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Thema: Ich kann nicht mehr....

Ich kann nicht mehr....
Schwan01
19.04.2015 10:04:13
Heute vor 3 Monaten und 18 Tagen habe ich meine über alles geliebte Tochter das letzte mal gesehen.
Zum Geburtstag am 5.4.15 durfte ich sie an rufen, um ihr wenigstens zu gratulieren.
Unter Hydra hat meine Tochter ihre Kindheit, mein Umgang mit ihr, mein Versagen als Mutter geschildert.
Manches hatten wir in getrennten Therapien auf gearbeitet, doch dann kam Bruno der Untermieter in ihr und unser Leben.

Ich bin ihr größter Feind, bin für alles Verantwortlich, gescheiterte Beziehung, ihr Lebensgefährte war mir nie wirklich sympatisch, es ging
gar nicht mehr, nachdem ich ihm versprechen musste kurz nach den Operationen, das er sich vor Monaten sich von ihr trennen wollte.
Nach genau 6 Monaten nach dem er seinen festen Arbeitsvertrag in der Tasche hatte, trennte er sich schriftlich von ihr und ist dann über das Wochenende weg gefahren.
Da wir verabredet waren und sich meine Tochter sich nicht bei mir meldete, rief ich an, das Mädel war fix und fertig.
Sie wollte nie heiraten, Kinder haben - mit mal wollte sie dieses mit diesem Mann, in ein tiefes Loch ist sie gefallen.
Sie pflegen ein freundschaftliches Verhältnis.

Sie zog bei uns ein, wir waren für sie da, haben uns bemüht , meine Tochter ist sehr früh aus gezogen, ihre Kindheit war nicht immer einfach,
vieles was ich in der Kindheit erlebte, gab ich unbewusst an sie weiter,
ich kann heute darüber nicht mehr schreiben.
Ich kann es aber auch nicht mehr rückgängig machen, habe immer versucht mein bestes gegeben, habe und werde meine Tochter immer lieben.
Ich habe sie los gelassen in ihr neues Leben.

Die schlimme Diagnose hat meine Tochter aus allem heraus gerissen,
wie es einer Mutter geht muss ich nicht erklären, auch wenn sie noch so schlecht war, wenn ich wirklich so gewesen wäre, würde ich glaube ich keine Müttergefühle haben, mein Kind - die junge erwachsene Frau -wollte ich beschützen, ihr alles abnehmen, nur noch für sie da sein, weil dieser Dreckstumor, wir wissen nicht wann wächst er wieder, all dieses tut so weh, es nicht zum aus halten.
Ich melde mich nicht bei ihr, trotz allem erzählt sie ich bombardiere sie mit Nachrichten, nach Monaten gestern, nach dem sie sich für das opulente Geschenk bedankt hat bei meinem Mann und sie eigentlich am Dienstag mit ihm und mir auf neutralen Boden verabredet hat, dieses gestern absagte, wo mein Mann sehr traurig war, ich war den ganzen Abend und heute Nacht nur am weinen, heute habe ich geschwollene Augen und habe mich entschlossen zu schreiben, ich kann nicht mehr, wenn ich könnte , hätte ich die Krankheit und meine Tochter könnte in ihrem alten Leben weiter leben.
.
Ich kann nicht zaubern, mein Mann hält mich am Leben, ich weiß nicht mehr wie lang, wie oft hatte ich meinen Koffer gepackt hatte, möchte gehen, weil das hat er nicht verdient.
Ihm geht es nicht gut, ich habe Angst um meinen Mann, den ich über alles Liebe, Angst meine Tochter zu verlieren.

Was ist aus unserem Leben geworden, es ist nur noch ein schweben, nichts ist greifbar und dann kommt noch hin zu das ich abgelehnt werde.

Ich habe wirklich gelernt sie Leben zu lassen, meine Tochter ist alt genug und meistert ihr Leben.

Ich sehe sie nicht mehr als das kranke Kind, sehe sie als junge Frau.

Ich bin so froh das sie alleine wohnt, ihre Wesensveränderung, das Kindliche stellen jetzt auch andere fest, ich wurde so oft verurteilt, aber ich bin doch so froh das es meiner Tochter gut geht, gerade in den letzten Tagen sind so viele in die andere Welt gegangen.

Was kann ein Mensch noch aus halten, wie schütze ich mich und gehe nicht daran kaputt, meine Tochter jeden Tag ein Stück mehr zu verlieren, die Hoffnung meine Tochter doch ein Stück weit auf ihrem Weg begleiten zu dürfen - ist ganz geplatzt.

Und wieder laufen die Tränen, so das ich die Tastatur kaum sehe, breche ich jetzt ab und schreibe evt. später weiter,

traurige, verzweifelte Grüße von einer Mama die ihr Kind über alles liebt,

Schwan01

Aus diesem Grund habe ich mich für den Infotag in Würzburg abgemeldet, ich schaffe es es mental nicht, dabei habe ich mich so auf Krimi, Cosipower und all die anderen gefreut, vieleicht beim nächsten Mal.

Ich bin seit über einem Jahr in sehr guter psychologischer Betreuung, dieser Dreckstumor zerstört so viele Familien, nichts ist mehr so wie es mal war.

Danke liebe Krimi für deine PN, es ist das schlimmste zu er fahren, zu erleben das , das eigene Kind so bedroht zu wissen, trotz allem haben mein Mann und ich zurück gefunden in unser Leben, ins Berufsleben, gehen unseren Hobbys nach, schließen neue Kontakte, die alten sind gescheitert, diese können mit der Diagnose nicht um gehen, es ist das schlimmste sein eigenes Kind nicht sehen zu dürfen , wann hört es endlich auf.

Liebe Marie, ich bleibe weiterhin "Sprungbereit", es ist so das meine Tochter mehr die Kontakte pflegt zu Menschen die sie Jahre lang nicht gesehen und auch keinen Kontakt hatte.
Ihre Kirchengemeinde ist ihr sehr wichtig, ich selber bin froh das sie aufgefangen wird und sie sich dort wohl fühlt.
Danke für deine Worte.

Ich rede ihr nicht gut zu, ich bin da wenn sie möchte - trotz allem tut es unheimlich weh - wenn sie mich total aus ihrem Leben aus grenzt - in solchen Momenten breche ich auch zusammen, es wird schon wieder......!
Schwan01
krimi
19.04.2015 11:00:11
Liebe Schwan01,

was zu schreiben ist jetzt wirklich wertvoll für dich, als zu sagen
"ich denke an dich".

LG krimi
krimi
Marie Marple
19.04.2015 12:27:03
Liebe(r) Schwan,
es ist schwer, hier im Forum die passenden Worte/ eine Hilfe für dich zu finden...
Deine Tochter hat sich im Moment "losgerissen" - das ist schmerzhaft für eine Mutter. Aus "ihrer Sicht" (ich meine deine Tochter), ist es die Verzweiflung und Hilflosigkeit. Sie braucht viel Ruhe, um in ihr Leben zurückzufinden. Bleib' "im Hintergrund" für sie da... sozusagen "sprungbereit".
Ich glaube, dass der "Erkrankte", gerade diejenigen "zur Seite drängt", die ihm im Grunde GANZ NAHE stehen... Da empfindet er die Hilfestellungen, das Zureden der Angehörigen "als Belastung" - was er aber im Grunde aber wohl nicht so meint...
Ich wünsche dir in deiner Verzweiflung alles Gute und dass bald eine positive Wende kommt!

Mit herzlichen Grüßen
Marie Marple
Marie Marple
Schorschel
19.04.2015 15:14:36
Liebe Schwan,
alles Liebe und Gute für euch, nimm erst mal das Positive mit, dein Mann steht zu dir und unterstützt dich in allem, der Tumor hält still. Laß uns zusammen eine Lösung für den Rest finden, es wird einen Weg geben. Die Sonne strahlt aus einem blauen Himmel auf uns herab, der Frühling kommt jetzt mit Macht. Wir schaffen das - zusammen.
Liebe Grüße
Georg
Schorschel
Schwan01
19.04.2015 20:46:51
Lieber Georg,

vielen Dank für deine lieben Worte, ich denke an dich und wünsche dir ganz viel Kraft,
liebe Grüße
Manuela
Schwan01
Nela01
20.04.2015 08:37:26
Liebe Schwan,

es tut mir im Herzen weh, was Du bzw. Ihr durchleben müsst!!
Ich wünsche Euch viel Kraft !!!
Alles Liebe!
Nela
Nela01
Loni
21.04.2015 15:23:49
Liebe Schwan,

es tut mir sehr Leid, was Du und Dein Mann jetzt durchmacht.
Das Eure Tochter Euch jetzt ablehnt ist nicht Sie, das ist dieser
drecks Tunor. Wartet bis Sie wieder auf Euch zukommt auch wenn
es sehr sehr schwer fällt.
Wünsche Euch Beiden viel viel Kraft dies alles durchzustehen.

Ganz ganz Liebe Grüße
Loni
Loni
Andrea 1
21.04.2015 18:20:06
Liebe Schwan/M.,
so verständlich dein Schmerz im Moment gerade ist, so sehr verstehe ich aber auch irgendwo deine Tochter, die bereits erwachsen ist. Dass soll nichts gegen dich oder deinen Mann sein!
Lediglich versuche ich es aus der Sicht einer selber Betroffenen zu sehen und wenn ich so von mir ausgehe, dann KÖNNTE ich mir vorstellen, dass ihr eure Fürsorge einfach zu viel wurde und sie sich selber beweisen möchte, dass sie es auch alleine schafft/schaffen kann. Im großen und ganzen sehe ich es recht ähnlich, wie Marie Marple.
Ich kann ja nur vermuten, aber ich denke Mal, dass sie es auf ihre Weise versuchen will, damit klarzukommen, denn nicht nur ihr seid geschockt, sie ist es auch! Mit ganz großer Sicherheit, noch dazu musste sie mit dem (ich nenne es mal so) "Fallengelassenwerden" ihres Partners sich irgendwie abfinden, damit irgendwie fertig werden.
Für sie ist es vermutlich noch viel schwerer, das alles unter einen Hut zu kriegen.
Wenn ich von mir ausgehe, ich habe keine Mutter mehr, die mir sehr nahe steht oder sich um mich bekümmern könnte, aber meinen lieben Mann an meiner Seite und kurz nach meiner OP damals war auch mein Sohn bei mir. Sie versuchten beide sehr stark zu sein, aber ich sah es quasi sekündlich in ihren Augen, in ihrer Körpersprache - diese alles zerfressende Angst um mich... Ich tat, als wäre alles in bester Ordnung und ließ mir das nicht anmerken. Konzentrationsmäßig ging damals zwar eh nichts bei mir, weshalb ich auch sehr viel mit mir selber zu tun hatte.
Beide versuchten mich beinahe in Watte zu packen oder mein Mann redete auf mich ein, als hätte er ein kleines Kind vor sich, weil ich mir nichts merken konnte. Das widerum machte mich noch trauriger, spornte mich aber gleichzeitig an, so schnell wie irgend möglich, "wieder auf die Beine zu kommen".
Als ich irgendwann das erste Mal seit dem wieder alleine mit dem Auto fahren wollte, gab es in rauhen Mengen gute Ratschläge und sowas alles. Ganz ehrlich, diese Überbesorgtheit ging mir richtig auf den Geist.
Andersherum konnte ich sie auch verstehen, denn sie wussten ja nicht, wie es in mir aussah. Alle meinten es nur gut mit mir, aber dauernd diese mitleidigen oder ängstlichen Blicke, welche sie mit Sicherheit nicht bewusst machten.
Manchmal gab es auch da Momente für mich, in denen ich mich lieber auf eine einsame Insel gewünscht hätte, auf der niemand irgend etwas von mir erwartete oder ich hätte machen müssen. Einfach nur leben und für nichts und niemanden Verantwortung haben.
Aber auch diese Phase gab sich bei mir wieder - Gott sei Dank! ;-)
Nur liebe M., vielleicht braucht deine Tochter jetzt ihren Freiraum, um mit sich selber klar zu kommen.
Warum sie es anders erzählt als Du, kann ich nicht sagen und ich möchte mir darüber auch kein Urteil erlauben.
Ich kann mir nur vorstellen, dass sie sich von was auch immer sehr erdrückt fühlt. Macht es am besten, wie Marie Marple schon schrieb; Haltet euch im Hintergrund parat für den Fall, dass sie wieder...
Gegenseitige Vorwürfe würden im Moment eh nichts bringen. Sie würden nur die Fronten verhärten, was unterm Strich gar nichts mehr zulässt.
So eine Krankheit bei einem nahestehenden Menschen mitzuerleben ist nochmal ein gewaltiger Unterschied zu dem, wenn man es mit sich selbst ausmachen muss.

Deswegen schrieb ich schonmal, dass man wohl als selbst Betroffener noch viel stärker sein muss

Bei allen Beteiligten liegen die Nerven blank und da ist es vorprogrammiert, dass man sehr dünnhäutig auf die verschiedensten Dinge reagiert.
Versucht es nicht überzubewerten.
Macht es, wie Loni zum Schluss nochmal schrieb; wartet, bis sie auf euch zukommt - auch wenn es sehr hart für euch ist.
Liebe braucht Freiheit sonst erstickt sie.
Fühl dich lieb gedrückt...
LG Andrea
Andrea 1
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