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Thema: Kind mit Sarkom im Kopf

Kind mit Sarkom im Kopf
SKJ
09.06.2017 21:07:52
Hallo zusammen,
Bei unserer Tochter (4) wurde am 6.4.17 ein Hirntumor festgestellt. Am 5.5.17 wurde dieser komplett entfernt, da gut abgegrenzt gewesen.

Mittlerweile ist die Klinik zu dem Schluss gekommen, dass es sich um ein undifferenziertes Sarkom handeln könnte.
Unsere Tochter leidet postoperativ an vielen Problemen wie Aphasie, Hemiparese, Diabetes insibidus und und..

Die Klinik macht massiv Druck eine Chemotherapie zu beginnen, obwohl der Körper ‚frei von Tumorzellen ist, ansonsten würde unser Kind binnen kurzer Zeit sterben.

Die Ärzte sind der Meinung, dass es nun nur noch um Stunden geht bis hier einer Rezidiv entsteht.
Wir möchten eine Verlaufskontrolle und erst nach kurze Rehabilitierung unserer momentan schwer psychisch und physisch geschädigten Tochter.

Was ich brauche ist eine Einschätzung der Lage, ist Krebs bei Kindern ein „stündlich wachsender Prozess“? Ist ein Hirntumor in der Lage binnen Tagen neu zu entstehen (ist immerhin komplett raus)?
Bitte um Hilfe , die Ärzte erklären uns hierzu nichts , sondern erzählen nur von dem Tod, den wir herbeiführen wenn wir nicht sofort präventiv eine Chemotherapie in hohen Dosen akzeptieren.
Vielen Dank für eure Meinungen.
L.
SKJ
fasulia
10.06.2017 00:34:39
Lieber L.
ich habe den Eindruck euch fehlen gut verständliche medizinische Informationen- die den Begriff "undifferenziert" und "Sarkom bei Kindern" erklären, ich habe daher zwei Seiten herausgesucht,die recht gut und verständlich über beide Begriffe aufklären.

https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/fileadmin/medizinische_klinik/Abteilung_5/docs/patinfo/PatinfoWeichteilsarkom.pdf

https://www.kinderkrebsinfo.de/e9031/e10591/e77084/e66699/index_ger.html

ganz unten auf der Seite von kinderkrebsinfo findest du, den gleichen Artikel als pdf datei zum ausdrucken.

wenn der link gelöscht wird, gib bei der bekanntesten suchmaschine "kinderkrebsinfo weichteilsarkome" ein- da ist es der erste angezeigte Artikel

bei einem "hohen Malignitätsgrad" geht man davon aus,dass nach wie vor Tumorzellen im Körper vorhanden sind, auch wenn man sie mit bildgebenden Verfahren nicht nachweisen kann. Und da die Zellteilungsrate bei Kindern höher ist, weil sie wachsen, teilen sich auch die Tumorzellen in "höherer" Geschwindigkeit.
Seit OP sind inzwischen 4 Wochen vergangen- da "euer" Tumor zwar sehr selten ist (nur 2% der Weichteilsarkome) und im Gehirn liegt, denke ich dass die Ärzte die Verläufe von anderen Weichteilsarkomen hinzuziehen
und damit ihre Empfehlungen begründen.
Außerdem werden in D alle kindlichen bösartige Tumore von einem Referenzzentrum bewertet, die auch die Therapieempfehlungen aussprechen bzw. sagen nach welcher Studie behandelt wird.

Zu Bedenken ist noch, dass die höhere Zellteilungsrate bei Kindern auch das Ansprechen auf die Chemotherapie verbessert.

Doch das "alles" ist keine Garantie, dass eure Tochter nach der Chemotherapie Zeit hat sich zu erholen ...
Es gilt also abzuwägen und zu entscheiden-

hilfreiche Fragen dabei könnten sein:
Ist sie in der Lage die Chemotherapie zu verkraften?was braucht sie damit sie das übersteht? was davon könnt ihr geben/organisieren?
Seid IHR als Eltern in der Lage sie durch die Zeit der Chemotherapie zu begleiten? was braucht IHR dringend damit ihr das durchhaltet?

An welchen Zeitraum denkt ihr bei "kurzer Rehabilitierung"?
Seid ihr bereit auch zu einem Abschied ja zu sagen? weil er sein KÖNNTE ... und wie könnte eine GUTE Zeit für sie ohne Chemotherapie aussehen? im Wissen ihr habt eurer Tochter eine gute Zeit geschenkt.

ich wünsche es euch sehr! dass ihr zu einer Entscheidung gelangt, die ihr tragen könnt ... IHR müsst damit weiterleben, nicht die Ärzte.
fasulia
SpinEcho
10.06.2017 18:39:28
> Die Klinik macht massiv Druck eine Chemotherapie zu beginnen, obwohl der Körper ‚frei von Tumorzellen ist,

Wie wurde diese "Freiheit" denn festgestellt?

Für den Operateur ist eine "komplette" Entfernung etwas anderes als für den Onkologen.

Für den Chirurgen bedeutet "komplett", dass alles, was sichtbar war, entfernt werden konnte. Ob es mikroskopische Absiedelungen, Infiltrate oder im Blutkreislauf zirkulierende Tumorzellen gibt, steht auf einem anderen Blatt.
SpinEcho
SKJ
10.06.2017 22:02:58
es wurde im rahmen des stagings nichts gefunden, ebenso im blutkreislauf, rückenmark, liquor war nichts zu finden. es kommt uns ein wenig wie eine phantomjagd vor.
angenommen wir nehmen chemo/bestrahlung zum jetzigen zeitpunkt in kauf infolge all der konsequenzen die wiederum daraus resultieren. die ärzte würden sich auf die schulter klopfen wenn in 7 monaten nichts zu erkennen ist obwohl bereits zu diesem zeitpunkt ebenfalls nichts zu finden ist.
wäre es vermessen ein eventuelles rezidiv in kauf zu nehmen und dann mit dieser art von behandlung anzusetzen?
SKJ
KaSy
12.06.2017 00:34:00
"... ein Rezidiv in Kauf zu nehmen und dann ..."
Wenn die Ärzte so geraten haben und fasulia hat es nochmal gründlich erklärt ...

Wie soll das Rezidiv rechtzeitig erkannt werden, damit eine Therapie überhaupt noch eine Chance im Wettlauf zwischen Tumorwachstum und seiner Bekämpfung haben kann?!

Wenn es erstmal im MRT sichtbar ist, dann hat es schon derart viele entartete Zellen, dass die Chemotherapie es nicht mehr schaffen kann.

Es müsste vermutlich mindestens wöchentlich oder öfter ein MRT angefertigt werden.

Wenn Ihr wirklich unsicher seid, dann fragt schnell andere Fachärzte, ob sie zum Abwarten raten.

Auf eigene Faust eine von Ärzten dringend angeratene lebenserhaltende Therapie beim eigenen Kind verzögern - das muss sehr gut abgewogen werden.

Ihr braucht Ärzte, denen Ihr bedingungslos vertrauen könnt, weil sie Euch mit Informationen versorgen und mit Euch fühlen.

Vielleicht stellt Ihr dem Arzt die Frage, wie er handeln würde, wenn es sein Kind wäre.

Ich wünsche Euch das Allerbeste!!
KaSy
KaSy
alma
12.06.2017 06:46:15
Hallo SkJ,

ihr müsst euch das so vorstellen: bei einem gutartigen Tumor ist es, als ob man Öl ins Wasser gießt. Die Ölkugeln bleiben begrenzt. Bei einem bösartigen Tumor wie mit Tinte. Sie verteilt sich wie ein Netz im Gewebe.
Die einzelnen Zellen sind durch ein MRT nicht darstellbar. Sichtbar erst so ab 2 mm.
Das führt zu der gespenstischen Aussage, dass etwas da ist, das sich noch nicht blicken lässt. Folglich kann man auch nicht operieren, aber Chemo und Strahl kommen besser daran.
Es wäre ein Zeitgewinn, aber ohne Garantie, da die Nebenwirkungen dann eine große Rolle für die Lebensqualität spielen. Und es lässt sich kaum im Voraus sagen, wie die ausfallen.
Seid ihr in einer pädiatrischen Neurochirurgie? Wenn nicht, würde ich mir da eine Zweitmeinung suchen.
Es ist wichtig, dass ihr das Nötige getan habt, um die beste Entscheidung zu treffen.

LG, Alma
alma
Aziraphale
12.06.2017 08:55:50
Natürlich ist es euer gutes Recht als Eltern, zu entscheiden, was gemacht wird. Ich denke, alle hier haben ihr Möglichstes getan, hierbei etwas Informationen zu geben, damit diese Entscheidung auf etwas breiteren Füssen steht. Aber: niemand hier muss diese Entscheidung fällen und mit den Konsequenzen leben. Und niemand hier muss die Verantwortung tragen.

Die Frage an den Arzt, was er tun würde, wenn es sein Kind wäre, ist schon mal ganz gut. Allerdings, wenn es ein guter Arzt ist, und davon gehe ich aus, bleibt er bei seiner Empfehlung. Einer Empfehlung, der ich folgen würde, wäre es mein Kind (ich habe einen Sohn, 7 Jahre alt). Denn nüchtern betrachtet gibt es 2 Herangehensweisen:

1. Die Chemo durchführen, mit 2 möglichen Folgen: erfolgreich oder nicht.
2. Keine Chemo, warten auf ein Rezidiv: wird eher nicht erfolgreich sein, den es kommt eins. Ob eine Behandlung dann noch einen Erfolg bringen könnte ist sehr fraglich, weil dann mit Sicherheit viel mehr Tumorzellen im Körper unterwegs sind.

Wenn es euch um die Lebensqualität geht, in dem Wissen, dass euer Kind sterben wird, ist 2. eine Alternative.
Wenn ihr kämpfen möchtet allerdings eher nicht. Ja es gibt keine Garantie, dass sie geheilt wird, die gibt es für keinen Betroffenen hier. Aber es gibt Erfahrungen, und da haben die Ärzte mehr, als wir alle zusammen hier.

Und wenn Ihr den Ärzten nicht vertraut, stellt Euch mal folgende Frage: "Was hat der Arzt davon, mein Kind mit Chemo vollzupumpen?" "Was hat er davon, uns zur Chemo zu drängen?"

Ich wünsche Euch viel Kraft. Kraft, das alles durchzustehen, Kraft, die "richtige" Entscheidung zu fallen. Und ich wünsche Eurem Kind, dass es noch ein langes, beschwerdefreies Leben vor sich hat.

lg Katja
Aziraphale
SKJ
19.06.2018 23:43:07
Hallo zusammen,

nun ist viel Zeit vergangen, aber wir möchten nochmal abschliessend "Danke" sagen für die vielen hilfreichen Kommentare, die uns vielleicht auch damals etwas die Augen geöffnet haben.

Wir haben mit unserer Tochter die Intensiv-Chemo und eine Bestrahlung durchgezogen, und bis dato ist alles sauber bei ihr.

Mittlerweile ist sie 5 und steht wieder recht gut im Leben und geht ab September wieder in den Kindergarten.

Viele Grüße,
SKJ
SKJ
Fabi
20.06.2018 09:18:26
@SKJ

Na so startet man doch gerne in den neuen Tag. Tolle Nachrichten :-D
Egal wie ihr euch entschieden habt. Es war das richtige, weil ihr es als das richtige gesehen habt ;)

Lg Fabi
Fabi
fasulia
20.06.2018 11:32:19
"Wir haben mit unserer Tochter die Intensiv-Chemo und eine Bestrahlung durchgezogen."

Chapeau! da habt IHR viel geschafft!
fasulia
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