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kaho

Der Winter naht. Die dunkle Jahreszeit drückt auf's Gemüht. Als Angehöriger möchte ich eigentlich ständig Optimismus und Mut verbreiten. Doch nun habe ich ein echtes Tief.

Obwohl die Krankheit meiner Ma stabil ist, ist mein Leben wie ein mit Schleim gefüllter Luftballon. Solange alles rund läuft, quetsch ich mich überall durch. Aber wehe, der Druck wird zu hoch. Dann bricht gleich alles zusammen und der ganze Schleim bricht hervor.

Was kann ich nur tun? Habt Ihr nicht ein paar Tipps zur Selbsthilfe?
Bitte keine Psychologin - da hab ich schon 4 "verbraucht" mit nur mäßigem Erfolg.

2more

Hallo Kaho,

wie soll ich die Überschrift zu dem Thema verstehen?
Glaubst Du. dass sich Deine düstere Stimmung auf Deine Mutter überträgt?

Ich kann auf Deine anderen Beiträge nicht zugreifen, wurde bei Dir eine Depression diagnostiziert? Oft wird von Depression gesprochen, obwohl es vielleicht eher Traurigkeit ist. So wurde es mir vor 9 Jahren von einer Psychotherapeutin erklärt. Phasen der Traurigkeit können immer wieder auftreten. Eine schwere Erkrankung, die einen selbst oder einen nahestehenden Menschen trifft, bringt das ganze Lebens ins Wanken. Und selbst wenn diese Krankheit stabil ist, so bleibt unterschwellig die Angst vor dem Ungewissen, was passieren könnte, bleibt die Frage nach dem Warum und ob das alles einen tieferen Sinn hat. Alles das ist irgendwie immer da, mal mehr, mal weniger an der Oberfläche.
Ich glaube, Du setzt Dich selbst unter Druck, wenn Du glaubst, ständig Optimismus und Zuversicht gegenüber Deiner Mutter verbreiten zu müssen. Versetze Dich doch mal in Ihre Lage. Vielleicht findet sie es sogar seltsam, dass Du mit ihr nicht über Eure gemeinsamen Sorgen sprichst?
Warum willst Du ihr nicht einfach mal sagen, dass die Krankheit auch Dich sehr belastet und traurig stimmt, dass Du Dir Sorgen um sie machst, weil Du sie liebst?
Bei uns ist es so, dass ich von einem Meningeom betroffen bin. Und irgendwann brach es aus meiner Mutter heraus, dass sie ständig an meinen Tumor denken muss, sich ängstigt und manchmal einfach fertig ist.
Das geschah, als ich wieder einmal meinen schwarzen Humor raushängen ließ.
Lass die Phasen der Traurigkeit und Angst zu, sie sind im Auf und Ab des Lebens mit seinen Schicksalsschlägen normal. Ich glaube, kein Mensch ist ständig glücklich und "gut drauf". Mir sind Menschen suspekt, die immer nur lustig sind...da frage ich mich, welche Mach-die-Welt-Rosa-Pille sie wohl einnehmen.


Alles Gute
2more

kaho

Hallo,
ja, meine Ma leidet unter Depressionen, welche sie erstaunlich gut im Griff hat - aber auch Medikamente dafür nimmt. Doch ich habe das Gefühl, jetzt werd ich auch langsam depressiv.

Vielleicht ist das etwas falsch rüber gekommen. Ich lauf natürlich nicht weltfremd grinsend bei meiner Ma durchs Wohnzimmer.
Ich kann immer nur am Wochenende da sein. An diesen Tagen versuche ich dann, nicht ständig bzw. überhaupt nicht depremiert zu sein.

Mein Pa ist schon sehr depressiv und meiner Ma deswegen leider überhaupt keine Stütze. Im Gegenteil, er weint sehr oft, so dass meine Ma das kaum stemmen kann. Wenn ich dann auch noch anfangen würde, wäre das eine Katastrophe.

2more

Hallo,

ach, jetzt kapiere ich, wo Du schreibst, wie bedrückend die Atmosphäre bei Deinen Eltern ist. Das überträgt sich natürlich auf Dich und lässt Dich sicher auch unter der Woche nicht los. Bekommt Deine Ma psychotherapeutische Unterstützung, Gespräche? Ich weiß, es ist für Tumorpatientin nicht leicht, den passenden Psychotherapeuten zu finden. Vielleicht kann Dir die Deutsche Hirntumorhilfe bei der Suche in Eurer Region behilflich sein.
Ich könnte mir vorstellen, dass auch der gemeinsame Besuch Deiner Eltern bei einer Selbsthilfegruppe erlösend wirken kann, weil dort Menschen in sehr ähnlicher Situation sind und sie merken, dass sie nicht allein sind. Es fällt ihnen vielleicht leichter, sich Betroffenen zu öffnen.
Dass sich das seelische Tief der Eltern an Deinen Wochenenden dort auf Dich überträgt, kann ich nachvollziehen. Der Vater, der ja ständig um seine Frau ist, trägt die Last unter der Woche allein. Aber auch Dich wird die Situation nach den Besuchen weiter ins Grübeln bringen.
Man kann durch Gespräche mit geschulten Fachkräften - Psychotherapeuten - versuchen, die Krankheit und all das, was sie mit sich bringt, anzunehmen. Darüber hinaus gibt es vielleicht auch praktische Tipps, wie der Alltag besser bewältigt werden kann im Haushalt, bei Behördengängen, Arztterminen usw.

LG

GabrielaV

Ich glaube auch, es ist völlig normal, wenn man seine Angehörigen leiden sieht, dass es einen ergreift und nicht mehr loslässt, besonders dann, wenn man sie vom Tod bedroht sieht. Das kann so tiefgreifend sein, dass es zu einer exogenen Depression führen kann.
Eine Depression ist eine richtige Erkrankung. Chemische Prozesse im Gehirn werden fehlgesteuert. Man kommt mit Situationen nicht mehr klar, die zuvor ein Klacks waren oder sogar Routine. Die Wahrnehmung ist gestört, man hat immer den Eindruck, man bekommt nur die Hälfte mit, die Dinge laufen so schnell, dass man sie nicht mehr wahrnimmt. Situationen werden falsch eingeschätzt, Antrieb ist gestört, Appetit kann zuviel oder zu wenig sein. Man bekommt den Hintern vom Stuhl nicht mehr hoch und möchte sich am liebsten im Bett verkriechen bis alles vorbei ist. Probleme wachsen zu Bergen, die einem unüberwindlich erscheinen, der Mut verlässt einen schnell und Tränen fließen zuviel oder bei manchen auch gar nicht mehr. Dazu können auch noch unerklärliche Ängste kommen, zB die Angst aus dem Haus zu gehen, den Job zu verlieren, die Arbeit nicht mehr zufriedenstellend verrichten zu können, Angst vor Menschen und anderen Dingen.
Man kann dem etwas entgegenwirken, indem man sein Leben entschleunigt, dafür öfter an die frische Luft geht, sich basisch ernährt, sich Dingen widmet , die Freude machen , morgends in den Spiegel lächeln, damit das Gehirn ein bisschen austricksen. Äußere positive Einwirkungen haben nachgewiesener maßen auch Einfluss auf das innere Geschehen. Mal wieder ein Buch lesen, statt fern zu sehen, um die Informationsflut zurückzunehmen. Anders gesagt, du musst dich mal wieder um dich kümmern. Es wird auch wieder besser.
(Leider habe ich eigene Erfahrung damit.) Wenn es bei mir gar nicht mehr geht, dann nehme ich vorübergehend auch mal eine Tablette, die vom Neurologen verordnet wurde. In der ersten Zeit der Erkrankung meines Mannes ging es auch nicht ohne, diese Zeit war einfach unerträglich. Aber im Großen und Ganzen komme ich immer bald wieder selbstständig klar. Man darf meiner Meinung nach echte Depressionen nicht unbehandelt lassen, damit sie nicht chronisch werden. Ich bin kein Neurologe, aber ich leide seit meiner Kindheit darunter und sie wurde damals nicht erkannt. Heute habe ich immer wieder Schübe, kurzzeitige Tabletteneinnahmen (ca 2-4 Monate) je nach schwere des Schubes, holen mich heraus und halten mich ziemlich stabil. Dann geht es lange Zeit auch wieder ohne, wobei bestimmte Anlässe wieder Schübe auslösen, aber diese Anlässe können nicht von Tabletten verhindert werden.
Eine Psychotherapie hatte ich auch, aber ich kann die Erfolge nicht erkennen, die sie nach 2 Jahren haben sollte. Bin ich deshalb verbohrt? Ich habe meine Strategie, sie mag nicht in jedem Fall die Richtige sein, aber nur damit komme ich klar.
Finde auch deine Strategie, sie muss nur für dich richtig sein, Hauptsache du kommst klar.

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