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Thema: Grad der Behinderung - GDB

Grad der Behinderung - GDB
Siggerl
02.10.2021 20:10:25
Habe seit meiner OP ( Januar 2020 ) starke Depressionen und eine Angstneurose. Seit drei Wochen läuft meine Wiedereingliederung als Lehrerin. Mehr als drei Schulstunden schaffe ich nicht, dann muss ich mich hinlegen, bin nicht belastbar.
Es wurde mir ein GDB von 30 zugesprochen.
Außer den Depressionen, der Angstneurose leide ich noch an Morbus osler, außerdem habe ich starke Abnützungen an der Wirbelsäule die starke Schmerzen verursachen.
Die Behindertenbeauftragte meint ich soll einen Verschlimmerungsantrag stellen, 50% wären mehr als angebracht.
Wer hat Erfahrungen?
Siggerl
Mirli
03.10.2021 14:52:57
Hallo Siggerl,
leider hast du sehr wenig konkretes geschrieben und deine Frage sehr pauschal formuliert.
Erfahrungen rund um Schwerbehinderung hat hier im Forum so gut wie jeder.

Zitat: "Es wurde mir ein GDB von 30 zugesprochen."

Wann wurde dies bescheinigt und wurden wirklich alle Behinderungen anerkannt? Bei Fehlern könnte man noch (innerhalb eines Monats) widersprechen.
Mit einem Grad der Behinderung von 30 könntest du dich gleichstellen lassen (≙ 50 GdB).

Zitat: "Mehr als drei Schulstunden schaffe ich nicht, dann muss ich mich hinlegen, bin nicht belastbar."

Wenn du nach drei Stunden schon k.o. bist, würde vermutlich die Rentenversicherung die Erwerbsminderungsrente voll oder halb bewilligen. Da du als Lehrerin vermutlich verbeamtet bist, ist der Weg ein anderer mir unbekannter, so dass ich nix raten kann.

Zitat: "Die Behindertenbeauftragte meint ich soll einen Verschlimmerungsantrag stellen, 50% wären mehr als angebracht."

Es gibt keinen Verschlimmerungsantrag. Es gibt einen Änderungsantrag, den zu stellen nur Sinn hat, wenn zu der dir bereits anerkannten Behinderungen noch eine neue Situation hinzugekommen ist, sonst kommt postwendend die Feststellung, dass keine wesentliche Änderung eingetreten ist.
Das nur als Hintergrund.
Man muss jetzt genau das, was noch nicht anerkannt/richtig anerkannt wurde, hervorheben. Sind deine o.g. Beschwerden ärztlich belegbar? Alle Arztberichte zusammentragen und als Kopie dem Antrag beilegen.

Viel Glück!
Gruß Mirli
Mirli
KaSy
03.10.2021 16:54:05
Liebe Siggerl,
Du hattest bereits vor mehr als einem Jahr von Deinen psychischen Störungen geschrieben, die Dich jetzt seit mehr als 20 Monaten immer noch sehr belasten.

Damals hattest Du noch weitere OP-Folgen, sind sie besser geworden?

Die seltene Erkrankung Morbus Osler hattest Du vermutlich bereits schon sehr viel länger.

Die schmerzhaften starken Abnutzungen an der Wirbelsäule haben sich im Laufe Deines Lebens ergeben und belasteten Dich sicher auch schon vor der Hirntumor-OP.

Es sind vier Erkrankungen, die Dich (jede etwas anders) "schlechter stellen als die Normalbevölkerung".

Ich hoffe mal, dass Du Dich wegen dieser Krankheiten behandeln ließest, etwas Hilfe für Dich bekommen hast und Du (so wie Mirli schreibt) über alle Arztberichte aus der letzten Zeit verfügst.

Der GdB (oder GdS = Grad der Schwerbehinderung) richtet sich nach den Einschränkungen, die Du jeweils hast und er stellt einen Nachteilsausgleich dar.
Ich denke auch, dass er höher sein sollte.
Zunächst ist ein Gleichstellungsantrag auf den GdB 50 erforderlich, dieser könnte schneller genehmigt werden.
Dann stellst Du einen Antrag an das Versorgungsamt mit allen nachgewiesenen Erkrankungen.

Ich habe es wegen der Hirntumor-OP-Folgen und wegen der psychischen Beeinträchtigungen so gehandhabt, dass ich zusätzlich aus meiner Sicht beschrieben habe, in welchen Bereichen ich durch diese Erkrankungen deutliche Verschlechterungen im Alltag und im Beruf als Lehrerin hatte.
Bei Dir kommt hinzu, dass auch Morbus Osler für die Sachverständigen schwer fassbar ist, dafür solltest Du es auch tun.

Nach dieser bereits 20-monatigen Krankheitszeit sollte Dein Schulrat (Heißt er in Bayern auch so?) bereits auf Dich zugekommen sein, um Dich zu befragen, ob Du wieder arbeiten wirst bzw. wann damit zu rechnen ist.

Du hast jetzt mit der Wiedereingliederung begonnen, es gelingt Dir aber noch fast gar nicht.

Ich habe nach 6 bzw. 9 Monaten Krankheitsdauer nicht bereits mit 3 Unterrichtsstunden täglich begonnen, das sind ja bereits mehr als die Hälfte der normalen Arbeitszeit!

(Für "Nichtlehrer": Zu den 3 Stunden an 5 Tagen kommt etwa dieselbe Zeit für Vor-, Nachbereitungen, Korrekturen, Aufsichten, Schüler- und Elterngesprächen, Konferenzen, heutzutage auch noch für Covid-Tests usw.usf. hinzu. 30 Wochenstunden ist für manche Gesunde ein normaler "Teilzeitjob".)

Ich habe zunächst mit zwei Tagen pro Woche begonnen und 2-3 Stunden unterrichtet, so lange es möglich war, also auch länger als einen Monat.
Dann an drei Tagen.
Dann an vier Tagen.
usw.

Da ich im Unterschied zu Dir nur 6 bzw. 9 Monate zuhause war, habe ich auch "nur" etwa 6 Monate gebraucht, bis ich wieder voll arbeiten konnte.
Die wirklich wieder vollen Fähigkeiten und die normale Belastbarkeit hatte ich erst nach etwa 2 Jahren.
Im ersten Monat habe ich mich tatsächlich so gefühlt, als hätte ich drei Jahre keine Ferien gehabt, es war so sehr anstrengend!

Ich würde Dir demzufolge raten, in der bereits begonnenen Wiedereingliederung viel weniger zu arbeiten und den gesamten Zeitraum auf mindestens 1 Jahr auszudehnen.

Wenn Du das schaffst, dann kannst Du Deinen Schuldienst fortsetzen.
Wenn Du bis dahin einen höheren GdB zuerkannt bekommen hast, dann hast Du (ab GdB 50) als Nachteilsausgleich das Recht, je nach GdB eine bis fünf Wochenstunden weniger bei vollem Gehalt zu arbeiten.
Die 5 Tage Zusatzurlaub musste ich in den Ferien nehmen, das ist bei Lehrern eben so.
Aber es gibt Steuerermäßigungen usw.

Wenn Dir das nicht gelingt, dann kann es passieren, dass Dein Schulrat Dich "von Amts wegen" in einen zeitweisen Ruhestand versetzt. In dieser Zeit erhältst Du etwas weniger Bezüge, aber Du musst als Beamtin keine Erwerbsminderungsrente beantragen.

Mir ist das (nach 4 Wiedereingliederungen und 16 Arbeitsjahren nach der ersten Hirntumor-OP) so geschehen und ich fand das nicht so gut, weil ich sehr gern unterrichtete und mich gerade die Kinder gebraucht hätten, die es besonders schwer haben.
Ich hatte gehofft, dass ich nach zwei oder 2,5 Jahren erneut beginnen kann, aber ich musste einsehen, dass ich es nicht mehr schaffe.
Ich wurde in größeren Abständen zum Schulrat bzw. zum Amtsarzt bestellt, damit überprüft wird, ob ich wieder arbeiten kann. (Immerhin zahlt ja der Staat für Beamte.)
Nach 2,5 Jahren schrieb die Amtsärztin in ihren Bericht an den Schulrat, dass er nicht mehr fragen soll, da eine Verbesserung meines Zustandes und eine Wiederaufnahme der Arbeit nicht möglich sein wird. Da war ich 57 Jahre alt und seit 3 Jahren erst 6 Monate krank und dann diese 2,5 Jahre weiter krank.

Für Dich bedeutet das, dass Du Dir um Deinen Arbeitsplatz keine Sorgen machen musst und um die Bezüge auch kaum.
Wenn Du (wie ich) sehr gern weiter mit den Kindern arbeiten möchtest, dann nimm Dir die Zeit, Dich langsam wieder einzuarbeiten. Nutze auch unbedingt die "BEM"-Gespräche mit Deinem Schulleiter (Rektor oder wie das in Bayern heißt). (BEM = Berufliches Eingliederungs- Management).
Vereinbare einen Termin, wo genug Zeit ist und überlege Dir vorher, welche Nachteilsausgleiche Du benötigst, um gut arbeiten zu können. Es dürfen keine Vorteile gegenüber Deinen Kollegen entstehen.
Aber falls z.B. für Dich ein bestimmtes Gerät angeschafft werden muss, dann wird es anders finanziert und wenn Du es gerade nicht benötigst, können es auch die anderen Kollegen nutzen.
Es gibt viele Wünsche, die im Rahmen des Schulbetriebs erfüllbar sind, aber der Schulleiter muss davon wissen.
Ich wollte z.B. lieber in vollen Klassen unterrichten als mit 1-3 Kindern Förderunterricht zu machen, andere wollen das umgekehrt.
Ich wollte nicht mehrere Stunden hintereinander unterrichten, da ich eine Stunde dazwischen zum Ausruhen brauchte, das könnte bei Dir auch so sein.
Es gibt weitere Möglichkeiten, die sich im Laufe der Monate ändern können, deswegen sind diese BEM-Gespräche bei Bedarf monatlich möglich.

Wenn es gar nicht mehr gelingt, wird der Schulrat "Dich nicht aus den Augen verlieren" und Dich immer mal zum Amtsarzt schicken.

Ganz wichtig ist aber Deine Gesundheit!
Ich hoffe sehr, dass Du die psychischen Probleme endlich bewältigen kannst und die fachmännische Begleitung Wirkung zeigt. Denn nach meinem Gefühl und nach meiner leider dauerhaften Erfahrung beschreibst Du das immer noch als sehr schwerwiegend. Vielleicht solltest Du einen anderen Facharzt und eine andere Methode suchen.
Auch Deine Probleme mit der Wirbelsäule könnten vielleicht etwas verbessert werden, mit den Neurochirurgen, die Du wegen des Meningeoms kontaktierst, hast Du ja zusätzlich zu Deinem Orthopäden einen weiteren Facharzt.
Falls das nicht hilft, gibt es auch Schmerztherapeuten.

Alles Gute wünsche ich Dir!
KaSy
KaSy
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