Hallo, Sumee,
Ich habe mit einer Biopsie keine eigenen Erfahrungen.
(Ich habe seit vielen Jahren rezidivierende höhergradige Meningeome und viel Erfahrung und Wissen gesammelt.)
Es ist nur zu verständlich, dass Du bzw. Ihr beide entsetzt wart, dass Ihr nach der erschreckenden Diagnose von dieser Ärztin auch noch so sachlich-kalt aufgeklärt wurdet.
Tatsächlich hat sie die Vorgehensweise fachlich richtig beschrieben.
Eine Biopsie ist erforderlich, um aus dem Tumor Zellen zu entnehmen, die im Labor auf ihre Zusammensetzung und ihre Merkmale untersucht werden. Es gibt einige Fortschritte vor allem in der medikamentösen Hirntumortherapie, die durch die genetische Forschung ermöglicht wurden.
Dazu benötigt man möglichst viele Tumorzellen, da nicht alle die gleichen Merkmale aufweisen müssen.
Es gibt die Nadelbiopsie, wo durch eine dünne Nadel Zellen entnommen werden. Dabei "sieht" der Arzt den Tumor aber nur auf einem MRT-Bild.
Bei der offenen Biopsie wird der Kopf Deines Bruders selbstverständlich auch am OP-Tisch so mit einer dafür geeigneten Vorrichtung gesichert, dass er sich keinesfalls bewegen kann.
(Diese Fixierung des Kopfes ist mit dem Wort "Stereotaxie" eigentlich gemeint, es wird von Ärzten aber auch anders verwendet.)
Die offene Biopsie hat den Vorteil, dass ein Schnitt erfolgt, der groß genug ist, um die Zellen "auf Sicht", also mit dem direkten Blick durch das OP-Mikroskop, entnehmen zu können.
Das ermöglicht das direkte Anschauen des Tumors durch den Neurochirurgen, der mit seiner Erfahrung auf diese Weise besser erkennen kann, worum es sich handelt.
Das Ergebnis der Zelluntersuchung wird nach etwa zwei Tagen vorliegen, wodurch das Gesamtergebnis eine gute Grundlage für die Behandlung sein wird.
Die Biopsie selbst kann durchaus zwei Stunden dauern. Sie birgt Risiken, über die Dein Bruder aufgeklärt wird. Aber die Risiken durch den Tumor sind wesentlich dramatischer. Der Klinikaufenthalt dauert wohl mehrere Tage, das weiß ich aber nicht.
Es ist für Euch sinnvoll, Euch die beiden Broschüren über Glioblastome kostenlos bei der Deutschen Hirntumorhilfe e.V. zu bestellen. (Im obersten Beitrag stehen die Kontaktdaten oder schau in www.hirntumorhilfe.de.)
Ein weiterer Vorteil einer offenen Biopsie ist der, dass der Eingriff zu einer erweiterten Biopsie werden kann. Der Neurochirurg sieht den Tumor und vielleicht sogar seine "Ansatzstellen", also, wo der Tumor mit dem Hirngewebe verbunden ist. Dann könnte die Möglichkeit entstehen, bedeutendere Teile des Tumors zu entnehmen.
Die leider empathielose Ärztin wird das vermutlich gut machen.
Ärzte, die täglich mit schwerkranken Menschen zu tun haben und schon einige in den Tod begleiten mussten, haben mitunter als Eigenschutz so etwas wie eine harte Schale. Das bedeutet aber gar nicht, dass sie "ihren Job" nicht hervorragend leisten!
Natürlich wäre es gut, wenn der Neurochirurg auch ein guter Psychologe wäre.
(Ich hatte mit fast allen Neurochirurgen dieses Glück, habe aber auch andere kennengelernt.)
Ich habe mir immer gesagt, der Neurochirurg muss super operieren können, für die Psyche gibt es andere Fachkräfte.
Und die gibt es in den Kliniken. Es sind Psychoonkologen, die Ihr hinzuziehen könnt.
Dein Bruder ist sehr jung und ich hoffe sehr für ihn, dass seine Konstitution ihn die Therapien gut durchstehen lässt. Die Forschung geht immer weiter. Es lohnt jede Therapie, die das Leben lebenswert verlängert!
Alles Gute ihm und Dir!
KaSy