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Thema: Glioblastom Grad IV --> Überlebenszeit OHNE OP?

Glioblastom Grad IV --> Überlebenszeit OHNE OP?
Annalena[a]
20.04.2004 21:17:44
Guten Tag!
Eben habe ich die Antworten zu der Frage, wer schon länger als ein Jahr mit dieser Diagnose überlebt hat, gelesen.
Doch all diejenigen, die geantwortet haben, konnten operiert werden.
Nun meine Frage: Wer hat denn schon so lange ohne eine Operation überlebt?
Ein guter Bekannter, der zweimal operiert werden konnte, starb nach 11 Monaten.
Nun wurde bei einer Verwandten auch das Glioblastoma multiforme diagnostiziert. Die Ärzte sagen, es sei schon zu groß zum operieren. Also werden demnächst Bestrahlungen und Chemotherapie stattfinden.
Und die Ärzte machten ihr große Hoffnungen auf einen guten Verlauf.....
Bei wem war dies ähnlich? Welche Erfolge hattet ihr ohne OP??
Vielen Dank im voraus.

MfG
Annalena[a]
Gabi[a]
21.04.2004 10:10:15
Liebe Annalena,

ohne OP - und auch ohne Chemo und Bestrahlung - betrug die Überlebenszeit bei meinem Schwiegervater drei Monate nach Diagnose (GBM).
Das ist wenig, jedoch:
von den drei Monaten hatte er gute zwei Monate, die er unbeschwert für sich und seinen Abschied von uns nutzen konnte. Diese Unbeschwertheit erklären wir uns aus dem Nichtvorhandensein von irgendwelchen Nebenwirkungen der sonst üblichen Therapien, der sehr guten körperlichen und seelischen Verfassung und tatsächlich aus der Möglichkeit, seine Lebenszeit zu geniessen und sich von zu trennen.
Danach habe ich weitere Patienten mit GBM begleiten können, die überwiegend OP, Bestrahlung und Chemo durchgeführt haben. Wenn ich für mich wählen könnte, würde ich den Weg meines Schwiegervaters gehen.
Dazu ist ein sehr guter seelischer Beistand erforderlich, auch zT, um sich gegen das Selbstverständnis mancher Ärzte hinweg zu setzen. Wir hatten allerdings auch sehr gute Hausärzte, die (zumindest im Nachhinein) der Entscheidung meines Schwiegervaters hohen Respekt gezollt haben.

Herzlichst
Gabi
Gabi[a]
PD DR. Mursch
21.04.2004 10:44:44
Auch ich kann als Neurochirurg die Entscheidung gegen eine weitere Therapie durchaus respektieren.
Bedenkenswert sind jedoch mehrere Tatasachen:
1. Viele Patienten haben ohne Operation recht rasch oder sofort schwere Symptome (z. B. Hirndruck), die eine differenzierte Entscheidung garnicht zulassen.
2. Für die genaue Diagnose ist eine operative Gewebeuntersuchung (Histologie) unerlässlich. Wir haben schon Patienten behandelt, die in anderen Klinik als nicht therapierbares Glioblastom bezeichnet wurden und nach Jahren noch leben, weil es nur eine Entzündung war.
3. Sehr wenige Menschen können mit der Perspektive leben, dass es keinerlei Hoffnung auf Überleben mehr gibt. Dies kann manchmal ein Argument für eine Behandlung sein.
4. Prinzipiell ist die Überlebenszeit bei operierten Patienten je nach Ausmass der OP länger.

Gruß

PD Dr. Mursch
Neurochirurgie
Zentralklinik Bad Berka
PD DR. Mursch
Wolfgang[a]
22.04.2004 12:30:08
Hallo Annalena,

als Angehöriger kann ich sagen, dass die Größe eines Tumors keine Argument für eine fehlende Operabilität ist. Die Lage eines Tumors dürfte ein entscheidendes Kriterium sein.

Es gibt viele gute neurochirurgische Abteilungen und Kliniken in Deutschlang. Es sollte eine Zweitmeinung eingeholt werden.

Zudem sind OP, Bestrahlung und Chemo kein Kriterium gegen Lebensqualität.

Meine Frau wurde operiert und bestrahlt. Derzeit macht sie eine Chemo. Ihr geht es - den Umständen entsprechend - gut.

Sie nimmt sehr aktiv am Leben teil und gestaltet es selbst!

Gruß
Wolfgang[a]
Andy[a]
24.04.2004 18:35:35
Mein Vater hatte sich wegen der ungünstigen Lage des Glioblastoms und der damit verbundenen Risiken gegen eine OP entschieden, allerdings gab es unterschiedliche Meinungen der Ärzte. Er hat mit Bestrahlung und Chemo mit Temodal nach Diagnosestellung noch 13 Monate gelebt und ich denke, daß insgesamt 11 Monate für ihn trotz der Nebenwirkungen der Chemo noch lebenswert waren.
Ich denke es war so für ihn die richtige Entscheidung. Allerdings ist es wirklich wichtig bis zum Ende in guter, verständnißvoller, kompetenter und realistischer ärztlicher Betreuung zu sein.
Alles Gute!
Andy
Andy[a]
Conny[a]
25.04.2004 23:01:56
Hallo Annalena,

die Äußerungen von Wolfgang kann ich voll und ganz unterstreichen!
Ich bin selber betroffen und habe mich sehr gründlich mit dem Thema auseinandergesetzt. Auch ich meine, dass für die Fragestellung OP ja oder nein die Lage des Tumors entscheidend ist! Ich kann ebenso bestätigen, dass Bestrahlung und Chemo allein kein entscheidendes Kriterium für Lebensqualität sind. Ich bin bereits 2 X operiert (10/01; 03/03), habe eine kombinierte Strahlen- (30 Behandlungen a 60 GY) und Chemotherapie (mit Temodal) hinter mir und mache immer noch eine Chemotherapie (habe gerade den 9.Zyklus überstanden). Mir ging es während der Bestrahlung relativ gut, ich habe mich in dieser Zeit viel ausgeruht (es wird körperliche Schonung empfohlen!), aber auch Spaziergänge und Unternehmungen mit meiner Familie (ich habe 2 Söhne, jetzt 8 und 6 Jahre alt) gemacht. Für den Haushalt und zur Unterstützung meiner Kinder hatte ich in dieser Zeit eine Familienpflegerin von einer Sozialstation von der Krankenkasse finanziert bekommen. Seit einer Familienkur 08/04 versorge ich aber meine Familie wieder weitgehenst alleine. Mein Mann und meine Eltern/Schwiegereltern unterstützen mich wenn nötig, da ich doch sehr viele Arzttermine habe (Kontrollen, 2X/Woche Misteltherapie, etc.) und mittags im Grunde "Chauffeur" für meine Kinder bin. Ich ziehe mich aber auch während der Chemo nicht zurück und versuche normal am Leben teilzunehmen, gehe in dieser Zeit auch zum Sport und fahre Auto, etc. Wichtig ist meiner Meinung nach auch in so einer schwierigen Situation eine positive Lebenseinstellung und die Unterstützung im familiären Umfeld! Entscheidend dürfte meines Wissens auch der vorherige körperliche Zustand Deines Vaters sein. Ich habe derzeit einen Karnovsky-Index von 100, erhalte aber eine volle EU-Rente.
Sucht Euch einen guten Arzt, der auch den Menschen sieht und zu dem ihr vollstes Vertrauen haben könnt - ich habe zum Glück so einen gefunden, kenne aber auch die andere Seite.
Alles, alles Gute und noch viele schöne gemeinsame Momente für Euch
Conny[a]
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