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Christine[a]

Hallo, ihr alle dort draußen !
Mein Mann hatte Ende Februar eine Operation eines pflaumengroßen Hirntumors. Vorher apsolut keine Anzeichen auf die Krankheit. Der Befund nach der Untersuchung vier Wochen später hieß - Gliosarkoma IV-Rezidiv. Jetzt hat er 12 x Bestrahlung erhalten. Sein Kurzzeitgedächtnis ist nicht mehr so ausgeprägt. Laut Krankenhaus ist eine weitere Operation nicht mehr möglich. Die Ärzte haben sich noch nicht über die Lebenserwartungen ausgelassen. Nicht alle haben die gleiche Meinung über die Behandlungsmethoden. Zur Zeit geht es meinem Mann körperlich relativ gut. Aber er hat besonders nachts starke Unruhe, Schweißausbrüche und kann sehr schlecht schlafen. Weiß mit sich selbst nichts anzufangen, möchte immer jemand um sich haben und ergreift selbst nicht die Initiative sich irgend etwas vorzunehmen, oder zu tun (mit uns, oder auch ohne uns). Er läßt sich alles sagen und wir müssen ihn gemeinsam drängen mal mit uns aus dem Haus zu gehen. Ich habe es bisher vermieden, mich mit ihm selbst über die Krankheit zu besprechen. Auch er spricht nicht darüber. Unserere Angehörigen und Freunde vermeiden es in Anwesenheit von meinem Mann ebenfalls. Nicht nur mein Mann, sondern wir alle sind in eine Art Depression gefallen. Es herscht eine "angespannte" Stimmung. Natürlich ist nichts mehr so wie früher. Aber wer hat Erfahrungen, wer kann mir mitteilen, wie wir uns am besten verhalten sollten?
Gibt es im medizinischen Bereich auf dem Gebiet Spezialisten - Kliniken - Behandlungsmethoden, - vielleicht auch biologischer Art, die sich gemeinsam mit herkömmlichen anwenden lassen ? Wo gibt es besondere Fortschritte bei der Behandlung? Wie und wo können wir noch weitere Informationen und Hilfe erlangen ?

Sie sehen, dass sind viele Fragen. Aber unsere Hilflosigkeit und Unkenntniss treiben uns dazu.

H. Strik

Liebe Christine,
Ihrer Anfrage entnehme ich, dass in Ihrer Familie zwei Probleme bestehen, die natürlich eng
miteinander verknüpft sind: die Ungewissheit über die weitereBehandlung und die depressive
Verstimmung und Antriebslosigkeit Ihres Mannes, die sich auf die gesamte Familie auswirkt.

Zum Tumor selbst: Gliosarkome haben bei der feingeweblichen Untersuchung
Merkmale von Glioblastomen und von Weichteiltumoren (Sarkomen), die sonst nur im übrigen
Körper vorkommen. Vom biologischen Verhalten das heißt, der Wachstumsart und dem
Ansprechen auf Behandlung - unterscheiden sie sich nicht wesentlich von Glioblastomen.
Da Gliosarkome nicht sehr häufig sind gibt es keine eigenen Untersuchungen. Die Behandlung wird
durchgeführt wie beim Glioblastom und stützt sich auf Operation, Bestrahlung und Chemotherapie
mit allen Vor- und Nachteilen der einzelnen Behandlungsformen und ihrer Wirksamkeit.
Die Behandlung sollte - wie bei allen Hirntumoren - an Zentren durchgeführt werden, die sich speziell
mit Neuroonkologie befassen. Extra Experten für Gliosarkome gibt es nicht.

Das Problem mit der depressiven Verstimmung ist sicher zu einem guten Teil durch die
Unsicherheit über den Fortgang der Erkrankung und die weitere Behandlung bedingt.
Die Antriebslosigkeit und die Gedächtnisstörung können durch die Bestrahlung mit verursacht sein.
Diese Probleme bessern sich meist in den Monaten nach der Bestrahlung wieder. Bei einer
ausgeprägten depressiven Symptomatik würde ich zu einer medikamentösen Behandlung
durch einen niedergelassenen Nervenarzt raten. Zudem ist natürlich anzuraten, nach der Bestrahlung
die feste Anbindung an ein neuroonkologisches Zentrum zu suchen, in dem auch die Begleitprobleme
mit besprochen und behandelt werden können.

Guten Mut und alles Gute!


Dr. med. Herwig Strik
Neurologische Universitätsklinik
37075 Göttingen
HStrik@AOL.com

Christine[a]

Lieber Herr Dr. Strik,
es ist aufbauend, wenn jemand Antwort auf unsere Fragen gibt. Wir möchten uns recht herzlich bedanken. Wir alle sind einfach so unerwartet mit diesen Problemen und dieser Krankheit konfrontiert worden. Wir können eben noch nicht mit dieser Situation richtig umgehen. Betreffs der medizinischen Behandlungen ist unser Wissen nun schon garnicht so ausgeprägt, daß wir dort hineinreden möchten. Obwohl eine Meinung eines anderen Arztes vielleicht auch nicht verkehrt sein könnte. Aber unsere Hilflosigkeit im Umgang miteiander macht uns vielleicht noch mehr zu schaffen, denn das müssten wir ja selbst bewältigen können. Mein Mann versucht aber jeglichen Kontakt mit unseren Freunden zu vermeiden, obwohl wir entsprechend seiner Konstitution - schon gemeinsame kleinere Spaziergänge usw. geplant hatten. Wir haben alle die Bedenken, dass er sich zu sehr in sich zurückzieht und das dies erst recht nicht zur Steigerung der Lebensqualität beiträgt. Vielleicht muss auch noch ein wenig Zeit vergehen. Die kann aber auch verschenkt sein , was wir alle nicht hoffen.
Vielen Dank nochmals und Ihnen alles Gute
Christine und Freunde

Christel M

Liebe Christine,
die Antriebslosigkeit Ihres Mannes ist eine nicht seltene Begleiterscheinung bei Hirntumor-Betroffenen, vor allem nach der Primärtherapie.
Versuchen Sie aber trotzdem mit Ihrem Mann an die frische Luft zu gehen. Ziehen Sie ihn an und nehmen sie ihn einfach an die Hand.
Viel Bewegung an der frischen Luft kann auch kleine Wunder bewirken.
Mit allen guten Wünschen und herzichen Grüßen
Christel M

Dr. H. Strik

Natürlich ist es in dieser vollig neuen, unvorbereiteten und für alle extrem belastenden Situation schwierig, den Umgang miteinander und mit dem gemeinsamen (!) Problem neu zu erlernen. Nach meiner Erfahrung konnten die Familien am besten mit dem Problem umgehhen, die die Krankheit und die zu bewältigenden Probleme offen miteinander besprochen und den Kopf nicht in den Sand gesteckt haben. Obwohl es eine natürliche Tendenz des Patienten ist, sich in sich selbst zurückzuziehen und jeder außen herum Angst hat, ihn auf die Krankheit anzusprechen. Aber gerade für solche gewaltige Probleme sollten Familie und Freunde ja da sein und helfen, die gemeinsame Zeit möglichst gut zu nutzen. Viele Familien erleben dieses intensive und bewusste Miteinander sogar als sehr positiv. Aber das muß natürlich auch erst einmal erarbeitet werden und braucht seine Zeit.

Dr. H. Strik
Neurologische Universitätsklinik
Göttingen

Meike[a]

Hallo Christine,

auch mein Mann hat ein Gliosarkom, das im Dezember 2001 operiert wurde. Nach 30 Bestrahungen und dem 3. Chemoblock geht es ihm zur Zeit relativ gut. Eine große Hilfe ist für uns das Buch "Wieder gesund werden" von Dr. Carl Simonton, darin besonders das Kapitel für Angehörige, das zu einem offenen Umgang mit der Erkrankung ermuntert und auch konkrete Tips für Gespräche miteinander gibt. Mein Mann führt auch regelmäßig die darin vorgeschlagenen Visualisierungen durch. Dadurch hat er eine sehr viel positivere Einstellung zu den sonst oft belastenden Behandlungen gewonnen.
Nach den Chemos hat übrigens immer wieder eine selbst gekochte Hühnersuppe (ohne Fett) die Lebensgeister wieder geweckt.

Ich wünsche euch viel Mut und Hoffnung

Meike

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