Lieber Rene,
nach Deinen vielen Fragen die ich im Forum gelesen habe, ahne ich vor welchen Problemen Du stehst.
Mein Vater (72) Professor der Betriebswirtschaft, schrieb bis November 02 noch Artikel für Fachzeitschriften, nahm am Leben aktiv teil und war der Kopf einer großen Familie. Am 2.11.02 dann nach einem epileptischen Anfall die Diagnose: Glioblastom IV, inoperabel, weil links fronto temporal im Sprachzentrum sitzend.
Er konnte sich schlecht artikulieren, aber er verstand und versteht bis heute noch alles.
Der wichtigste Rat den mir ein junger Neurologe in der Charite ( der sicher noch kein Spezialist war ) gab, war folgender: Versucht so lange und so gut wie möglich die Lebensqualität zu erhalten.
Natürlich hab auch ich nach Alternativen gesucht, die ich alle auch mit meinem Vater besprochen habe. Es ist hart, aber wir haben uns absolute Ehrlichkeit versprochen.
Er wurde bestrahlt. Die Größe des Tumors 5cmx4cmx3cm hat sich nicht verändert. Wir sind in die spezielle Gliomsprechstunde im Klinikum Steglitz gegangen. Erst mein Mann und ich allein, dann haben wir Vater mitgenommen. Wir sind wundervoll ehrlich, geduldig und sachlich über alle Möglichkeiten aufgeklärt worden. Jetzt macht Vater eine Chemotherapie mit Temodal, weil das die Lebensqualität am wenigsten beeinflußt, weil sie ambulant gemacht wird. Nächste Woche geht der 4 Zyklus los und die Nebenwirkungen sind erträglich.
Entscheidend ist aber das der Patient sich im Rahmen der Möglichkeiten wohl fühlt. Vater hat regelmäßig Krankengymnastik, was die Einschränkungen der Motorik in Grenzen hält, er hat regelmäßige logopädische Behandlungen, was zur Folge hat das er sich immernoch zumindest verständlich machen kann, ich habe bei der Krankenkasse eine Komunikationshilfe erkämpft, die es ihm möglich macht sich mitzuteilen wenn er die Kraft und Lust hat diesen PC zu bedienen. Im November haben die Ärzte von ca. 1/4 Jahr Überleben gesprochen. Wir sind jetzt im 7. Monat.Natürlich raubt es unendlich Kraft und tut weh den Vater so zu sehen.Er hat immermal wieder einen fokalen epileptischen Anfall, dann feilen wir an der Medikation, er stolpert öfter, dann heilen die Wunden wegen des Cortisons schlecht und er sieht an Armen und Beinen furchtbar aus. Aber trotz all seiner Behinderungen geht er noch allein spazieren. Obwohl alle vor Angst fast sterben, behält er sich eine gewisse Selbstständigkeit. Jetzt ist er für eine Woche mit meiner Mutter in den Urlaub gefahren, nur in die Umgebung von Berlin, aber es hat Lebensqualität!
Natürlich ist H 15 wichtig und mein Vater nimmt seit er dieses Mittel nimmt etwas weniger Cortison, aber es wird unsere Väter nicht heilen.
Diese Krankheit ist ganz furchtbar und denke nicht ich hätte nicht viele verheulte Nächte gehabt, aber unsere Väter haben ein realiv langes und sicher auch erfülltes Leben gelebt.
Ich kann Dir nur raten, Deinen Vater nicht dem Streß aller möglicher Studien und Therapien auszusetzen. Mit über 70 ist ein Mensch insgesamt vielen Dingen nicht mehr so gewachsen, wie die jüngeren Patienten.
Versuche die Meinung von einem zweiten Speszialisten einzuholen, eine dritte und vierte Meinung verwirrt meist schon! Wäge ab und laß Dich vorallem von niemanden abwimmeln. Aber versuch die Krankheit irgendwie zu akzeptieren und nutze die Zeit mit Deinem Vater die Euch bleibt!
Halt die Ohren steif!
Andy