Hallo Julia,
ich bin selber an einem Glioblastom erkrankt und lebe nun seit fast drei Jahren sehr gut damit. Als ich Deine Fragestellung gerade im Forum las fühlte ich mich schlagartig in die erste Zeit der plötzlichen Erkrankung und den ganzen Ereignissen drumherum zurückversetzt - und ärgere mich sofort auch wieder darüber, wie "unprofessionell" eine Diagnoseüberbringung stattfindet.
Freitag spätnachmittags kommt der Assistenzarzt und nennt den Begriff "Glioblastom". Nie zuvor davon gehört. Bestürzung als deutlich wurde, dass es auf der Skala von I bis IV die IV ist. Meine Frage: werde ich daran sterben? Antwort: Ja. Frage: Wann? Antwort: nicht in den nächsten zwei Wochen! Dann verschwand er in sein Wochenende und ließ mich und meinen Mann in ohnmächtiger Erstarrung zurück. Ach ja, ich solle mich dann am Montag morgen in der Strahlenklinik vorstellen ...
Und ab dann beginnt ein ziemliches Chaos. Zuständig sind nun der Strahlentherapeut, der Onkologe, der Neurologe und der Hausarzt bzw. deren Vertreter und Assistenten. Als Patient muss man dann sehr viel dafür tun, dass der Informationsfluss funktioniert. Ich war zu diesem Zeitpunkt mit meinem frisch operierten Hirn gar nicht in der Lage all das zu leisten. Zum Glück habe ich einen wunderbaren Ehemann, der sich um alles kümmerte.
Und es ist in der Tat so, dass es an den einfachsten Dingen fehlt. Mir hat zum Beispiel kein Arzt gesagt, dass ich kein Auto fahren darf - bzw. der eine Arzt denkt, der andere hat es doch bestimmt gesagt usw. ...
Es fehlt auf jeden Fall an angemessenen Strukturen und/oder Informationsquellen, die besonders in den ersten Wochen nach der Diagnose Hilfestellung leisten und dazu beitragen, die extremen Ängste so weit es möglich ist zu lindern.
Mir persönlich hätte es zum Beispiel schon gut getan, wenn der "Diagnoseüberbringer" zu der sicher schlechten Nachricht auch auf die individuell unterschiedlichen Verläufe bei Hirntumoren hingewiesen hätte.
Nun liegt diese Ersterfahrung schon fast drei Jahre zurück. Mir geht es trotz Glioblastom meistens sehr gut, ich habe in meinem Leben alles rausgeschmissen was mir zuvor nicht gut tat. Habe mittlerweile wunderbare Ärzte gefunden, die mich menschlich und medizinisch fantastisch betreuen, habe eine Psychoonkologin an meiner Seite, die immer hilft, wenn es nötig ist und die Angst wiederkehrt ... Ich habe einen tollen Mann an meiner Seite und weiß eben deshalb, wie schwer es sein muss, allein mit der Erkrankung zu sein.
Ich habe es als sehr segensreich erlebt, bei der Arzt- und Therapiewahl auf mein Gefühl zu hören. Der Onkologe meines Vertrauens ist ca. eine Autostunde von meinem Heimatort entfernt. Dort bekomme ich engmaschige MRT-Kontrollen (alle sechs Wochen) und ich vertraue auf seine Erfahrung und Variationsbreite in Bezug auf die Behandlung von Glioblastomen. Alles in allem ist es immer wichtig, sich umzugucken, was es an Möglichkeiten und Hilfen gibt ... und sich am Leben zu freuen! Trotz oder wegen Diagnose Glioblastom.
Viele Grüße,
Gretha