Liebe Anja,
ich bin bereits zweimal an einem Keilbeinflügelmeningeom operiert, ich kann deine Situation voll verstehen. Diese Diagnose, die Zeit vor der Op, es ist schon heftig! Ich will dir von meinen Erfahrungen berichten. Die erste Op war 2010, 8 Stunden, es ist alles gut verlaufen, alles war raus und ich war so froh, dass ich beim Aufwachen auf der Intensivstation gleich meinen Namen wusste, eigentlich klar denken konnte und mit meinem bedrohten Auge sehen konnte. Ich war 10 Tage im Krankenhaus und hatte keinerlei Ausfallerscheinungen. Die grössten Probleme hatte ich mit dem Schlafen, ich kam einfach nicht zur Ruhe, erst nach einem halben Jahr wurde es besser, dass ich 2-3 Stunden am
Stück schlafen konnte. Nach 3 Monaten habe ich mit 3 Stunden über Wiedereingliederung angefangen zu arbeiten, nach 5 Monaten voll. Ich bin selbständig, kann es mir einrichten und habe mich auch dann noch mittags hingelegt.Es hat fast 3 Jahre gedauert, bis ich sagen konnte, jetzt kann ich keine Reserven mehr mobilisieren. Die vollen Kräfte wie vorher kommen eben nicht wieder. Aber ich habe eigentlich weitgehend alles gemacht, die Grenzen merkt man dann schon. Alle körperlichen Anstrengungen sind mir immer in die rechte Kopfhälfte gezogen, also ins Op-Gebiet, Sonneneinstrahlung, kalter Wind bekam mir gar nicht. Taubheitsgefühle ab Oberlippe, Nase, Augenbereich blieben die ganze Zeit bis zur zweiten Op, die ich am 13.2.2015 hatte und die 6 Stunden dauerte und die ich wiederum gut überstanden habe und schon nach 5 Tagen nach Hause durfte. Es war ein Rezidiv, was den Sehnerv abdrückte, vor der Op sah ich noch 16%, jetzt ist das rechte Auge blind, aber damit habe ich gerechnet, doch ich hoffe noch. Ein Rest am Sinus cavernosus mußte bleiben, der wird im Mai bestrahlt. Insgesamt bin ich doch mit meinem Befinden 3 Wochen nach der Op zufrieden. Das Schlafen klappt diesmal besser, ich habe Johanneskrauttee zuhilfe genommen, die Schmerzen hielten sich in Grenzen, ich nehme noch 2 Paracetamol am Tag und die auch die Narbe ist schon wunderbar verheilt. Ausser schwerem Heben mache ich den Haushalt weitgehend schon selbst, ich habe auch Lust zu allem. Ein Spaziergang ist jeden Tag eingeplant, aber natürlich in Begleitung, das schöne Wetter baut doch total auf. Eine positive Einstellung bringt auf jeden Fall was, es nützt ja nichts, immerzu mit allem zu hadern, davon kriegt man das Zeugs im Kopf auch nicht los. Ich hab so ein Glück mit meiner Familie, mein Mann ist immer für mich da, unsere 3 erwachsenen Kinder ebenso und die Enkel machen so viel Freude. Man muss Abstand halten von Leuten, die einem nicht guttun mit ihren Kommentaren und klugen Ratschlägen. (Die läuft doch rum, man sieht doch nichts, die redet doch normal ...) Liebe Anja, also ganz "dieAlte" wird man wohl nicht mehr, aber das heisst nicht, dass das Leben dann nicht mehr schön sein kann. Ist es trotzdem, mit Vielem muss man sich arangieren und auf manches verzichten, was einem nicht bekommt. Vielleicht gibt es auch Fälle, wo alles wird wie vorher! Lass Dich nicht entmutigen, aber sei auch realistisch, was das für ein Eingriff ist. Vertrauen zum Neurochirurgen ist auch ganz wichtig. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Zuversicht, es wird gut! Wenn Du noch irgendwas Konkretes wissen willst, ich antworte Dir gerne, auch in einer PN.
LG Mangold