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Thema: Glioblastom - Fragen über Fragen

Glioblastom - Fragen über Fragen
Helga[a]
03.03.2004 19:28:35
Hallo zusammen,

das GBM IV rechts frontolateral meiner Mutter wurde am 17.09.2002 "vollständig" entfernt. Es folgten Strahlentherapie und Chemotherapie mit Temozolomid. Das Rezidiv konnte dieses Jahr am 09.02 nur teilweise entfernt werden, da das Risiko der kompletten linksseitigen Lähmung zu groß war. Temodal ist im Anschluß an die Reha (endet am 19.03) geplant. Derzeit wird versucht ihr linkes Bein zu mobilisieren, damit sie wieder aus dem Rollstuhl kommt, wenn auch nur phasenweise. Meine Mutter ist zu jedem Zeitpunkt klar bei Verstand, d.h. sie weiß alles über ihr GBM und sie hat einen enormen Lebenswillen. Wir besuchen im April einen Homöopathen, um ihre Lebensfreude und -qualität zu unterstützen.

Mein Vater und ich führen jetzt bald ein Gespräch mit dem Sozialdienst der Reha. Habt ihr ein paar Tipps worauf man achten soll und an wen/ welche Behörden man sich noch wenden kann? Internetlinks reichen auch.

Jetzt zu meiner Seele: dieses Auf und Ab der Hoffnungen brauch ich euch nicht zu erzählen. Es hilft nichts, muß es mir eingestehen: ich bin angesichts der Lage, meine Mutter seit zwei Jahren stückchenweise zu verlieren und dabei zuzusehen, bereits in einer (der?) Trauerphase. Gibt es sowas wie einen Trauerspezialisten/ Trauerbegleiter für Angehörige? Eine Adresse, die ihr empfehlen könnt? Wohne in Frankfurt am Main. Bzw. wie werdet ihr mit dem Warum und dem höchstwahrscheinlichen Verlust fertig, sofern sowas möglich ist?

Und eine harte, dennoch wichtige Frage: fallen alle GBM- Patienten im Endstadium plötzlich in Koma?

Ganz liebe Grüsse und meinen Dank für eure Antworten
Helga
Helga[a]
Gabi[a]
03.03.2004 20:29:19
Liebe Helga,

in der Tat stürzen viele Fragen auf einen ein.

Zu Deiner letzten Frage:
nein, ein "Koma" kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Mein Vater ist zu Hause gestorben. In den letzten 14 Tagen seines Lebens war er meist sehr unruhig- irgendwie konnten wir auch als medizinische Laien spüren, wann es zu Ende ging.

Zu Deiner "Vorabtrauer": ich kann Dich sehr gut verstehen und ich glaube, dass es in der Tat jeden Tag ein Stück Abschied nehmen ist.
Mir haben Gespräche mit dem ambulanten und stationären Hospizdienst sehr geholfen, auch oder gerade zur Trauerbegleitung.
Sehr empfehlen kann ich Dir "traudichreisen" - vielleicht für später.

Viel Kraft und Mut
Herzlichst
Gabi
Gabi[a]
Edi[a]
04.03.2004 10:43:02
Liebe Helga, ich weiß, wie es dir geht. Meine Mutter wurde 08/01 operiert, bekam Bestrahlungen und Temodal. Der operierende Arzt sagte mir damals, sie würde immer müder werden, immer mehr schlafen und irgendwann hinüberdämmern. Unser Onkologe drückte das anders aus. Als ich ihm sagte, ich würde meine Mutter nicht ins Pflegeheim geben, meinte er, ich würde noch auf allen Vieren angekrochen kommen und ihn um Hilfe bitten, wenn sie nicht mehr aufstehen, nicht mehr sitzen, nicht mehr allein essen, nicht mehr sehen könnte. Meine Mutter ist jetzt seit 05/03 im Pflegeheim, da es zu Hause auch mit einer Pflegerin nicht mehr durchzuführen war. Ihr Zustand wurde von Monat zu Monat schlechter. Sie ist jetzt seit einem Jahr bettlägerig und hat jetzt den Zustand erreicht, dass sie sich gar nicht mehr bewegt, seit fast drei Wochen nicht mehr ansprechbar ist und nur noch einen halben Liter Flüssigkeit zu sich nimmt (unter großem Bemühen der Pfleger) inkl. Suppe. Ich denke mal, dass man diesen momentanen Zustand als "Wachkoma" bezeichnet. Sie hat zwar zeitweise die Augen gehöffnet, starrt aber nur, ohne etwas zu sehen. Sie reagiert auch nicht mehr auf Anfassen o.ä. Der Arzt wies uns nur daraufhin, dass sich dieser Zustand über Monate hinziehen könnte.
Eine ärztliche Unterstützung brauchte ich Gottseidank noch nicht. Meine Familie hat mich unheimlich aufgefangen und ich habe mich vertrauensvoll an meinen Heilpraktiker gewandt, der mir u.a. Bachblüten verschrieb, die mir wunderbar geholfen haben. Über einen längeren Zeitraum genommen, bewirkten diese Tropfen bei mir, dass ich innerlich sehr viel ruhiger wurde. Er hat mir sogenannte Notfalltropfen gemischt, die ich nach "Extrem-Besuchen" nehme. Versuch es doch einfach mal. Schaden kann es auf keinen Fall.
Ganz starke Nerven und ganz viel Kraft wünsche ich mir. Ich hätte mir vorher gewünscht, dass mich jemand darüber aufklärt, was alles auf mich zukommt. Dann hätte ich es vielleicht auch besser verarbeiten können.
Ganz liebe Grüße
Edi
Edi[a]
Helga[a]
04.03.2004 14:24:06
Lieber Edi,

vielen Dank für deine ehrliche Beschreibung ! Es treibt mir die Farbe aus dem Gesicht. So viel Leid zu ertragen, hat niemand verdient. Ich sehe/ fühle wie qualvoll es jetzt schon ist. Jetzt weiß ich, dass es noch qualvoller werden kann und du es gerade durchlebst... wir denken auch so: wir möchten meine Mutter zuerst zuhause pflegen bis es nicht mehr geht... das Plegeheim als allerletzte Alternative.
Auch möcht ich dir für den Hinweis auf Heilpraktiker danken. Auf die Idee, es in dieser Lage für MICH zu nutzen, bin ich nicht gekommen. Neben Sport und Gesprächen ist es noch ein Weg, um diese Situation irgendwie zu verarbeiten...
Du hast ganz starke Nerven und ganz viel Kraft!
Ganz liebe Grüße
Helga
Helga[a]
Annerose
04.03.2004 16:20:18
Hallo,
mein Sohn 29 Jahre Jan. 2001 Diagnose eines Astrozytom III,
Mai 2001 Seed-Implantation Uni.-Klinik Köln, Bestrahlung in Limburg,
guter Allgemeinzustand bis Jan. 2003 .
Recidiv jetzt Glioblastom mit Einschränkung der Motorik der rechten Körperhälfte,März 2003 Operation in Uni. Mainz der Resttumor wurde mit Chemo( Temozolomid) behandelt, Befundbesserung , der Tumor war im Aug. 2003 im MRT kaum noch zusehen.
Dann Nov. 2003 Verschlechterung des Allgemeinzustandes Gleichgewichtsstörungen, Sehstörungen, Erbrechen.
Weihnachten 2003 wir holen ihn jetzt nach Hause, er lebte bis jetzt allein,
tägliche Krampfanfälle trotz Medikamente, kann nicht mehr alleine Gehen, will nur noch Schlafen, wird blind, kann nicht mehr schlucken, er ist dann am 16.01.2004 ganz friedlich für immer bei uns eingeschlafen.
Eine schwere Zeit ist zu Ende, eine schwere Zeit hat begonnen.
Immer wieder Hoffnung und immer wieder Rückschläge, ein junger lebensfroher sportlicher Mensch wird zu einem Pflegefall und hilfsbedürftig wie ein Säugling.
Ich kann den Schmerz und die Trauer nur etwas vermindern, das mein Sohn, auf Jahre nicht "so" weiterleben wollte, dafür war ihm seine Selbständigkeit zu wichtig. Die schwere Zeit hat mich gelehrt Dinge die " ich nicht ändern kann " als Schicksal auszuhalten, hinzunehmen und zuertragen.
Viele Kraft für alle
Annerose
Annerose
Heidi[a]
04.03.2004 17:39:53
Der Sozialdienst in der Reha wird Euch sicherlich alles Nötige mitteilen. Die sind sehr fit auf ihrem Gebiet.
Was dich selbst betrifft, du kannst einen / deinen Hausarzt nach einem Psychologen fragen. Der hat bestimmt auch Adressen von solchen, die auf unsere Art von Fällen spezialisiert sind. Wahrscheinlich kann auch eine Einrichtung vor Ort Tipps geben. Ich habe auch schon daran gedacht, weigere mich aber im Moment noch soweit bis zu Ende zu denken. Mein Vater lebt sein Okt. 2002 mit der Diagnose GBM.
Heidi[a]
Claudia[a]
06.03.2004 17:27:34
Meine Mutter hatte nach OP 12/2002 noch sieben Monate.
Als ich von der Diagnose erfuhr kochte es in mir tagelang in der Gedärmen. Mit ihren 65 Jahren fand ich das alles noch viel zu früh.
Der Glioblastompatient denke ich wird langsam nicht mehr an dem teilnehmen, was wir als Leben definieren, zumal er anscheinend immer schwächer wird und es scheint ihm recht im Bett zu sein. Liebevolle Zuneigung schenken und eine gute Pflege sichern, ist alles was man tun kann. Das tut einem selber gut vor allem wenn man wieder einen netten Nachmittag, Abend oder Morgen hatte.
Beim Versorgungsamt würde ich einen Schwerbehindertenausweis beantragen, dann kann sie noch etwas raus falls möglich und auf Behindertenparkplätzen ist es einfach bequemer mit dem Rollstuhl.
Aber Druck machen, denn die lassen sich manchmal viel Zeit und die hat man nicht unbedingt- wie im Fall meiner Mutter.
Ich habe meine Mutter letztendlich gerne gehen lassen. Sie ist nicht ins Koma gefallen und nach einem heftigen Krampfanfall eingeschlafen und bald darauf friedlich entschlafen. Nur die hinterlassene Lücke zu füllen war irgendwie nicht einfach, obwohl ich meinen Vater noch im Hause habe.
Schenke deiner Mutter weiterhin nette Stunden und alles wird gut. Hört sich jetzt vielleicht unverständlich an - ist aber so.

Alles Liebe - Viel Kraft.
Claudia[a]
Iris[a]
10.03.2004 21:45:37
Was Annerose schreibt,hat mir sehr gefallen.Meine Tochter wäre Anfang März 38 Jahre alt geworden,vor 4 Monaten ist sie . nach einjährigem Leidensweg friedlich eingeschlafen.Sie hat bis zum Schluss ein selbständiges Leben führen können .Ich nehme es auch als Schicksal an.Ich ertappe mich immer wieder dabei,dass ich im Forum lese und feststelle,dass ich mit meinem Kummer nicht allein bin.Ich glaube,viel viel schlechter ginge es mir,wenn man ihr Leiden unnötig verlängert hätte und ich sie an Schläuchen,Apparaturen und Sonden wüsste,ohne Aussicht,wieder gesund zu werden.Alles guten Wünsche für euch alle.Iris
Iris[a]
Andreas[a]
15.03.2004 00:13:31
Hallo!

Ich habe am letzten Mittwoch meinen Vater verloren. Auch GBM IV, die Diagnose wurde am 9.Februar gestellt.

Sein Leidensweg war ein intensiver, aber sehr kurzer. Operation am 16.02., der Tumor (faustgroß) wurde zur Hälfte entfernt, danach Lähmung rechte Seite und keine Sprache, eine Woche später eine Einblutung, wieder operiert. Keine Verbesserung des Zustandes, nach einer weiteren Woche wurde er wieder auf Intensiv gelegt wegen einer Lungenentzündung, dann noch mal eine Operation wegen zu hohem Hirndruck und dann ein Infarkt am Stammhirn. Die Atemfunktion hat ausgesetzt, was dann zum Tod führte. Die letzten beiden Wochen seines Lebens hat er schlafend verbracht.

Ich denke für ihn war es so das beste und hoffe, daß er seinen Frieden gefunden hat. Auch für uns ist es so "einfacher", wir leiden nur an einer Trauerphase und müssen das ständige auf und ab nicht mitmachen, in den 5 Wochen war es schon hart genung. Ich wünsche dir viel Kraft auf deinem Weg, ich weiß daß Du sehr stark sein musst! Alles gute von meiner Seite!!!

Gruß

Andreas
Andreas[a]
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