Katebeck

Hallo liebes Forum,

Ich wollte meinen Erfahrungsbericht teilen und freue mich über jegliche Anregungen oder Anekdoten von euch.

Ich, weiblich, 30 Jahre, hatte seit 2019 eine merkwürdige Übersensibilität in der linken Handoberseite. Berührungen waren stark irritierend, ich habe einige Jahre stark gekratzt, und vermutete erst Hautprobleme, dann Stress, schließlich einen eingeklemmten Nerv, ließ es aber nie medizinisch abklären, und habe die - mal fast ganz verschwunden, mal wieder stärker fühlbaren - Symptome irgendwann einfach ignoriert.

2023 wurde ich zum ersten Mal schwanger; im zweiten Trimester breiteten sich die Symptome schlagartig auf meinen ganzen Arm und linke obere Körperseite aus. Es war sehr nervig, ich konnte auf dem Arm nicht mehr liegen oder mich zudecken oder bekleiden, und trotz der Wintermonate habe ich grundlos stark geschwitzt. Im 7. Monat bat ich meine Frauenärztin um eine Überweisung zum Neurologen, konnte einen Termin aber erst einen Monat nach der Entbindung wahrnehmen. Erstaunlicherweise hatte ich zu diesem Zeitpunkt stark verringerte Symptome - sensorische Überempfindlichkeit war noch da, aber nach der Geburt hatte sich der Gesamtzustand sehr gebessert.

Beim nachfolgenden MRT mit Kontrastmittel wurde ein etwa 1cm großer intramedullärer Tumor Höhe C3/C4 mit einer sehr sehr weiträumingen Syringomyelie, die fast die gesamte Länge des Rückenmarks durchzog, gefunden. Mein Neurologe war sehr beunruhigt, und empfahl ob des kritisch anmutetenden MRTs eine zügige Abklärung. Er und auch alle Neurochirurgen, die mich behandelten, waren überrascht, dass ich so wenige Symptome hatte - sie vermuteten eher Gangstörungen, Lähmungen, Inkontinenz. Zum Glück habe ich ein geräummiges Rückenmark gehabt. :)

Ich war dennoch natürlich sehr besorgt, insbesondere auch weil der Tumorr so weit oben in der Halswibelsäule lag.Mit jungem Säugling im Arm waren das einige angsterfüllte Gedanken.

Im August diesen Jahres, kaum mehr einen Monat nach der MRT Aufnahme, wurde ich in der Uniklinik Halle operiert; Mein Kind war damals 3.5 Monate alt. Während der OP stellte sich der Tumor überraschenderweise als Hämangioblastom heraus; Vermutet wurden zuvor ein Astrozytom oder Ependymom. Durch die Gefäße dieses Tumortyps, und auch einen stärkeren Verwuchs mit zwei Spinalnerven dauerte die OP statt anberaumter 4 Stunden etwas mehr als 7 Stunden. Trotzdem verlief die OP erfolgreich, und der Tumor konnte vollständig entfernt werden. Am Tag nach der OP war die Syringomyelie bereits stark reduziert. Zwei Spinalnerven, C3 und C5, wurden während der OP durchtrennt, da der Tumor durch sie wucherte.

Der Tumor lag im sensorischen Hinterhorn des Rückenmarks. Nach der OP hatte ich keine motorischen Ausfälle (zum Glück), allerdings hatte und habe ich sensorische Symptome in meiner linken oberen Köroerhälfte. Alles ist sehr überempfindlich und verträgt Berührungen kaum. Leider auch die linke Handfläche, das macht Alltagstätigkeiten ziemlich ... unangenehm. Mit kleinem Baby ist es natürlich einfach keine Option, den linken Arm nicht zu benutzen, und auch das Stillen an der linken Brust ist betroffen. Die genauen Symptome waren sehr unterschiedlich in den ersten Tagen nach der OP, von schmerzhaften Prickeln über Taubheit bis Überempfindlichkeit - jetzt aktuell ist es Überempfindlichkeit, die überwiegt. Ich habe eine 4-wöchige Rehe bewilligt bekommen, und warte aktuell auf ihren Beginn. Ich hoffe, dass sich meine Symptome durch die Reha und evtl auch einfach die Zeit noch verringern werden.

Trotz der bestehenden Symptome kann ich mich kaum beklagen, und schätze mich sehr sehr glücklich. Viele Betroffene in diesem Forum haben weit größere Langzeitschäden nach Rückenmark-OPs.

Am 6. Tag nach der OP habe ich mich entlassen, um zurück bei meinem Kind zu sein. Eine Woche später konnte ich wieder Vollzeit arbeiten (es war Ironie des Schicksals, dass ich keine Elternzeit genommen habe, nun aber doch durch Krankschreibung und Reha viele Wochen nicht arbeite).

Im November habe ich einen Termin in der Humangenetik, um mich auf das Hippel-Lindau-Syndrom testen zu lassen, da das äußerst seltene Hämangioblastom damit assoziiert ist. Die Möglichkeit einer solchen Erbkrankheit, kurz nach dem man ein Kind bekommen hat, macht mulmig. Ich möchte es unbedingt abklären lassen für meine weitere Familienplanung oder etwaige Vorsorge und Gentests für mein Kind.

Ich bin gespannt, wie es weiter geht. Ich hoffe, es bleibt soweit wie irgendmöglich ein Schreckmoment im Rückspiegel des Lebens. Ich freue mich über eure Erfahrungen, über Tipps, oder anderweitigen Austausch.

Viele Grüße,
A.

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