a]
17.09.2003 09:49:17
Lieber Martin,
Bei meinem Vater war das gleiche Probem.Wende dich an die Herbert Grönemeyerstiftung in Bochum
Natascha[a]
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