Liebe JoMe,
es ist gut, dass Du wieder begonnen hast zu arbeiten!
Aber nun hast Du sehr schnell gemerkt, dass von Deinen Kolleg/innen wenig Rücksicht zu erwarten ist.
Das liegt sicher daran, dass sie denken, Du bist ja wieder da und man sieht es Dir nicht an.
Aber sie alle wissen, was Du hinter Dir hast und vor allem Dein Arbeitgeber weiß es.
Es liegt nun an Dir, Deine berechtigten Interessen zu nennen, mit dem Arbeitgeber zu besprechen und sie dann auch durchzusetzen.
Die Wiedereingliederung, früher Hamburger Modell genannt, wird jetzt als "Betriebliches Eingliederungsmanagement" (BEM als übliche Abkürzung) bezeichnet.
Dein Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, mit Dir sehr schnell und dann nach Deinem Bedarf regelmäßig in Kontakt zu treten ("BEM-Gespräche" zu führen), um mit Dir gemeinsam zu klären, welche Möglichkeiten es im Betrieb gibt,
- um Deine bisherige Arbeitsunfähigkeit zu überwinden
- einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen
- Deinen Arbeitsplatz zu erhalten.
Bei einem größeren Betrieb gibt es eine Schwerbehindertenvertretung bzw. einen Betriebsarzt sowie einen Personalrat, der helfen sollte.
Das gibt es vermutlich in Eurer Tierarztpraxis nicht.
Zuständig wären nun die "Integrationsämter" oder "gemeinsame Servicestellen".
Zuerst solltest Du sofort freundlich auf Deinen Arbeitgeber zugehen und um eine "BEM-Gespräch" möglichst gleich oder noch in dieser Woche bitten.Sage ihm, dass Du mit ihm alles besprechen möchtest, was für Dich jetzt wichtig ist, um arbeiten zu können. Deine ersten Probleme kannst Du ihm sofort sagen.
Lass ihm aber auch Zeit, sich selbst mit den Gesetzen zu befassen bzw. bei den zuständigen Stellen nachzufragen sowie über innerbetriebliche Möglichkeiten nachzudenken.
Generell gilt das SGB IX (Sozialgesetzbuch).
Schreibe Dir Deine "Wünsche" für das Gespräch auf.
- Du darfst keinesfalls länger arbeiten, als der Arzt es erlaubt hat. Du bist krankgeschrieben und das musst Du ihm sagen. Vermutlich bezahlt Dich Dein Arbeitgeber gar nicht.
- Sage Deinem Arbeitgeber, dass Du Anspruch auf den Zusatzurlaub von einer Arbeitswoche hast. (Falls Ihr 6 Tage arbeitet, dann sind es 6 Tage.)
- Du darfst Dir eine "Arbeitsassistenz" wünschen. Das ist gesetzlich geregelt, aber es darf nicht dazu führen, dass nur, weil Du arbeitest, Deine Kollegen mehr als bisher (als Du gar nicht da warst) arbeiten müssen. Sprich das an, aber überlege, ob es innerbetrieblich oder außerbetrieblich (Facharzt von einer anderen Praxis, der von der Krankenkasse finanziert wird) möglich ist und wie lange Du es benötigst.
- Mehrarbeit bzw. Überstunden darfst Du nur dann machen, wenn Du vorher gefragt wirst. Das kannst Du für die erste Zeit generell völlig ablehnen.
- Für Notdienste gilt das Gleiche, denn Du musst in Deiner Freizeit auf Abruf reagieren können, solltest Dich aber erholen. Notdienst ist auch psychisch eine zusätzliche Belastung. Du musst für Dich die Sicherheit haben, dass Du nicht plötzlich einen Anruf erhältst, weil ein Tier zu versorgen ist.
- Ich denke, dass Du auch Nachtarbeit zunächst ablehnen solltest, selbst wenn es einen zeitlichen Ausgleich dafür gibt. Bis Du wieder nachts eingesetzt wirst, solltest Du die Nacht zur Erholung nutzen.
(Allerdings sind diese Details von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich und demzufolge im Gesetz nicht unbedingt festgelegt. Das musst Du in dem "BEM-Gespräch" vereinbaren.)
- Notiere Dir weitere "Wünsche", die innerbetrieblich erfüllbar sind.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen "Ratgeber für Menschen mit Behinderung" herausgegeben, den Du bestellen kannst:
Bestell-Nr.: A 712
Tel.: 030 / 18 272 272 1
Fax: 030 / 18 10 272 272 1
E-Mail: publikationen@bundesregierung.de
Internet: http://www.bmas.de
Ich wünsche Dir viel Erfolg beim langsamen Wiedereinarbeiten und beim (evtl. immer wieder notwendigen) Durchsetzen Deiner Interessen.
Sage klar, dass Du nicht besser gestellt sein möchtest als Deine Kollegen, aber dass Du aufgrund Deiner geringeren Belastbarkeit mit weniger Arbeitsstunden immer genauso viel arbeitest wie Deine Kollegen mit der vollen Stundenzahl.
Dir steht Dein Arbeitsplatz zu, Du darfst nicht gekündigt werden und Du hast das Recht, die Arbeit in dem Maß auszuüben, wie es Dir möglich ist.
KaSy