Cathy schrieb: "Weiter oben hat jemand gefragt, warum überhaupt bei der Bestrahlung Haare ausfallen. Photonen sind höchst radioaktiv und daher fallen auch die Haare aus. Es zerstört eben Zellen."
Für Interessierte würde ich den Grund gern erklären:
Bei Bestrahlungen mit Photonen oder Elektronen wird hochdosierte Röntgenstrahlung genutzt.
Das ist eine so genannte "ionisierende" Strahlung.
(Der Begriff "radioaktiv" stimmt also tatsächlich nicht.)
Beim Übergang der Röntgenstrahlung in das Gewebe des Körpers entstehen in sehr kurzer Entfernung von 1-2 cm Elektronen, bei größerer Entfernung entstehen Photonen.
Elektronen sind die Bestandteile der Atomhülle, diese Teilchen bewegen sich in unterschiedlichen Bahnen um den Atomkern herum.
Photonen haben eine doppelte (duale) Eigenschaft. Es ist Licht, das sowohl als Teilchen als auch als Welle unterwegs ist.
Wenn nun diese ionisierende Strahlung auf Zellen trifft, die sich gerade teilen, dann stört sie diese Teilung so, dass aus einer funktionierenden Zelle nicht zwei funktionierende Zellen entstehen.
Die Teilung einer Zelle beginnt mit der Teilung der Erbinformation, also der DNS, die als Doppelstrang aus jeweils 2 identischen Strängen besteht.
Diese beiden Stränge trennen sich voneinander und in dieser Situation sind sie gerade nicht funktionsfähig. Wenn jetzt die Strahlen (Elektronen, Photonen, Protonen oder Schwerionen=Teilchen, aus denen Atomkerne bestehen, Gammastrahlen beim Gammaknife) den Zellkern mit der sich gerade teilenden DNS treffen, dann werden einige Bestandteile der jeweils halben DNS zerstört.
Die Teilung der Zelle setzt sich so fort, dass sie sich (wie mit einem Gürtel) so lange einschnürt, bis sie sich völlig in zwei Teile mit der jeweils halben DNS getrennt hat. Gleichzeitig beginnt die halbe DNS eine Kopie von sich selbst anzufertigen, damit sie wieder eine vollständige Erbinformation besitzt und funktionsfähig wird.
Nun ist aber die halbe DNS durch die Strahlen nicht mehr in ihrem Originalzustand, also "kaputt", so wie eine Kopiervorlage, bei der lauter Wörter fehlen.
Demzufolge wird auch diese Kopie nur eine unvollständige Kopie sein und die DNS der beiden neuen Zellen kann nicht mehr alle ihre Aufgaben erfüllen.
Insbesondere kann sie sich entweder nicht mehr teilen oder bei einer Teilung entstehen "kaputte" Zellen.
Bei der fraktionierten Bestrahlung werden ja nicht immer die Tumorzellen gerade in ihrer Teilungsphase getroffen, aber einige. Und wenn an 30 Tagen immer wieder Strahlen auf die sich gerade teilenden und die schon "kaputten" Zellen treffen, dann werden auch immer mehr Tumorzellen in ihrer Funktion gestört, bis hoffentlich alle Tumorzellen nicht mehr in der Lage sind, sich zu teilen.
Dann hat die Bestrahlung ihr Ziel erreicht und der Tumor stellt sein Wachstum ein, weil sich möglichst alle Zellen sich nicht mehr teilen. Der Tumor besteht nun aus abgetöteten Zellen. Das Immunsystem erkennt ihn "als fremd", reagiert mit seinen Abwehrkräften, bildet vielleicht ein Ödem und im Laufe von Monaten bis Jahren könnte der Tumor vom Stoffwechsel abtransportiert worden sein.
Diese Wirkung der Strahlen betrifft nur die Zellen, die sich häufig teilen. Und das sind die Tumorzellen (je höher die Teilungsrate KI 67, um so mehr Zellen teilen sich gerade) und die Haarfollikel, also die Zellen in der Kopfhaut (nicht Hirnhaut!), die sich immer wieder teilen und unsere Haare wachsen lassen.
Wenn diese Zellen von den Strahlen getroffen werden, stellen sie möglicherweise ihre Zellteilung ein, die Haare wachsen nicht mehr. Oder sie wachsen anders, weil die Zellen durch die Strahlen "kaputt" gemacht wurden. Das passiert nicht unbedingt, aber die Wahrscheinlichkeit ist größer, wenn ein Tumor bestrahlt wird, der sich direkt unter der behaarten Kopfhaut befindet.
Alle anderen Zellen im Körper (außer den Finger- und Zehennägeln) teilen sich deutlich seltener, vor allem, je älter man wird. Außerdem verfügen unsere normalen Zellen über einen Reparaturmechanismus, der das wieder repariert, was die Strahlen vielleicht doch "kaputt gemacht" haben.
Das betrifft, glaube ich, auch die Haarzellen, die es irgendwann doch wieder schaffen, sich zu teilen und unsere Haare wachsen lassen. Oder selten eben auch nicht.
Die Tumorzellen aber sind viel einfacher aufgebaut und müssen keine komplexen Aufgaben erfüllen. Sie müssen sich einfach nur teilen, teilen, teilen ...
Und wenn keiner Stopp sagt, dann tun sie das.
Ich wünsche allen sehr tapfere Haarzellen!
KaSy