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Thema: Glioblastom / inoperabel links parietal/temporal

Glioblastom / inoperabel links parietal/temporal
Marti66
12.01.2018 11:37:20
Hallo,

mein Mann ED, 2016 Dezember. Zwei Glioblastome, 1 operiert und einer inoparabel. Seitdem 9 Zyklus Temodal, seit Mai noch Methadon 30 Tropfen täglich. Letztes MRT Ende Dezember 2017, Tumor ist zur Hälfte verkleinert. An der operierten Stelle ist Gewebe, der Arzt sagt, es wäre Tumorwachstum ( nicht viel) und Reste der Bestrahlung. Erstmal ein total erfreuliches Ergebnis...
AAber wir schaffen es nicht mehr das Dexamethason auszuschleichen. Mein Mann baut komplett ab, ihm ist übel, er liegt nur noch, redet fast nix mehr und keine Hungergefühle mehr. Jetzt haben wir es wieder eingeschlichen auf 1 mg. Er ist wieder relativ fit. Man muß Bedenken, dass er seit 2013 wegen Morbus Crohn und einer Lungensarkoidose Kortison durchgehen nimmt. Tja....Übel!!!

Normalerweise müßte sich mein Mann freuen, dass Tumor kleiner wird, aber ich sehe kaum oder keine Freude. Klar, die ganzen Behandlungen geben ihr übriges. Chemo schlaucht und er ist gesundheitlich angeschlagen. Aber, man kann sagen, er ißt, er schläft ( eher tagsüber statt nachts) und ab und an PC, bissel TV, das wars auch schon. Ab und an fährt er mit mir noch einkaufen. Das wars auch schon. Ich denke, vermute, dass ist fast schon normal und bei vielen vielleicht schon gut!

Aber "LEBEN" ist was anderes. Natürlich ist er schlimm krank, ja, das ist klar. Ich merke aber, dass er total antriebslos ist und wenn es nach ihm ginge, dann würde hier nix mehr passieren. Und ich lebe schon auch mein eigenes Leben, aber ER ist noch da, sowie körperlich und geistig. Wobei ich bei geistig schon eher behaupte, das eine oder andere langsames denken und verzögerte Antworten ist schon da aber sonst noch ok. Arbeiten kann er nicht mehr, Auto fahren sollte er nicht, zu gefährlich. Gut, der scheiß Tumor hat ihm sehr viel genommen. Er wird Depressionen haben, er würde mir gegenüber niemals zugeben.
Empfindet ihr als Betroffene noch irgendwie Freude, wenigstens ein bißchen oder kann man das nicht mehr mit Krebs. Ich weiß, ist vllt eine doofe Frage von mir. Ich denke halt ,man sollte das Beste daraus machen. Und ich muss auch schauen, dass mich das alles nicht runterzieht.

Vermutlich werden jetzt einige denken, sei froh, dass er noch da ist oder lass ihn einfach in Ruhe. Klar!!! Aber , wie gesagt, er ist NOCH kein Pflegefall.
LG, Martina
Marti66
Schnupfel
12.01.2018 16:34:35
Liebe Martina,
ganz genau weiß ich nicht, worauf du hinaus willst, vermute aber, dass die Krankheit deines Mannes nicht spurlos an dir vorüber gegangen ist und du, wie viele von uns momentan am einem klitzekleinen Tiefpunkt bist. So in etwa ein verspäteter "November-Blues".....

Ja, "Leben" ist normalerweise etwas anderes, Prioritäten haben sich verschoben und es ist nicht einfach da "Lebensqualität" zu erkennen.....obwohl die auch bei "gesunden" Menschen manchmal ziemliche Zweifel erkennen lassen.

Männer sind von Natur aus so, dass sie eher nicht mit ihren Gefühlen hausieren gehen und wenn sie selber "in Not" sind, reagieren sie noch weniger ähnlich als die Mädchen.......sie werden eher ruhiger, verschlossener und ihre Ängstlichkeit drückt sich vielleicht eher darin aus, dass sie weniger Aktivitäten an den Tag legen weil sie eventuell damit mehr "Schwächen" offenbaren würden als sie der Umgebung zeigen wollen.......

Depressive Verstimmungen oder eben "Zurückziehen" sollte man ihm aber nicht übel nehmen......oder gar seine eigenen Vorstellungen von "Freude haben" auf ihn übertragen.
Wir Angehörige sind auch betroffen aber - ich traue es mir nicht zu - wir können trotzdem nicht die Gefühle der unmittelbar betroffenen Menschen bei dieser Diagnose "fühlen".......ich würde momentan für mich behaupten ( nach dem was ich die letzten 8 Monate gesehen, gehört & erlebt habe als "Zuschauer"), dass ich all das, was mein Mann bisher mitgemacht und wirklich tapfer ertragen hat, auf keinen Fall mitmachen und aushalten würde....aber er tut es!

Wenn du sagst, dass du schon etwas "dein eigenes Leben lebst", versuche dort Kraft zu tanken und du darfst dabei auch Freude und Ablenkung haben......vielleicht kannst du dann etwas abgeben ohne zu erwarten, dass er die gleiche Freude empfindet.......aber wenn er dir das gönnt damit du auch noch Freude hast, wäre es sehr schön.
Schnupfel
KaSy
12.01.2018 22:39:38
Liebe Marti66,
es ist gut, dass Du Dein eigenes Leben nicht vernachlässigt und Dir Deine Freuden gönnst.
Davon kannst Du Deinem Mann vielleicht etwas erzählen, damit er zumindest indirekt am Leben teilnimmt.

Die Freuden, die ein Schwerkranker empfindet, sind mit denen eines gesunden Menschen nur noch bedingt vergleichbar.

Nach meinen Diagnosen und Therapien (die sich auch direkt auf Psyche und Antrieb auswirken können) hatte ich zunächst fast gar keine Freude mehr empfinden können. Irgendwann bemerkte ich erste kleine Freuden, glitzernde Wassertropfen auf Grashalmen, die Farben der Sonnenuntergänge, rote Eibenbeeren, ..., also kleine "Glückspünktchen" und "Glücksmomente".

Diese kannst Du Deinem Mann vielleicht auch erzeugen. Versuche es mit Düften, "Eurer" Musik, Leckereien, kleinen Zettelchen mit netten Worten, Vorlesen, Urlaubsfotos, ..
Probiere es aus und Du wirst merken, wie er reagiert. Aber die Reaktionen werden kleiner sein und dennoch bemerkbar.

Mir hat eine Psychotherapie gut geholfen. Da gibt es auch Möglichkeiten, die Ergotherapeuten im Hausbesuch anbieten. Falls das helfen könnte, wäre der Hausarzt ein Ansprechpartner.

Vergiss auf jeden Fall Dich selbst nicht, in Eurer beider Interesse.
Beste Grüße
KaSy
KaSy
Marti66
14.01.2018 09:09:35
Hallo Schnupfel,

ja, so in etwa ist das alles. Wenn man 1 Jahr dabei ist, weiß man, was los ist und wächst rein. Nur, mein Mann geht besser mit seiner Diagnose um, als ich. Ich habe das Gefühl, irgendwo auf der Strecke zu bleiben. Es macht mich manchmal tief depressiv und ich vermisse es auch mal " FRAU" sein zu können. Meine Freundinnen sagen, ich soll mir einen Seelentankstelle suchen...Mein Mann ist leider emotional wie ein 18 Jähriger Mann. Er kann mir garnix mehr geben außer ein Küßchen oder eine Umarmung...Für manche hier, ist das vielleicht schon viel. Jaaaaa, ich muss mich damit abfinden, denn wenn ich mit ihm rede, hat das sowieso keinen Sinn. Er ist zwar geistig da, aber nicht mehr so, wie früher. Seine Männlichkeit ist nicht mehr vorhanden. Ja ich weiß, dass das vom Tumor und den Behandlungen kommt. Es ist für mich immer schwieriger damit umzugehen. Ich bin ja froh, dass er noch da ist. Das ich mit ihm reden kann, ( aber nicht mehr reden in dem Sinne)!! Aber, ich weiß nicht, wie ich das, falls er Jahre leben sollte, hinbekommen soll. Ich hab das Gefühl zu erfrieren und das kann ich leider nicht mit Einkäufen, Freundinnen oder Sport oder anderem kompensieren. Das kann ich nur mit einem Mensch mit Gefühlen. Einer der mich auffängt, wenn ich unten bin am Boden. ..Ich möchte aber nicht mit meinem Mann quasi untergehen, sondern Leben. Seine Familie ist seit Krankheit weg, einer rief mal an nach 1 Jahr und fragte. Mich fragte er garnicht erst, wie es mir geht. Mein Mann ist quasi allein wenn ich nicht mehr da wäre. Aber ich glaube, dass er sehr gut klarkommt damit. Ich war 1 Woche in Urlaub und er war alleine.

Ich vermutete, er war irgendwie froh, mal alleine zu sein. Denn, er rief mich nicht einmal an. Sondern reagierte nur auf Whatsapp von mir. Soweit so gut. Das alles ist kaum zu ertragen, über einen langen Zeitraum. Es kommt tatsächlich drauf an, wie gesund der Betroffene noch ist und was er noch machen will oder kann. Mein Mann könnte, aber er will nicht.
Trennen will ich mich nicht derzeit, aber ich sehe kaum eine andere Möglichkeit, wenn ich das hier nicht hin bekomme. Ich meine, ertragen...
Bitte keine Kommentare a la, das must du aber oder das müssen wir hier alle, damit kann ich nix anfangen. Bitte nur konstruktive Kritik.!! Ich Danke euch fürs Mitlesen:-))
Marti66
Schnupfel
14.01.2018 21:28:03
Liebe Martina,

Genau weiß ich nicht, wo dein Problem ist......
Du beschreibst ja sehr gut, WAS genau du dir für dein Leben vorstellst.
Du weißt (?), dass dein Mann mit seiner Diagnose relativ gut zurecht kommt.

Warum willst du dich nicht trennen?
Das ist aus meiner Sicht eigentlich die entscheidende Frage!
Bleibst du bei ihm um nicht als "die böse Frau" da zu stehen in den Augen anderer? Oder weil doch mehr zu einer Ehe gehört als Sexualität?
Da solltest du ehrlich dir selbst gegenüber sein. Und daran denken, dass nur DU DEIN Leben leben kannst und nicht andere Leute.

Mitleid scheint auch dein Mann nicht zu wollen.....ihm jetzt aber zu unterstellen, dass er mehr könnte wenn er nur wollte - ich weiß nicht ob das wirklich zutrifft......?
So ein Glioblastom hat ja leider die "Eigenschaft", dem Menschen zwar seine Intelligenz zu lassen, ihm aber die 'Persönlichkeit' zu nehmen und auch die kognitiven Fähigkeiten.....

Vielleicht ist das nur die Alibi-Entschuldigung für dich weil du eventuell Angst vor der eigenen Courage hast?

Versuche doch mit ihm über deine Probleme zu sprechen und eine Lösung zu finden - möglichst ohne Schuldzuweisung!
Und wenn du nicht mehr so leben kannst, solltest du gehen.....

Ich weiß nicht ob das dann alle deine Probleme lösen würde.....denn Prinzen gibt es nicht so oft und eventuell denkst du im Nachgang, dass deine Freundinnen dich ganz gut beraten hatten für so einen "Kumpel mit Bettbenutzung".......Vielleicht bleibst du aber auch alleine weil deine Träume nicht unbedingt eintreffen......nur eine Entscheidung ist immer besser als wenn man sich hin- & hergerissen fühlt....das macht mehr kaputt in dir als andersrum.....
Und ganz wichtig finde ich, dass du wirklich ganz ehrlich zu dir selber bist, dann kannst du mit jeder Entscheidung leben - du musst es nur tun!
Schnupfel
Babsi
15.01.2018 11:34:58
Hallo Martina,

ich kann Dich verstehen, weil es mir ähnlich wie Dir geht. Irgendwie ist momentan ein Stillstand im Leben. Bei meinem Mann wurde in 8/2016 ein Glioblastom diagnostiziert und sofort operiert. Die Ärzte gaben uns immer das Gefühl, das nun alles gut werden könnte. Ich hatte den Eindruck, dass bei meinem Mann diese positive Mitteilung nie angekommen ist. Er lag auch nur noch desinteressiert am Sofa herum. Nichts und niemand konnte diese Schutzschicht? um ihn herum durchbrechen. Ich habe mich auch immer gefragt, warum er so teilnahmelos an allem geworden ist. Ich wollte auch noch so vieles unternehmen im Rahmen dessen was möglich gewesen wäre.
Manchmal war ich nahe dran, einfach auf und davon zu laufen......
Seit 07/2017 (nach einem epileptischen Anfall) ist meinMann ein Pflegefall. Die rechte Seite ist gelähmt und ohne Rollstuhl/Pflegebett geht gar nichts. Auch jetzt sind dieÄrzte immer noch besserer Meinung über seinen Zustand als er/oder ich. Er "traut" sich nichts mehr zu, auch nicht mit Hilfe von Krankengymnastik. Ich versuche, zu akzeptieren, dass der Tumor eben mehr beeinträchtigt, als Aussenstehende beurteilen können (Ich möchte hier keinen Arzt zunahe treten!!!!).
Deine Ursprungsfrage war, ob andere Betroffene noch Freude empfinden. Ich wollte dir mit meiner Erfahrung mitteilen, dass es mehr Fälle, wie den Deinen gibt, wo Betroffene gesünder sein sollten, als sie eigentlich sind.

Was Du aus deiner Situation machst, musst du alleine wissen. Das hat Schnupfel ja sehr treffend beschrieben.
Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Kraft für das was vor dir liegt!
Babsi
Marti66
17.01.2018 11:23:15
Hallo KaSy,


Danke für deine aufmunterungsvollen Worte, du hast mich verstanden:-))
Marti66
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