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Thema: Glioblastom: Parallelwelten für Produkt- und Pharmawerbung

Glioblastom: Parallelwelten für Produkt- und Pharmawerbung
Leander
07.12.2021 08:58:08
In diesem Artikel wird eine "Parallelwelt" für Produktwerbung erklärt, die Glioblastompatienten als Zielgruppe hat.

Für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Medizinprodukte ist in Deutschland aufgrund des Heilmittelwerbegesetzes Werbung direkt beim Patienten verboten.

Am Beispiel von Tumortherapiefeldern (TTF, TTFields) werden diverse Praktiken aufgezeigt [z.B. platzierte Artikel (Fokus et al.); Infomaterialien; Websites und Initiativen XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung] Werbung so einzusetzen, dass keiner Medizintechnik & Co. dahinter vermutet...
Leander
Leander
07.12.2021 10:06:29
Interessanter Beitrag aus den Tiefen des Netzes:

Vorsicht vor Parallelwelten zum Zweck der einseitigen Darstellung von Therapiemethoden

06.12.2021

Der Hirntumorpatient als Zielgruppe von Marketingstrategien am Beispiel der Werbung für die Behandlung mit Tumortherapiefeldern


Mein Partner ist jedes Mal genervt, wenn er sich im Warteraum der Radiologie, während ich in der Röhre liege, die Geschichten anderer Patienten über die Tumortherapiefelder anhören muss. Der Facharzt in der einen Klinik lehne den Einsatz ab und der Facharzt in der anderen Klinik empfehle die elektrischen Wechselfelder. Wie soll der Patient damit umgehen und wo bekommt er sachliche Informationen?

Wenn ein Betroffener die Diagnose Glioblastom erhält, ist er ohnehin verunsichert. Und wenn der Arzt sagt, es bestehe wenig Hoffnung auf Heilung, dann greift man gern nach einem Strohhalm, der einem hingeworfen wird. Doch in dieser Situation benötigt der Patient neutrale Informationen – und keine Werbung.

Orientierungsmöglichkeiten und objektive Informationen stellen gemeinnützige, wissenschaftlich arbeitende Organisationen zur Verfügung, dazu gehören z.B. die Dt. Krebsgesellschaft, der Krebs-Informationsdienst und die Dt. Hirntumorhilfe. Deren Informationen werden über verschiedene Kanäle veröffentlicht, z.B. über Internetseiten, Printprodukte, Patientenveranstaltungen und Social-Media-Plattformen.

Die gleichen Kanäle nutzen natürlich auch Pharma- und Medizintechnikhersteller, sobald sie ein neues Produkt verkaufen oder dessen Absatz ankurbeln möchten. Patienten sollten wissen, dass es sich hierbei um „eingefärbte“ Informationen handelt. Das heißt, der Verkäufer des Arzneimittels oder der medizinischen Anwendung weist ausschließlich auf sein Produkt hin und stellt es möglichst positiv dar – was logisch und legitim erscheint, denn Werbung gehört zu unserem Alltag und kein Handelsvertreter wird die negativen Eigenschaften seines Produktes in den Vordergrund stellen.

Und schon befinden wir uns mitten in einer Parallelwelt, in der zusätzlich zu vielen unabhängigen Angeboten neue Strukturen von der Industrie aufgebaut werden, über die ein bestimmtes Produkt beworben wird – aus rein kommerziellen Gründen. Und so funktioniert es:

Grundsätzlich gilt in Deutschland für die Hersteller und Anbieter von Arzneimitteln bzw. Medizinprodukten sowie für Krankenhäuser und Apotheken das Heilmittelwerbegesetz [32]. Die Werbeverbote des Heilmittelwerbegesetzes sollen verhindern, dass kranke Menschen durch eine unangemessene Werbung zu Fehlentscheidungen beim Arzneimittel- und Medizintechnikgebrauch verleitet werden. Für verschreibungspflichtige Arzneimittel und entsprechende Anwendungen ist Werbung deshalb außerhalb von Fachkreisen untersagt.

Der Betroffene ist aber eine wertvolle Größe in der Kommunikationsstrategie des Pharmamarketings, da Patienten und Patientengruppen bei Ärzten neueste Medikamente oder Verfahren einfordern. Sie haben ein für Pharmakonzerne unschätzbares Kapital, denn sie sind glaubwürdiger als die Industrie und verbreiten Therapieempfehlungen.

Um das Werbeverbot für Laienwerbung, d.h. die Beeinflussung von Patienten, aufzuweichen oder zu umgehen, engagieren Hersteller findige Agenturen. Deren Aufgabe besteht auch darin, Laienwerbung zu verschleiern. Über verschiedenste Kommunikationswege platzieren sie gezielt positive Berichte und Botschaften [1, 2, 3, 4].

Außerdem werden Informationsmaterialien erstellt, die z.B. in Form einer Patientenbroschüre [5] oder eines Aufklärungsvideos [6, 7] getarnt sein können. Das spezielle Medikament oder Medizinprodukt wird darin positiv oder überhaupt erwähnt. So könnte der Anschein erweckt werden, dass die Behandlung ohne jeden Zweifel zum Standard gehört, obwohl sie bestenfalls als eine weitere Behandlungsoption gewertet werden kann.

Neben der Vielzahl schon existierender Websiten entstehen extra Internetportale [8], um ganz nebenbei über das neue Produkt zu informieren. Dass diese Internetseiten aktiv über Dr. Google beworben werden und an erster Stelle bei der Suche nach dem Stichwort „Glioblastom“ erscheinen, ist nicht verwunderlich. Auffällig ist jedoch, dass deren allgemeine Informationen für Betroffene [5, 8] nicht auf die zahlreichen bereits existierenden, bewährten Hilfsangebote [9, 10, 11, 12, 13] für Hirntumorpatienten verweisen. Stattdessen werden unter der Rubrik „wichtige bzw. hilfreiche Adressen“ Anlaufstellen genannt, die mit der Diagnose Glioblastom gar nichts zu tun haben.

Es geht sogar so weit, dass Initiativen wie XXXXXXXXXXX (gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung) [14,15] und Kampagnen [16] unterstützt, organisiert oder gesponsert werden, um indirekt auf das Produkt aufmerksam machen zu können oder Patienten für klinische Untersuchungen zu rekrutieren.

Dazu bedient man sich des „Awareness Marketings“ (deutsch: Bewusstsein schaffende Vermarktung). Hier geht es nicht darum, Produkte direkt zu bewerben, sondern erst einmal Aufmerksamkeit für ein Thema zu schaffen. Es gibt zwei Formen, die besonders beliebt sind: einerseits das „Brand Marketing“ (deutsch: Vermarktung der Marke), um die Bekanntheit und das Ansehen der eigenen Initiative oder Marke zu steigern [14, 15, 16], damit diese später auf die ausgewählte Behandlung oder das spezielle Produkt hinweisen kann – und andererseits das „Diseases Awareness Marketing“ (deutsch: Vermarktung über die Sensibilisierung für eine Erkrankung): Für weniger bekannte Krankheiten wie Hirntumoren, die tabuisiert werden, ist es wichtig, zunächst ein allgemeines Bewusstsein zu schaffen. Solche Kampagnen können sowohl Ärzte als auch Betroffene ansprechen, mit dem Ziel, die Krankheit aktiv zu thematisieren und darüber zu informieren. Es wird soziales Engagement suggeriert und soll den Anschein einer Wohltätigkeitsinitiative oder eines gemeinnützigen Projektes [14, 15, 16] erwecken, die gefördert werden.

Agenturen organisieren unter dem Deckmantel dieser wohltätigen Initiativen Informations- und Online-Veranstaltungen [17, 18, 19] mit ausgewählten Referenten, die wiederum früher oder später das Produkt indirekt bewerben und für ihre „Dienste“ ganz legal Honorare erhalten könnten.

Patienten-Support-Programme, Mentorenprogramme [20], User-Exchange-Facebook-Gruppen [21] und sogenannte Nutzeraustauschtreffen im Rahmen der Anwendung des speziellen Medizinproduktes werden ins Leben gerufen und bieten ebenfalls die Möglichkeit, positive Informationen berechnend zu verbreiten.

Pharma- und Medizinprodukthersteller sind profitorientiert und bemüht, ihre Waren zu verkaufen. Sie versuchen dabei, Akteure im Gesundheitswesen für sich und ihr Produkt einzunehmen – zunehmend auch Patienten sowie Patientengruppen. Sie begründen ihr Engagement für die Patientenbelange gern mit dem uneigennützigen Wunsch, die Betroffenen aufzuklären und gemeinsam mit ihnen die Patientenversorgung zu verbessern. Das klingt unverdächtig, denn bessere Information muss doch in jedermanns Interesse liegen. Unter diesem Vorwand werden die Leiter der regionalen Patientengruppen kontaktiert. Typische Schreiben für den Erstkontakt haben folgenden Inhalt:

„...Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte mich kurz vorstellen. Ich bin bei der Firma XYZ für die Zusammenarbeit mit Patienten und Patientengruppen zuständig. Als Unternehmen arbeiten wir daran, unsere Therapie, unseren Service und unsere Informationsmaterialien an den Bedürfnissen der Patienten und ihrer Angehörigen auszurichten. Dazu ist für uns entscheidend, überhaupt erst einmal zu wissen, was für Patienten mit einem Hirntumor und ihren Angehörigen im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung und ihrer Therapie wichtig ist und was wir tun können, um die Lebensqualität der Menschen mit Hirntumor während der Therapie zu verbessern. Ich bin in Kontakt mit Patienten, die unsere Behandlung anwenden, aber ich möchte auch gerne die bestehenden Hirntumorselbsthilfegruppen kennenlernen und würde mich freuen, wenn wir in Kontakt kommen würden. Vielleicht sind in Ihrer Selbsthilfegruppe auch Patienten mit Glioblastom. Für diese Betroffenen und ihre Angehörigen gibt es einen neuen Ratgeber, der von zahlreichen Medizinern und noch dazu unabhängig erstellt wurde. Wenn dieser Ratgeber für Sie und die Mitglieder Ihrer Selbsthilfegruppe von Interesse ist, sende ich Ihnen gerne einige Exemplare zu. Lassen Sie mich bitte wissen, wohin wir die Broschüren schicken sollen. Zusätzlich können Sie die Broschüre [5] auch unter XYZ herunterladen … „

Bei dem lokalen Treffen für Hirntumorpatienten wird das neue Produkt prompt vorgestellt, oder es werden Vorträge von Ärzten vermittelt. Meist stehen die Referenten hundertprozentig hinter dem neuen Produkt der Firma XYZ. Möglicherweise sind es genau die Vortragenden, die bereits in enger Kooperation mit der Herstellerfirma stehen. Ob sie „Unkosten für Patientenberatung“ oder „Anwendungsbeobachtung" beim Hersteller abrechnen, ist dabei nebensächlich. Aber können solche Mediziner noch glaubwürdig sein?

Die Strategie ist nicht neu. Die Pharmaindustrie plant die Unterwanderung der Patientengruppen schon längst generalstabsmäßig, wie der Chef der „Association of the British Pharmaceutical Industry“ ausplauderte. Das Branchenblatt „Pharmaceutical Marketing“ machte entsprechende strategische Pläne öffentlich. Der „Schlachtplan“ des britischen Pharmaverbands sieht demnach vor, „Patienten als Fußtruppen, wohlgesonnene Öffentlichkeit und Mitarbeiter des Gesundheitssystems“ einzusetzen, um die Ziele der Pharmaunternehmen zu verwirklichen.

Lange Zeit hatten sich Konzerne nur auf Ärzte konzentriert, um ihren Umsatz zu steigern. Die neue Strategie, die auf Patienten als Zielgruppe ausgerichtet ist, verspricht jedoch bei vergleichsweise geringen Investitionen üppige Extragewinne, denn ein informierter Patient „nimmt auch Einfluss auf die Therapie“, so die Beratungsfirma A.T. Kearney. Agenturen helfen der Branche, das Marketing über Patientengruppen zu perfektionieren. Werbespezialist Dirk Krischenowski spricht von „Guerilla-Marketing“. Dieses sei so ausgerichtet, „dass es, selbst wenn es sich am Rande der Legalität oder der guten Sitten bewegt, kaum nachhaltigen Schaden für das Unternehmen anrichtet, wenn es auffliegt“. Ein beliebtes Marketingtool sei beispielsweise, als angeblich Betroffener in Internet-Patientenforen oder Facebook-Gruppen mitzumischen. Auch diesen Auftrag übernehmen Agenturen bereitwillig. Ein fingiertes Beispiel, wie man sich die Anonymität im Internet zunutze machen kann, liefert Herr Krischenowski gleich mit: „Hallo Leute, habe gerade gelesen, dass Firma XYZ eine neue, erfolgversprechende Behandlung entwickelt hat ...“ Bei so viel Finesse ist es für Hirntumorpatienten schwer, sich gegen Vereinnahmung zu schützen. Es wird auch nicht einfacher, denn die Industrie wird nicht müde und beschäftigt hoch bezahlte Marketingprofis. Der Branche sind Patientengruppen mittlerweile so wichtig, dass sie selbst welche gründet oder über Agenturen gründen lässt [22, 23] und sogar Ärzte dafür instrumentalisiert, wenn es in bestimmten Regionen z.B. für das Krankheitsbild Hirntumor bzw. Glioblastom keine gibt.

Um zusätzlich Patienten zu erreichen, wird als neueste Masche der Industrie „Influencer-Marketing“ betrieben – und dies als nur eine von vielen Maßnahmen der Absatzförderung. Es ist die Vorstellung oder Anpreisung eines Produkts durch medial einflussreiche Personen (z.B. Youtube- und Instagram-Bekanntheiten [24] oder Gesundheitsexperten [7]).

Die Firma kann so auf den wichtigsten digitalen Verbreitungskanälen direkt oder indirekt für ihr Produkt werben. Dazu zählen Foren und Social-Media-Plattformen wie YouTube, Instagram oder Twitter. Durch persönliche Erfahrungsberichte [25, 26, 27, 28], sogenannte Testimonials, können meist positive Eigenschaften und Wirkungen des Medizinproduktes kommuniziert werden. Ob die Betroffenen wissen, wofür sie ihren Kopf hinhalten? Ich glaube nicht.

Sobald eine (Online-)Patientenveranstaltung von der Initiative XXXXXXXXXXX (gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung) [16] oder XXXXXXXXXXX (gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung) [14], eine online- oder Präsenzpatientenveranstaltung oder das Patienten-Informationsmaterial [5] von der Industrie gesponsert sind, sollten Hirntumorpatienten und ihre Angehörigen hellhörig werden und den Inhalt unbedingt hinterfragen.

Und wenn eine Hirntumor-Selbsthilfegruppe Informationsmaterial der Industrie [30] verteilt oder auf ihrer Homepage das Produkt der Firma XYZ vorstellt [29] und extra noch zum Hersteller verlinkt, sollte man die Verantwortlichen fragen, mit welcher Intension sie an den Start gehen und ob sie dafür königlich belohnt werden.

Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt sie tatsächlich, die parallelen Welten, um Patienten zu beeinflussen und den Absatz zu fördern. Und wenn ein Mitarbeiter der Herstellerfirma XYZ behauptet: „Wir lassen Sie als Patienten nicht im Regen stehen“, ist besondere Vorsicht geboten.

Maßgebend für Patienten sind deshalb pharmaunabhängige Informationen, da die Grenze zwischen sachlicher Information und Werbung fließend ist. Medizinischen Laien fehlt häufig das Wissen, Informationen in ihrem Zusammenhang zu sehen und richtig einzuordnen. Zudem orientieren sich die Aufklärungskampagnen der Industrie und deren Agenturen weniger am Bedarf von Hirntumorpatienten, sondern primär am wirtschaftlichen Interesse der Unternehmen. Sachliche Informationen und Materialien erhalten Patienten und Interessierte jederzeit bei den bereits oben erwähnten unabhängigen Organisationen wie der Dt. Krebsgesellschaft, dem Krebs-Informationsdienst und der Dt. Hirntumorhilfe.


Quellenverzeichnis:

1. OstseeZeitung, 16.11.2021; Glioblastom-Patient aus MV: „Die Ärzte gaben mir neun Monate, das war 2013“ https://www.ostsee-zeitung.de/Nachrichten/MV-aktuell/Hirntumor-Patient-aus-MV-Die-Aerzte-gaben-mir-neun-Monate-das-war-2013
2. Focus, 25.07.2020; Wieder ein Stück Leben mehr https://www.focus.de/gesundheit/wieder-ein-stueck-leben-mehr-wieder-ein-stueck-leben-mehr_id_12242456.html
3. Focus, 17.02.2018; Patient gibt nicht auf: „Ich will meine Chance auf ein längeres Leben unbedingt“ https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/krebs/therapie/mit-strom-gegen-den-hirntumor-patientenschicksal-ich-will-diese-chance-auf-ein-laengeres-leben-unbedingt_id_8459784.html
4. Focus, 27.09.2017; Sein Arzt kann ihm nicht helfen, dann stößt Christian selbst auf eine Methode gegen seinen Krebs https://www.focus.de/gesundheit/experten/optune-therapie-hirntumor-patient-setzt-auf-wenig-bekannte-therapie_id_7644510.html
5. https://www.glioblastom.de/wp-content/uploads/2019/07/Glioblastombrosch%C3%BCre.pdf
6. https://www.youtube.com/watch?v=TqxKwrmMTCA
7. https://www.glioblastom.de/2021/11/26/video-dr-wimmer-glioblastom
8. https://www.glioblastom.de
9. https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/hirntumoren.php
10. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
11. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
12.XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
13. https://www.hirntumorhilfe.de/projekte/informationsdienst
14. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
15. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
16. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
17. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
18. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
19. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
20. https://www.optune.de/mentorenprogramm/
21. https://www.facebook.com/groups/ttfields/
22. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
23. XXXXXXXXXXX [gelöscht aufgrund anwaltlicher Aufforderung]
24. Influencerin Martina Hagspiel von „Kurvenkratzer“:
https://www.influcancer.com/magazin/gemeinsam-gegen-glioblastom-mit-information-und-vernetzung-zu-mehr-verstaendnis/
25. Alexander https://www.youtube.com/watch?v=S92D5LV1Stc (03.03.2021)
26. Simone https://www.youtube.com/watch?v=j0_FeAxsvHs (27.02.2020)
27. Hauke https://youtu.be/ozru4Hcl0hI (03.12.2019)
28. Sophie https://www.youtube.com/watch?v=Z39RTOIpkkg
29. https://www.gespraechskreis-hirntumor.de/behandlungsmoeglichkeiten/alternative-behandlungsmethoden
30. https://www.facebook.com/Hirntumor.Mittelhessen/photos/pb.2297452817239198.-2207520000../3066306500353822/?type=3&theater
31. https://www.med.uni-wuerzburg.de/fileadmin/EXT00292/user_upload/x_DOWNLOADS/Supportive_Angebote/SHG_Hirntumorpatienten.pdf
32. https://www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg/BJNR006049965.html
Leander
kassandra
16.12.2021 15:13:59
Ein ähnlicher Artikel aus 2008. Scheint sich nicht viel geändert zu haben.
LG


Quelle: https://www.rbb-online.de/kontraste/ueber_den_tag_hinaus/gesundheit/die_tricks_der_pharmaindustrie.html

Die Tricks der Pharmaindustrie

Do 08.05.2008

Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel direkt beim Patienten ist in Deutschland verboten. Trotzdem finden Pharmafirmen offenbar Mittel und Wege, das Gesetz zu umgehen. Immer wieder gelingt es den Firmen, ihre Medikamenten-Werbung in Publikumszeitschriften zu lancieren – als Artikel getarnt. Caroline Walter und Alexander Kobylinski decken auf, wie das Geschäft mit der verbotenen Pharmawerbung funktioniert.

In unserem ersten Bericht müssen wir leider mal unserem eigenen Berufsstand ans Leder gehen: Journalisten sind bekanntlich der Wahrheit verpflichtet, ausgewogen und objektiv soll die Berichterstattung sein. Dazu gehört auch eine eindeutige Trennung zwischen redaktionellem Text und Werbung. Doch das wird offenbar gerade bei Gesundheitsthemen nicht immer ernst genommen. Kontraste hat aufgedeckt, wie Pharmafirmen systematisch verbotene Medikamenten-Werbung in die Medien lancieren. Dafür haben unsere Autoren monatelang unter schwierigsten Bedingungen recherchiert.

Marion Simon – ihre größte Angst ist: Sie wacht morgens auf und kann nicht mehr laufen. Sie hat Multiple Sklerose, eine unheilbare Krankheit. Bei Marion Simon kommt sie in Schüben, dann versagen ihr die Beine, die Hände zittern. Aber die Nebenwirkungen machen ihr schwer zu schaffen. Marion Simon sucht nach Rat und Informationen über die Krankheit, im Internet, bestellt Broschüren und sammelt Zeitungsartikel.

Marion Simon: „Überall da, wo etwas über die Multiple Sklerose geschrieben wird, auch wenn es nur so ein Funken ist, den sauge ich jetzt auf, um jetzt zu wissen, das habe ich jetzt, damit kann ich etwas anfangen, damit kann man mir helfen oder auch nicht. Und bin definitiv auch darauf angewiesen weil: ich kriege sonst nirgendwo Informationen. Ich muss danach selber suchen.“

Artikel aus den Medien, die bei schwer kranken Menschen Hoffnung wecken. Was Marion Simon nicht ahnt: Pharmafirmen versuchen, die Informationen, die sie sucht, zu steuern.

Viele Patienten stoßen auf Informationen vor allem in den Gesundheitsseiten großer Zeitschriften. Dort gibt es auch Berichte über Multiple Sklerose. Auffällig ist, dass Patienten vor allem auf eine Broschüre aufmerksam gemacht werden – ein Ratgeber soll es sein, zu bestellen beim MS-Service-Center. Mit der Post kommt dann ein Anschreiben, das die Interessierten zu einer Internetseite lotst. Auf der stehen Veranstaltungstermine für Betroffene – hier ein Patiententag zur Multiplen Sklerose.

Was steckt hinter diesem Informationsangebot? Wir gehen zu dieser Veranstaltung in Bielefeld, einem sogenannten Patiententag. Eingeladen hat eine Klinik in ihre Räume. Über hundert Betroffene sind in das Krankenhaus gekommen.

Doch gleich am Eingang treffen wir auf den Stand einer Pharmafirma, die Multiple-Sklerose-Medikamente herstellt. Haufenweise wird Werbematerial an die Patienten ausgegeben. Darin lesen wir vor allem über ein Medikament namens Tysabri.

Passen dazu: der Vortrag eines Oberarztes der Klinik über dieses Medikament. Darin lobt er dessen Vorzüge. Eine Studie habe ein dramatisch gutes Ergebnis gezeigt, und Tysabri habe eine gute Verträglichkeit.

Eine gravierende Nebenwirkung erwähnt der Oberarzt im Vortrag nicht – es können durch das Medikament schwere Leberschäden auftreten. Deshalb gibt es sogar eine Warnung der europäischen Zulassungsbehörde zu Tysabri.

Als nächstes tritt ein Patient auf, der Multiple Sklerose hat und Tysabri nimmt. Sein Text wirkt wie einstudiert:

Patient: „Ich bin absolut dankbar, dass es dieses Medikament gibt und falls jemand unter Ihnen dieses Medikament bekommen soll, kann ich wirklich nur sagen, dass dieses Medikament absolut hilfreich ist und eine absolut gute Basis schafft.“

Ist er von der Pharmafirma engagiert? In der Pause erzählt er uns, dass er im Mai in derselben Rolle wieder bei so einer Veranstaltung auftritt. Und er gibt zu, dass er Geld dafür bekommt.

Wir zeigen dem renommierten Pharmakologen, Professor Bernd Mühlbauer, die Bilder von der Veranstaltung.

Prof. Dr. Bernd Mühlbauer, Institut für Pharmakologie, Bremen
„Ich halte eine solche Veranstaltung für absolut unverantwortlich. Der Patient erwartet eine neutrale Informationsveranstaltung und was er geboten bekommt ist, wie wir gesehen haben, eine Werbeveranstaltung. In Deutschland gibt es ein Heilmittelwerbegesetz und in diesem Heilmittelwerbegesetz ist ganz klar festgelegt, dass eine Werbung, eine direkte Werbung von pharmazeutischen Firmen für ihre Produkte am Patienten, absolut verboten sind.“

Das Verbot gilt für verschreibungspflichtige Medikamente. Es soll Patienten vor Manipulation durch Pharmafirmen schützen.

Doch das Verbot wird offenbar von Pharmafirmen mit Tricks umgangen. Weil sie nicht direkt beim Patienten werben dürfen, versuchen sie es indirekt über große Zeitschriften. Denn die Gesundheits- und Medizinseiten dieser Zeitschriften werden von Millionen gelesen.

Wir wollen es genau wissen. Wir durchforsten monatelang solche Massenblätter nach versteckter Pharmawerbung, nach verdächtiger Nennung von konkreten Medikamenten.

Auffällige Beispiele: Auf dieser Seite ist ein Bericht über Wege zum Rauchstopp. Nur ein Medikament wird mit Namen genannt und als neues Wundermittel gegen die Abhängigkeit gepriesen. Dabei ist es wegen aufgetretener Selbstmordfälle umstritten.

In einer anderen Zeitschrift, ein großer Artikel zum Thema „Besser leben mit Diabetes“. Dabei wird ein neues Medikament besonders positiv – mit Namen und sogar mit Foto hervorgehoben.

In der „Bunten“ finden wir einen großen Medizinartikel über eine neue Pille zum Abnehmen. Eine Professorin lobt auffällig: „Mit dem neuen Mittel ließen sich also tausende von Leben retten.“

Und der Name des verschreibungspflichtigen Medikaments wird genannt. Auch dieses Medikament ist umstritten. Es gibt Warnungen, weil gehäuft Depressionen aufgetreten sind.

Prof. Dr. Bernd Mühlbauer, Institut für Pharmakologie, Bremen
„Solche Artikel sind schon fast als Täuschung des Lesers, des Patienten zu bezeichnen. Der Patient, der Leser, erwartet einen sorgfältig recherchierten Artikel eines Fachjournalisten. Das heißt, es strahlt eine Neutralität aus, die überhaupt nicht gegeben ist. Teilweise werden Nebenwirkungen nicht erwähnt, teilweise wird die erwartete Hauptwirkung, die nützliche Wirkung völlig übertrieben, so dass letztendlich das Produkt, über das gesprochen wird, in einem viel zu günstigen Licht da steht. Und das ist völlig inakzeptabel.“

Doch wie kommt diese verbotene Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente eigentlich in viele Zeitschriften? Unser Verdacht: Dahinter steckt ein ausgeklügeltes System.

Wir hören uns in der Branche um und erfahren, Pharmafirmen nutzen Agenturen, die sich um diese „ganz spezielle Werbung“ kümmern.

Um herauszufinden, wie dieses Geschäft funktioniert, gründen wir zum Schein eine eigene Pharmafirma: Connex Pharmaceuticals. Und wir erfinden ein neues Medikament gegen Alzheimer. Der Name: Cerebon.

Unser Phantasieprodukt ist natürlich besser als alles andere auf dem Markt. Wir wollen herausfinden, wie man es in den Markt drücken kann.

Dafür suchen wir passende Agenturen. Sie sollen unser verschreibungspflichtiges Medikament direkt an den Patienten bringen. Sie sollen also das tun, was uns als Pharmafirma verboten ist.

Unser erster Versuch: Als Mitarbeiter unserer Pharmafirma gehen wir mit unserem erfundenen Medikament Cerebon zu einer Agentur.

Der Chef der Agentur präsentiert uns bereitwillig Beispiele dafür, wie erfolgreich er für Pharmafirmen schon Artikel in Zeitschriften gepusht hat. Auch bei unserem verschreibungspflichtigen Alzheimer-Medikament Cerebon sieht er keine Probleme. Da gäbe es viele Möglichkeiten.

Agentur-Chef
„Ich kann Ihnen eine wunderbare gekaufte PR-Kampagne liefern. Das heißt, man kauft sich in diverse Blätter ein. Ist natürlich ein ganz, ganz sensibles Thema … Das läuft dann nur über die Chefredakteure und Ähnliches, die man kennt. Und die veröffentlichen dann einen ganzseitigen Artikel zum Thema mit Produktnennung. Dann würde da wirklich drauf stehen: „Sensation aus den USA, neues Heilmittel bei Alzheimer“. Das heißt, die Redaktionen werden von uns gebrieft, die so was machen. Wir bekommen den Artikel vorher zu sehen, sie auch, und dann geben wir den frei und dann wird der gemacht.“

So 200 verschiedene Zeitschriften wären für die Kampagne interessant. Wir fragen:

KONTRASTE

„Kann man sich darauf verlassen, dass Sie Artikel in die Zeitschriften rein bekommen?“

Agentur-Chef
„Gehen Sie von mindestens 40 Artikeln aus, das erreiche ich im Schnitt.
Je mehr Geld sie haben, desto größer ist das Medienfeuerwerk, das man entfachen kann. Und das ist in dem Bereich eine ganze Menge, wenn man davon ausgeht, dass man eigentlich nicht werben darf.“

Dann erzählt er uns von seiner Spezialität. Er platziert für Pharmafirmen Telefonaktionen in den Blättern. Ein Arzt werde von der Agentur engagiert, der dann anrufende Leser berät und das Medikament nennt.

Agentur-Chef
„Der Mehrwert der ganzen Geschichte, ist jetzt nicht nur die Beratung, sondern es ist mit der Redaktion vereinbart, dass bei jeder Telefonaktion ein so genannter nachbericht erstellt wird. Wir schreiben die Nachberichte.“

Er empfiehlt uns diese Telefonaktionen auch für unser Medikament.

Nach diesem Treffen gehen wir die Zeitschriften danach durch. Wir suchen Hinweise auf solche Telefonaktionen. In dieser Zeitschrift finden wir eine Telefonaktion mit einem Professor zum Thema Multiple Sklerose. Man kann kostenlos anrufen.

Und in einer der nächsten Ausgaben findet sich auch der so genannte Nachbericht zur Telefonaktion, wieder mit dem Professor, der nur ein Medikament lobt. Zitat: „wird heute häufig das moderne Tysabri eingesetzt, das in solchen Fällen besser wirkt“.

Eine verdeckte Werbe-Kampagne? Gleich in mehreren Zeitschriften wird genau über dieses Medikament berichtet. Teilweise mit gleichen Sätzen, wieder ist vom modernen Tysabri die Rede, das besser wirkt.

Und im Medizinteil der Zeitschrift „Freundin“: Ein dreiseitiger Bericht über dieses Medikament – gepriesen als Hoffnung aus dem Labor.

Alles Zufall? Wir haben bei den großen Zeitschriftenverlagen nachgefragt: Die WAZ-Mediengruppe lehnte eine Stellungnahme ab. Der BURDA Verlag äußert sich nur schriftlich: In ihren Zeitschriften fände keine versteckte Pharmawerbung statt, es herrsche eine klare Trennung zwischen Redaktion und Werbung.

Lassen Zeitschriften und Medizinjournalisten doch kaufen? Um mehr herauszufinden, besuchen wir als Mitarbeiter unserer erfundenen Pharmafirma eine weitere Agentur.

Der Geschäftsführer erzählt uns, seine Firma könne uns ein Gesamtpaket an verdeckter Werbekampagne für unser Medikament Cerebon anbieten. Sein Netzwerk sei verlässlich. Er erwähnt mehrere verschreibungspflichtige Medikamente, bei denen seine Agentur im Spiel war.

Für unser Cerebon hat er auch Ideen.

Agentur-Chef
„Wenn Sie jetzt zu mir sagen, Sie wollen in die ‚Bunte’, in der ‚Bunten’ vier Seiten, machen wir Ihnen. Da brauchen wir so ungefähr, wenn Sie dort was anzetteln wollen … zwei Monate Vorlauf. Das kostet 30.000 Euro. Das haben Sie jetzt nicht gehört …“

Bei anderen Zeitschriften wird es billiger, für eine halbe bis ganze Seite.

Agentur-Chef
„Je nachdem von der Auflage her. Da müssen wir schon mit 8 bis 10.000 oder so was müssen wir da hantieren.“

Getarnt wäre die Zahlung an die Zeitschrift später als sogenannter Druckkostenzuschuss, erfahren wir. Mit diesen gekauften Artikeln würden wir 13 bis 14 Millionen Leser erreichen. Seine Agentur würde die Artikel für uns schreiben. Unsere Pharmafirma Connex könne völlig im Hintergrund bleiben. Und wenn es Ärger wegen Nennung unseres Medikaments in den Artikeln gebe – kein Problem.

Agentur-Chef
„Man muss die Vereinbarung so treffen, dass Ihre Firma außen vor ist. Es ist immer so, dass dann natürlich versucht wird, natürlich die Firma anzugehen … Aber die Firma muss dann einfach sagen, was wollt ihr eigentlich, da steht eine Redaktion drunter, das sind Journalisten …“

Was sagen Zeitschriften wie „Bunte“ zu unseren Recherchen?
Die Chefredakteurin Patricia Riekel erklärt schriftlich:
„Niemand hat die Möglichkeit gegen eine Zahlung an ‚Bunte’ dort einen Artikel mit verdeckter Medikamentenwerbung zu platzieren.“

Verdeckte Pharmawerbung in Zeitschriften, sie wirkt beim Patienten. Das spürt auch Dr. Wiesner aus Bremen. Zu ihm kommen häufig Patienten, die über ein Medikament gelesen haben. Und sie verlangen von ihm, dass er genau das verschreibt

Dr. Mathias Wiesner, Allgemeinmediziner
„Jetzt letzte Woche war auch wieder eine Patientin hier. Ich hab ihr versucht, das zu erklären, dass das nicht richtig ist, und dass das aus pharmakologischen Gründen eine falsche Entscheidung wäre, ihr das Medikament zu verschreiben. Sie ist dann als Hausarztpatientin bei uns geblieben, aber hat sich scheinbar bei einem anderen Arzt das Medikament geholt. Ich hab es vorgestern dann gesehen, dass sie damit hier in der Praxis stand.“

Dr. Wiesner glaubt, dass so mancher Arzt dem Druck nachgibt, um den Patienten nicht zu verlieren.

Und so zahlt sich die verbotene Medikamentenwerbung für Pharmakonzerne am Ende aus.

Stand vom 22.07.2010




Do 08.05.2008 | 21:45 | Kontraste
kassandra
karsten72
24.12.2021 00:07:33
Ich habe das Optune-Werbevideo mit Hauke von Mediaplanet Germany mit folgendem Kommentar versehen: Weiterführende Informationen finden Sie unter der Google-Suche „Glioblastom: Parallelwelten für Produkt- und Pharmawerbung“. Eine Stunde später war der Kommentar gelöscht. Diese Parallelwelt wird wahrlich gut behütet und scheut wohl der Wahrheit Tageslicht…

Hier der für mich entscheidende Artikel, in der Strahlenklinik das Thema gar nicht erst anzusprechen:



Heilbringende Hauben?

Eine US-Firma entwickelt eine “spektakuläre” Technologie gegen Hirntumore. Deutsche Neurologen sind skeptisch.

(01.03.2018) Glioblastoma multiforme – zwei Wörter, die einem Todesurteil gleichkommen. Jährlich werden in Deutschland etwa 2000 Menschen mit der Diagnose Hirntumor konfrontiert. In den allermeisten Fällen ist die Prognose schlecht. Nur 5 bis 10% der Patienten überleben die nächsten 5 Jahre. Selbst mit der geballten Zerstörungskraft von Operationen, Chemo- und Strahlentherapie ist dem Tumor nur schlecht beizukommen.

Neue Ideen sind also gefragt und so entwickelte die US-Firma Novocure eine Behandlungsmethode, die auf Wechselstromfelder setzt. Die Theorie dahinter? Wechselstromfelder oder wie es bei Novocure heißt Tumor-Treating Fields wirken anti-mitotisch und stören somit die Zellteilung der Krebszellen sowie den korrekten Zusammenbau von Organellen. Appliziert werden die elektrischen Felder über eine Haube, ähnlich einer Badekappe, die die Patienten bis zu 18 Stunden am Tag tragen müssen.

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Spektakuläre Ergebnisse

Erst Ende Dezember letzten Jahres veröffentlichte JAMA die Details einer klinischen Studie, an der knapp 700 Patienten, auch in Deutschland, teilnahmen. Die Ergebnisse sind „spektakulär“, um es mit den Worten von Hauptstudienleiter Roger Stupp vom Universitätsspital der Universität Zürich (seit Januar 2017 an der Northwestern University, USA) zu sagen. „Sie belegen, dass TTFields als neue Standardtherapie für Patienten mit Glioblastomen geeignet ist. Diese Ergebnisse etablieren einen Grundsatznachweis einer völlig neuen Krebsbehandlungsmodalität,“ wird er von Business-Wire zitiert.

Eine Revolution in der Glioblastom-Behandlung also? Na ja, es gibt (wie so oft) einen Haken. Die JAMA-Studie wurde vom Hauben-Hersteller gesponsert. Nicht nur das, Novocure war auch bei der Studienplanung, -ausführung, beim Daten sammeln und analysieren direkt beteiligt. Die Firma entschied auch, ob das Manuskript schlussendlich veröffentlicht wird oder nicht. Hinzu kommt, dass fast alle Studien-Autoren Verbindung zum Hersteller haben, sei es durch Honorare, Reisekostenerstattung, als Mitglieder des „strategic advisory boards“ oder als Chief Science Officer und Anteilseigner der Firma. Selbst der „unabhängige Statistiker“ der Studie ist offensichtlich schon öfter für Novocure tätig gewesen. Die Aufzählung der Conflicts of Interest ist fast länger als der Artikel selbst.

Noch ein Haken

Und, es gibt noch einen Haken. Die Studie war nicht mal verblindet. Grund dafür: Novocure konnte es seinen Patienten „ethisch nicht zumuten“, ein Schein-Gerät zu tragen. Außerdem wäre es für sie auch noch unpraktisch gewesen.

Wie viel kann man also auf eine solche Studie überhaupt geben?

„Spektakulär“ ist wohl nicht das Wort, das einem sofort einfällt. Eher „irgendwie vorhersehbar“: eine Hersteller-verhätschelte Studie produziert durchweg positive Ergebnisse, oh Wunder! Zu Recht fällt der Kommentar einiger deutscher Neurologen-Kollegen eher verhalten aus. „[Die Konflikte sind] sicher ein Problem, aber auch ein Grund für die Skepsis in der ‚Fachwelt‘. Transparenz ist wichtig und wie transparent diese potentiellen Konflikte bei der nicht verblindeten Studie gehandhabt wurden, vermag ich nicht zu beurteilen“, schreibt uns Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor in der Abteilung Neuroonkologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Wick nahm als Principal Investigator an der Vorläuferstudie teil.

„200 kHz Wechselstrom kann in vitro die Spindelbildung für die Zellteilung recht spezifisch und mit einer Korrelation zwischen Frequenz und Zellgröße unterbinden. Dies soll auch in vivo über die Oberflächenelektroden relevant sein, wenngleich es hier sicher weniger klar ist“, fügt er hinzu. Genauere Untersuchungen, auch an Tiermodellen, sind also eminent wichtig. Jedoch verwehrte Novocure Wick eine in-vivo-Studie an Mäusen mit „Verweis auf die Komplexität der Anwendung“ am Nager-Modell.

Marketing vor Forschung

Ist Novocure also gar nicht daran interessiert, die exakte Wirkungsweise der Hauben zu ergründen? Dazu passt, dass laut des Geschäftsberichts für 2017, die US-Firma fast doppelt so viel Ausgaben unter dem Posten „Marketing/Sales“ verbucht hat (63,5 Millionen US-Dollar) als für den Kostenpunkt „Klinische Studien, Forschung und Entwicklung“ (38,1 Millionen US-Dollar). Allein im vierten Quartal 2017 erwirtschaftete die Firma einen Nettoumsatz von 53 Millionen US-Dollar. In Deutschland kostet eine Hauben-Behandlung rund 23.000 Euro und wird in den meisten Fällen von den Krankenkassen genehmigt.

„Der Gemeinsame Bundesausschuss fordert eine unabhängige Studie. Fachgesellschaften halten auch eine kontrollierte/verblindete Studie mit einer Scheintherapie für wichtig, da die Zuwendung für die Patienten mit dem Gerät erheblich von der für die Kontrollpatienten differierte und wir über die Jahre eine Verbesserung der Studiendaten sehen, die offenbar unabhängig von der Therapie und sehr stark abhängig von der besseren allgemeinen Betreuung ist“, sagt Wick.

Unabhängig untersucht?

Und was sagt Novocure zu den Forderungen nach einer unabhängigen Studie? In einer Mail an Laborjournal teilt der Senior Manager, Brand Public Relations, mit: „In der EF-14-Studie ist Optune die erste Behandlungsmöglichkeit in mehr als 10 Jahren, die die mittlere Überlebenszeit bei neu diagnostiziertem Glioblastoma multiforme erhöht. Novocure hat auch eine zweite Phase-3-Studie beendet (EF-11) mit 237 Patienten, in der Optune als Monotherapie bei Erwachsenen mit Glioblastoma multiforme untersucht wurde, deren Tumor nach einer Chemotherapie wieder auftauchte. Hinzu kommen 19 Investigator-Sponsored Trials (IST), die Optune in unterschiedlichen Szenarien testen“.

Klingt erst mal nicht schlecht. Allerdings übernimmt bei diesen ISTs der Principal Investigator nur die „Verantwortung für die Initiierung, das Management und/oder die Finanzierung einer klinischen Prüfung“. Das heißt, er sorgt dafür, dass die Studie stattfinden kann und finanziert ist. Woher dann zum Beispiel das Geld für die Studie kommt, steht auf einem anderen Blatt.

Kathleen Gransalke, letzte Änderungen: 01.03.2018
http://laborjournal.de/editorials/1456.php
karsten72
Eris
05.01.2022 19:01:55
Ich würde vor Medizinern warnen, die sich für Produktwerbung hergeben. Aus meiner Sicht sind sie nicht mehr glaubwürdig. Der Patient sollte darum vermeiden, sich von diesen "Experten" eine Zweitmeinung zum Thema einzuholen. Social-Media-Beiträge von yeswecancer, dem Innovationsbündnis Krebs & Gehirn und der Aktion "Gemeinsam gegen Glioblastom" sind also aus meiner Sicht mit Vorsicht zu genießen. Gibt es da noch keine "Blacklist" in einer Facebook-Gruppe? Bitte PN an mich.
Eris
GMT
06.01.2022 07:47:23
@Eris

Es ist doch relativ schwierig als Betroffener in der akuten Situation zu erkennen ob der oder der Mediziner glaubwürdig ist.
"Produktwerbung" ist in der Pharmabranche an der Tagesordnung.
Ist eine Therapie wirklich gut, ist die Produktvorstellung auch eine gute Sache, denn bei solchen Diagnosen, die ja wirklich selten sind in der Bevölkerung, ist es gut, wenn Betroffene Informationen bekommen.
Die Realität sieht allerdings ganz anders aus. Das Problem ist, dass zu wenig Informationen generell über die Erkrankung zur Verfügung stehen, die Ursachen nach wie vor nicht bekannt sind & alle Therapien nur Versuche sind. Dazu kommt noch, dass viele Studien auf tönernen Füßen stehen.

TTF ist "erfunden" worden aus dieser Unwissenheit heraus & weil die Standardtherapien - die ja genau so beworben wurden, ziemlich erfolglos sind & zum großen Teil den Patienten noch Schäden zufügen, die sie ohne diese Therapien nicht hätten & ein "besseres" Ergebnis auch nicht eingetreten ist.
Da ist die Frage ob durch TTF ein größerer Schaden entsteht wohl eine Sichtweise bei der Therapie. Ob es hilft weiß keiner - aber bei allen anderen Therapien weiß es auch keiner..... Ein Dilemma in jeder Beziehung.
GMT
Eris
07.01.2022 08:44:17
@GMT


Produktwerbung ist natürlich in der Pharmaindustrie an der Tagesordnung. Hier wird aber doch speziell die Laienwerbung thematisiert, die nicht ohne Grund in Deutschland verboten ist. Meiner Meinung nach verbietet sich Produktwerbung bei Patienten, da sie nicht in dessen Interesse sein kann und dies wird im Artikel doch gut erklärt. Es dreht sich nicht um die Pharmaindustrie im Allgemeinen. Hier wird ein einzelnes schwarzes Schaf aufs Korn genommen, welches die gesamte Branche in Verruf bringt, weil es den Hals nicht voll genug bekommen kann.

Die Ärzte werden unglaubwürdig, wenn sie sich vor den Karen der Industrie spannen lassen.

In Bezug auf Informationen für seltene Erkrankungen bin ich auch etwas anderer Meinung wie Du, denn noch nie gab es so viele Informationen wie heute und nie war es so einfach für Patienten, Informationen über seltene Erkrankungen zu erhalten.
Eris
GMT
07.01.2022 10:08:48
@Eris

Alles, was in Medien veröffentlicht wird ist im Grunde genommen "Laienwerbung" sobald dazu eine Therapie genannt wird denn (fast) ALLE Betroffenen sind ja Laien diesbezüglich.
Wer sich die im 2.Beitrag von @Leander verlinkten Artikel durchliest kann gar nicht zu einer gehaltvollen 'Bildung bezüglich der Diagnose Gioblastom' kommen......

Es beginnt damit, dass auch die genannten "Organisationen" nicht mehr Informationen zur Thematik bringen als Wikipedia bietet. Bei den Medizinern hat man das immer gleiche Problem, dass man 5 Ärzte mit 8 Meinungen dazu vorfindet - so ist die Realität.
Es wird bei Hirn-Info-Tagen immer gerne von individuell auf den Patienten zugeschnittene Therapien gesprochen, die dann bei spezieller Nachfrage sich als Zukunftsvision herausstellen, denn die Betroffenen bekommen alle das Gießkannenprinzip, dass bisher bei weit über 90% keinen Erfolg hatte.

Das weiß man auch in der Fachwelt, gerade deshalb wird weltweit an immer anderen Therapievarianten geforscht, gesucht, an Studien gewerkelt.....

Weshalb man sich nun ausgerechnet an TTF abarbeitet, ist mir zumindest z.Zt. unverständlich - denn alle "kritischen Artikel" dazu haben bisher zumindest fachlich noch nicht sagen können, ob es hilfreich(er) ist als die Standardtherapien oder eben nicht.

Wie auch bei anderen Erkrankungen ist inzwischen bekannt, dass "der Staat" eher weniger Studien finanziell unterstützen will, die Hersteller die Studien finanzieren sollen & damit natürlich die Gefahr besteht, dass das mitunter Gefälligkeitsstudien ergeben - denn es ist wohl logisch, dass der Hersteller sein Produkt, für das er schon viel investiert hat, auch gewinnbringend auf den Markt bringen will....

Ich würde es eher begrüßen wenn TTF - was ja nur begleitend zur Standardtherapie sein soll, erstmal genauer unter die Lupe genommen wird - gerne jenseits des Herstellers...

Die bisherigen Aussagen von wegen "Lebensqualität" besser/schlechter bei dieser Diagnose & den Standardtherapien liest sich immer eher nach Küchenpsychologie......

P.S. Wo hast Du so viele "Information wie nie " zu seltenen Erkrankungen gelesen? Ich bin sehr daran interessiert, zumindest beim Glioblastom mehr zu erfahren als Wiki hat...... ich habe in den letzten fast 5 Jahren hunderte Studien weltweit gelesen & konnte da nicht viel mehr entnehmen....
GMT
Cerepro
07.01.2022 10:45:08
@Eris

Hallo, über das Verhalten der Pharmaindustrie oder anderer Produzenten von Gesundheitsgütern gibt es zahlreiche Berichte, die fast reflexartig als Vorurteile oder als Herauspicken weniger oder kleiner "schwarzer Schafe" abgetan werden. Es sind aber keine "schwarzen Schafe" sondern es sind die Schattenseite der gewinnorientierten Wirtschaft im Bereich des Gesundheitssystems.
Cerepro
Fridolin55
01.02.2022 07:45:40
Ich glaube, in den Kommentaren wird sehr viel durcheinander geworfen. Von der gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft, was für Deutschland nicht so stimmt, bis hin zu cancelling für Ärzte, die zugelassene und von den Kassen ohne weiteres getragene Therapie anwenden, wenn dies den Vorstellungen der Patienten nicht entspricht. Es wird auch nur eine Seite des Problems im Beitrag selbst beleuchtet. Denn im Verteufelung der Schulmedizin oder des Gesundheitswesens liegt eine perfide Werbung einer ganz anderen Industrie, die kaum kleinere Beträge verwaltet, als die hier angeprangerte aber nicht existente Gesundheitswirtschaft. Durch eine pauschal negatives Bild der Big Pharma wird ein gegenteilig freundliches Bild der guten Einzelkämpfer gegen das System oder Naturheilmittel geschaffen. Diese schulden den Patienten aber gar nichts. Weder wirksamkeitsbeweis, noch Sicherheit. Wer das Thema Methadon oder Kurkuma e.t.c. in Bezug auf Glioblastom noch nicht getroffen hat, hat sich ggf. kaum mit Glioblastom beschäftigt. Es wird hier ein sehr wichtiges Problem angesprochen, ein noch wichtigeres wird komplett ausgeblendet. Eine umfassende Information sieht meiner Meinung nach anders aus.
Was TTF angeht bin ich persönlich auch skeptisch und wünsche mir ebenfalls mehr als die Zulassungsstudie.
Fridolin55
Eris
01.02.2022 09:38:39
@ Fridolin55
Es ist tatsächlich nicht das gewinnorientierte Gesundheitssytem. Es ist die gewinnorientierte Industrie. Leider machst Du noch mehr Fässer auf und dies trägt nicht zum besseren Verständnis bei.

Ich denke, es geht im Beitrag von Leander weder um die Abwertung der (Pharma)Industrie im Allgemeinen noch um die Beurteilung der TTF-Behandlung. Bei mir kommt an:

Es gibt Laienwerbung, die der Gesetzgeber untersagt, aber im oben genannten Beispiel wird versucht, diese Einschränkung zu umgehen.

Patienten brauchen pharmasponsoringfreie Informationen.

Der Patient sollte hinterfragen, wer die Informationen herausgibt.

Ärzte, die sich vor den Karren der Industrie spannen lassen, machen sich unglaubwürdig.


btw .. dies hatte ich oben schon geschrieben
Eris
Fridolin55
01.02.2022 14:20:57
@ Eris
Ich kann Ihnen Recht geben und meine Antwort bezog sich nicht nur auf den Beitrag von Leander, sondern auch auf die Diskussion unter dem Beitrag. Es ist gut, dass gegen die unerlaubten Werbepraktiken sensibilisiert wird. Es gibt aber kaum eine gute und zertifizierte Veranstaltung, die ohne Hilfe der Industrie leben kann. Insofern soll die Werbung als solche klar gekennzeichnet werden und bei Verstoß mit Bußgeld belegt. Das ist die einzige klare Sprache, die wir alle verstehen. Ideale in unserer Welt sind notwendig, leben aber nicht von allein. Und unsere Gesllschaft toleriert sehr viel erlaube Korruption mit ex-Politikern in den Firmenvorständen und Lobbyismus. Nicht mal der Papst ist heilig (was auch gut so). Meinerseits eine klare Botschaft. Problem erfasst, Lösung suchen. Problem ist nicht der Anreiz der Industrie Geld zu verdienen, sondern Schlupflöcher oder Schwachstellen im System/Kontrolle. Suche nach Schuldigen bringt nichts. Und gerade danach sieht es oben unter dem Hauptbeitrag aus.
Fridolin55
kassandra
02.02.2022 14:29:49
Die in perfider Weise verdeckte Industrieinitiative ist eine bedauerliche Entwicklung, die die Arbeit und die täglichen Bemühungen der Ärzte und der Hirntumorhilfe untergräbt. Es bedarf mehr Aufklärung über solche Aktionen, denn die wenigsten Patienten würden dieses Spiel selbst durchschauen. Es kann auf jeden Fall nichts schaden, industrieneutrale Angebote für Patienten vorzuhalten.
kassandra
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