Guten Abend Doris,
aus dem Kollegenkreis der Psychoonkologen an unserem Krankenhaus weiß ich - sie arbeiten mit den Tumorpatienten manchmal nach Simonton. Dabei benutzen sie meist das Rowohlt-Taschenbuch:
"Wieder gesund werden - Eine Anleitung zur Aktivierung der Selbstheilungskräfte für Krebspatienten und ihre Angehörigen"
Simonton/Simonton/Creighton
Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, 1982 (mehrere Nachauflagen)
ISBN 3 499 19199 7
14,90 DM, also jetzt wahrscheinlich 8 bis 10 EUR
Vielleicht eine brauchbare Informationsquelle zur Methode selbst - eine ausführliche Erläuterung würde hier zu weit führen.
Die Erfahrungen sind eher positiv, aber Wunder gibt es (meiner Ansicht nach) leider nicht, Spontanheilungen dagegen schon. Allerdings ist deren Anzahl im Vergleich zur gesamten Häufigkeit von Tumorerkrankungen viel zu gering - um daraus Gesetzmäßigkeiten ableiten zu können. Die Kollegen berichten, daß die Arbeit nach Simonton auf jeden Fall dabei helfe, mit der Krankheit und ihren Folgen besser zurecht zu kommen - z.B. werden Bestrahlungen und/oder Chemotherapien oft besser und mit geringeren Nebenwirkungen vertragen. Weitergehende Erfahrungen gibt es hier kaum, weil der Kontakt zu den Patienten meist mit dem stationären Aufenthalt endet.
Simonton wird bei uns den Patienten vorgestellt und als unterstützende Methode angeboten - manche versuchen es und manche nicht, denn es ist keine Therapiemethode, die verordnet werden kann.
Der Denkansatz - die Tumorentstehung auf das Wirken psychischer Faktoren zu reduzieren, ist ganz bestimmt falsch. Sicher belegt hingegen ist die Erfahrung, daß ein Zusammenhang zwischen dem Immunsystem und der allgemeinen Erkrankungshäufigkeit besteht. Dies gilt sehr wahrscheinlich auch für Tumorerkrankungen.
Vereinfacht kann man sagen: Das Immunsystem ist (u.a. auch) dafür zuständig, entartet wachsende Zellen (Tumorzellen), die im Zuge der ständigen millionenfachen Zellteilungen in unserem Organismus bei jedem immer auch ganz spontan auftreten, zu beseitigen. Wenn es seine Aufgabe, auch durch Streß bedingt, nicht optimal erfüllen kann - haben diese Zellen eine größere Chance sich zu vermehren und ein Tumor kann entstehen.
Ich habe von Untersuchungen gelesen, die z.B. in großen Stichproben bei Tumorpatienten in der Vorgeschichte, im Zeitraum bis zu 18 Monate vor Diagnosestellung, deutlich häufiger kritische, also Streß erzeugende, Lebensereignisse (Verlust von Angehörigen, Scheidung/Trennung, Kündigung u.a.) fanden als in der gesunden Kontrollgruppe.
Hieraus wird gefolgert, daß seelische Stabilität und Gesundheit eine vorbeugende Funktion hat.
Diese Aussage ist in ihrer Allgemeinheit wahrscheinlich durchaus gültig, aber eine ausreichende (also heilende) Wirkung psychischer Faktoren konnte bisher leider nicht festgestellt werden.
Die Ärzte (hier beziehe ich mich auf die Neurochirurgen, die ich kenne) lernen diese Dinge in ihrem langen und umfangreichen Studium leider nicht sehr ausführlich, sind aber zunehmend offen auch gegenüber solchen Methoden. Jedoch wäre es im allgemeinen unsinnig, bei der Erstdiagnose eines aggressiv wachsenden Tumors auf die Methoden der Schulmedizin zu verzichten und statt dessen den Patienten zur Psychotherapie zu schicken. Auch ist der Zeitrahmen, den die Neurochirurgen im Rahmen der Krankenhausarbeit zur Verfügung haben entschieden zu gering, um mit den Patienten ausführlich über psychologische Themen zu reden. Dies bleibt, zumindest in unserem Krankenhaus, den Psychologen überlassen. Wenn der Patient von der Simonton-Methode angetan ist und es wünscht, werden ihm dann Adressen von niedergelassenen Kollegen mitgegeben, die damit Erfahrung haben.
Meine Sichtweise ist die eines Psychologen, der nur am Rande mit Tumorpatienten arbeitet, denn wir haben extra drei Kolleginnen, die sich hauptsächlich um sie kümmern - leider lesen sie hier wohl nicht mit.
Ich hoffe, Sie können trotzdem etwas mit der Antwort anfangen.
MfG
Volker
(Dipl.-Psych./Neuropsychologe)