Hallo ihr Lieben,
mir wurde vor einem Monat ein Astrozytom III rechts parietal entfernt. In dieser Woche beginnt die Strahlen-Cheomtherapie mit Temodal. Gleich nach der OP haben meine Frau und ich geheiratet, wodurch sich unsere Beziehung nochmals richtig intensiviert hat. Körperlich geht es mir weitestgehend ausgezeichnet. Meine Frau kümmert sich rührend um den ganzen organisatorischen Kram und ist mir eine wichtige Stütze bei den vielen Arztterminen, da ich doch etwas unkoordiniert und vergesslich bin. Danke, mein toller Liebling!
Den Heiratswunsch hatten wir schon seit über einem Jahr, nun ist auch noch ein Kinderwunsch hinzugekommen. Der war bei mir nie besonders ausgeprägt, bei meiner Frau hingegen schon. Ich hatte früher eher die Einstellung, dass ich ein Kind wahrscheinlich toll fände, sobald es denn da wäre. Es war immer die Grübelei, ob es mein Leben einschränken könnte, die mich von einem eindeutigen Wunsch abhielt.
Nach der Diagnose und der OP bin ich aber umso verunsicherter. Auf der einen Seite sehe ich in einem Kind den Sinn des Lebens, und meine Frau wird trotz meines Tumors noch mehr darin bestärkt ein Kind zu bekommen. Ich denke nun aber auch realistisch und weiß, dass ich irgendwann eine Witwe und einen Waisen hinterlassen werde, die sich mit größeren Einschränkungen durchschlagen müssen. Ich habe keine Risiko-Lebensversicherung und mache mir Vorwürfe, dass ich dann beide gerade mal ansatzweise ausreichend versorgt hinterließe. Überhaupt macht mich der Gedanke, Frau und Kind alleine zu sehen unfassbar trauriger, als mein eigenes Schicksal.
Okay, es gibt jede Menge alleinerziehende Mütter, die ihr Leben bravourös meistern, und auch meine Frau kann arbeiten gehen und bräuchte wohl keine Miete zu zahlen aber ich spüre inzwischen ein bisher nie gekanntes Verantwortungsbewußtsein, dass mir einen sehr starken Versorgungswunsch aufbürdet, obwohl meine Frau das viel lockerer sieht und vor allem überzeugt ist, dass ein Leben ohne mich viel besser zu ertragen sein, wenn sie ein Kind von mir hätte.
Wir haben letzte Woche begonnen, meinen Samen einfrieren zu lassen (Kryokonservierung in einer Kinderwunschklinik), damit eine Befruchtung mit gesunden Spermien ohne den Einfluß der schädigenden Chemo möglich wäre. Allzu lange Bedenkzeit haben wir aber nicht, da die Fruchtbarkeit meiner Frau durch einen anti-Müller-Hormonwert eingeschränkt ist. Die Ärzte meinten, dass eine Befruchtung möglichst noch in diesem Jahr stattfinden sollte, da nicht mehr besonders viele Eisprünge zu erwarten seien.
Ichnwürde einfach mal gerne ein paar Meinungen zu diesem Thema einholen, weil unsere Freunde und Familien momentan eigentlich alles blindunterstützen, was ich mir ausdenke. Selbst wenn ich jetzt einen Motorradführerschein machen würde und Renne fahren wollte, hätte ich außer von meiner Frau mit wenig Gegenwehr zu rechnen.
Was meint ihr? Ist es verantwortungslos, in dieser Situation ein Kind in die Welt zu setzen?