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Tulip

Die Entwicklungen beim Glioblastom führen ja häufig zu Sprachausfällen und weiteren Veränderungen. Wie ist das? Spürt das der Betroffene direkt?Registriert man, was u. U. plötzlich nicht mehr geht? Wie nehmt Ihr das war, Betroffene wie Angehörige?

mona

Hallo,
ich bin zwar noch am Anfang des Glioblastoms aber habe schon Begleiterscheinung die immer mehr werden und dazu gehören.Mich frustriert es in manch Situationen.Ich bekomme es mit ,oft später wie Angehörige oder Ausenstehende ...

Lg mona

ALLES ist positiv und negativ....

Efeu

Hallo Tulip,
ich hab zwar nur ein Meningeon, aber zunehmende Spätfolgen der Bestrahlung, u.a. auch Sprachstörungen, mittelgradige kognitive Störungen u.a.m. Ja, ich bekommen das voll mit, beim Sprechen ganz klar: Ich will was sagen und es kommt kein Wort raus oder ich stottere. Das sind Momente, Phasen, manchmal fast einen ganzen Tag lang. Kann es nicht steuern, überwinden, auch wenn ich mich bemühe. Das ist so was von entsetzlich, ich fühle mich dann so hilflos, verzweifelt, will was sagen und kann es nicht. Die kognitiven Defizite sind wie Löcher, in die ich unerwartet reintappe. Manchmal kann ich das gut wegstecken, manchmal erwischt es mich voll, dann laufen mir die Tränen vor Wut und Enttäuschen und Entsetzen. Bin das noch ich? Dass ich nicht mehr weiss, was wir besprochen haben, was ich gesagt habe!!!!, was in den letzten Stunden war, oder dass ich Menschen nicht mehr erkenne, oderoder. Es ist ein ständiges Ringen mit mir selbst, mich zu akzeptieren, so wie ich nun bin, auch wenn ich mir soooo fremd geworden bin, dass ich es manchmal nicht weiss wie aushalten.
Schwierig finde ich, fair gegenüber meinem Mann zu bleiben, dass er meinen Frust nicht abbekommt. Er trägt alles mit, auch meine Wesensveränderungen, dass ich keine Nähe mehr ertrage, viel alleine sein muss, weil ich sonst kognitiv Amok laufe, nicht mehr unter Menschen gehe deswegen.
Mich also immer wieder kritisch hinterfragen: Um was geht es wirklich? Denn es ist leichter, den Frust an einem anderen raus zu lassen, aufgehängt an einer Unwichtigkeit, einfach abzulenken - als zu sich zu schauen und es zu sich zu nehmen, dass es mein Thema ist und nur mit mir zu tun hat, und dieser sch... Krankheit.
Was es für uns braucht, ist viel reden, immer und immer wieder, beschreiben, er und ich. Sonst wird die Krankheit ein riesiger Berg zwischen uns und wir verlieren uns.
Es ist einfach nichts mehr selbstverständlich, das ist anstrengend.

Ich vermute, in wie weit Betroffene diese Störungen wahrnehmen, hängt auch von der Bereitschaft zur Selbstreflexion und dem kognitiven Gesamtzustand ab.

Efeu

Schnupfel

Ich gehe davon aus, dass der Betroffene es sehr wohl spürt und mitbekommt. Doch es ist nicht immer einfach sortieren zu können, was da wie genau passiert.
Das Glioblastom ist ein Tumor des Zentralen Nervensystems. Und der 'Hauptnervenstrang' geht am Knochenmark die ganze Wirbelsäule lang in alle Regionen des Körpers.

Die Betroffenen können manchmal gar nicht sofort den Ursprung ausmachen...Man Mann meinte immer wenn er nur wollte, wäre das Laufen gar kein Problem.....die Beine waren in Ordnung aber die Nervenbahnen die dafür "zuständig" waren haben es immer mehr "verhindert".
Sich darüber klar zu werden und zu registrieren, dass viele nützliche Funktionen des Körpers abhanden kommen- auf die "Gesunde" im Alltag überhaupt nicht achten weil sie automatisch ablaufen - ist auch eine harte 'Arbeit' und belastet seelisch enorm.

Da sollte man dann auch vorsichtig werden - ich musste das auch erst lernen - wenn man zu "Übungen" motivieren will. Sicher immer gut gemeint aber eben nicht immer richtig.

GabrielaV

Oh je, das kann ich gut verstehen. Doch ist nicht nur der Betroffene hilflos auch der , der da steht und nicht weiß, was derjenige meint und wie man ihm helfen kann. Ja, das ist in der Tat furchtbar und frustrierend. Ich bin um so mehr erstaunt, dass du dich hier so gut artikulieren kannst. Das kann mein Mann gar nicht mehr, selbst die einfachsten Sätze sind ein Problem für ihn.
Er ist so lieb und so hilfsbereit und geduldig. Schei.... das tut weh.
Irgendwann muss ich darauf achten, dass seine Bedürfnissen bewahrt bleiben, auch wenn er sie nicht äußern kann, das stelle ich mir schwer bis unmöglich vor. Dann wird die Empathie auf die Probe gestellt. Kenne ich ihn gut genug , um zu erfassen, was er braucht?
Das macht mir Angst. Ich will einfach nur, dass es ihm gut geht, oder so gut, wie nur möglich. Wie macht man das?
LG agbriela

Fledermäuse

Bei meiner mutter gab es vor 2 Wochen eine schnelle Verschlecherung des Sprechens. Auf Fragen verwechselt sie sogar ja und nein, vergisst ganz schnell, was sie sagen wollte und findet Wörter nicht. Es geht mal besser und mal schlechter, nach Tagesform.
Ich bin seit 2 Montaen mit kleineren Unterbrechungen bei ihr und eigentlich kriegen wir das ganz gut hin mit der Empathie und dem Erraten, was sie will. Wir nehmen es auch oft mit humor und lachen viel.. z.B. wollte sie einmal unbedingt stocken, stocken, stocken
und wir standen eine Weile ratlos da... bis klar war: Sie brauch ihren Stock! und alle haben gelacht.
Ich denke auch, mir hilft es, dass gerade mein eigenes Kind sprechen gelernt hat und ich einfach sowieso drin bin in dem Modus, zu erraten, was es nun will.

Es ist natürlich schwer zu akzeptieren, dass wir unsere Mutter viele wichtige Dinge nicht mehr fragen können. Vielleicht wird es auch wieder besser... vielleicht auch nicht... es kommt mir vor wie ein langsamer Prozess des Loslassens Stück für Stück.

Ein Rat für alle, die noch sprechen können: sprecht alles aus, was wichtig oder unwichtig sein könnte... redet auch über das, was nach dem Tod passieren soll, falls es Wünsche gibt. Wenn nicht jetzt, dann geht es später vielleicht nicht mehr ):

Und genießt die Zeit.

Tulip

Hilft Papier in solchen Momenten? Zum Aufschreiben oder Malen, oder geht das (parallel) auch nicht mehr? Auf Dinge zeigen?
Ich würde vermutlich verzweifeln, wenn ich mich nicht mitteilen kann und es spüre, dass es nicht geht. Ich habe es einmal im Rahmen einer Migräne erlebt, dass andere Wörter aus dem Mund kamen als die Gewollten, das allein war schon verstörend.

Efeu

Mir hilft Papier in so einem Moment, wenn ich gefasst genug bin. Oft bin ich so verzweifelt, dass ich es lieber lasse und warte, bis ich wieder Wörter raus kriege - wenn es vorübergehend ist. Wenn es länger anhält, schreib ich, fühlt sich aber schrecklich an, für mich, bin dann so verzweifelt, dass es so ist. Und für meinen Mann ist es auch schwierig, er ist genauso hilflos wie ich. wenn man nicht miteinander sprechen kann....

GabrielaV

Bei uns hilft Papier nicht. Mein Mann findet das Wort nicht, dann kann er das auch nicht aufschreiben. Manchmal errate ich auf Anhieb, was er meint, dann wieder sage ich er soll ein ähnliches Wort suchen, hilft aber auch nicht immer.
Wir können keine tiefgründigen Gespräche mehr führen. Das Alltagsgeschwätz ist schon schwierig. Manchmal schreibt er was auf den Einkaufszettel und wenn ich es mitgebracht habe, fragt er was ich damit will. Er meinte was anderes, wie soll ich das erraten. Naja, da hab ich auch schon gelacht, es ist einfach lustig für den Moment.
Die Phasen sind nur immer so lang 7-8 Stunden. Seit Dienstag ist es nicht mehr passiert, er bekommt jetzt Cortison, das hilft offenbar etwas. Zumindest sein Allgemeinzustand noch gut.
Naja, letztlich muss man ja nehmen was kommt.
Also nehmen wir, was wir kriegen.
LG Gabriela

Tulip

Und in welcher Phase ist das losgegangen?

GabrielaV

Vergangenen Sonntag und Dienstag hatte er die ersten kompletten Sprachausfälle, jetzt bekommt er Cortison, das scheint zu helfen, er hat erhebliche kognitive Störungen, sein Schriftbild hat sich verändert, er kann sich nichts mehr merken, fragt mehrmals dasselbe und Konzentration ist sehr schlecht. Er spricht meistens das Wort aus, das ihm gerade noch im Kopf herumgeistert. Entweder das ich gerade gesagt habe oder er selber. Und meint doch was ganz anderes. Ich erfasse es manchmal nur aus dem Kontext und frage dann, hast du dies oder jenes gemeint?
Doch auch in den letzten Wochen gab es schon Sprachstörungen, nur nicht so oft und so heftig.
Der große Mist war und ist, dass alle seine Fachärzte gerade im Urlaub sind, ich hatte nicht schnell genug Hilfe. Die andere Seite, die Ausfälle kommen so oder so, ich hatte nicht so schnell damit gerechnet.

Piazzolla

Mein Mann kann, bis auf ein paar Wörter, gar nicht mehr sprechen. Und ja und nein verwechselt er auch noch manchmal. Er hat einen Sprachcomputer, der ist allerdings nur eine Notlösung. Wenn ich mal nicht dabei bin, dann kann er wenigstens mit Hilfe des Sprachcomputers seinen Namen, Geburtsdatum und Wohnort sagen und an was er erkrankt ist.
Den Sprachcomputer hat er seit letztem Jahr. Es war sooo schwierig, das Ding einzurichten. Sind immer noch nicht fertig. Und manchmal kann er ihn nicht benutzen, aber der Computer gibt ihm aber immerhin ein Gefühl der Sicherheit und allein deswegen ist es ein gutes Hilfsmittel.

Alles nicht einfach....
LG

Tulip

Liebe alle,

Vielen Dank für Eure Mitteilungen.
In welcher Phase hat das jeweils begonnen?

Ich werde schon nervös, wenn es manche Wiederholungen beim Sprechansatz gibt, also wie eine Doppelung eines Wortes, wie man es ja manchmal im Gespräch tut, also z B so so....weil man dann weitersucht nach dem richtigen Ausdruck. Das war damals vermehrt, bevor es los ging...
aber das mag allenfalls ein Symptom sein. Kam das bei Euch mit oder nach Rezidiv oder unabhängig davon? Und wenn ich es richtig sehe, kann das durchaus tagesabhängig sein und zwischendurch wieder weggehen, richtig?

Lg

Piazzolla

Bei meinem Mann fing das nach der OP schon an, da der Tumor am Sprachzentrum lag. Durch die Bestrahlungen und die 51 Chemos wurde es schlimmer. Gar nichts mehr ging nach der Herpes Enzephalitis. Danach sehr mühsam wieder mit Hilfe der Logopädin etwas gelernt, dann wieder alles weg. So ging das dauernd. Letztes Jahr dann das Rezidiv und nach der Biopsie ging gar nichts mehr.
Wir haben gelernt damit zu leben. Verdammt schwer und nervenaufreibend. Es ist ein Dauerzustand. Leider.
LG

frida88

Ich habe die gleichen Probleme, das Sprechen ist immer problematisch, vor allem, wenn ich schon länger unterwegs und müde bin. In den ganzen 15 Jahren habe ich aber gelernt, damit umzugehen. Es ist für mich besser, ein Gegenüber zu haben, denn schon mit der Mimik kann man ja etwas ausdrücken; wenn ich telefonieren muss, schreibe ich mir zuerst alles Wichtige in ein kleines Buch, das immer in meiner Handtasche liegt.
Die Wortfindungsstörungen tauchen immer dann auf, wenn ich sie nicht brauche...manche Sachen muss ich kurz mal bei Google eingeben, dann finde ich ähnlich lautende Worte, aber nicht das, was ich eigentlich suchen will.
LG

mona

Hallo,
manchmal fallen mir mitten im Satz die worte nicht ein obwohl sie gedanklich da waren,oder wenn ich ein am telefon habe der dann ungehalten wird verschlimmert es das mir die worte oder der ausdruck nicht gelingt.das ärgert mich dann...bei mir ist es sehr vom Nachtschlaf,Stress(negativ) und Informationsüberflutung die das dann verschlechtern und dann habe ich soviele gedanken im kopf was ich alles erzählen mag und dann kommt vieles durcheinander ,ich in bemüht dann sortiert und überlegter bei der Sache zu bleiben.Es gelingt mir mal mehr und mal weniger gut.
Dann gibt es Tage wo ich wenig rede...ich bin von haus aus eine quasselstrippe

Dann ist es wieder ,das jeder seinen weg finden muss ....was den einem hilft,hilft dem anderen nicht....

Lg mona

ALLES ist positiv und negativ....

Aziraphale

Bei meinem Mann ist das formabhängig. Müdigkeit, spät abends, weniger reden ist dann besser. Früh bis Mittags ist alles gut. Und es ist stressabhängig und davon abhängig, mit wem und aus welchem Grund er redet... "Freies" Reden mit Menschen, die er kennt ist überhaupt kein Problem. Gespräche mit unbekannten Ärzten, Ämtern usw. sind da schon ein größeres Problem. Es ist bei ihm auch kein Zeichen von Veränderung, es hat denk ich viel mit Stress und Müdigkeit zu tun. Genauso hat er manchmal Phasen erhöhter Aggression (verbal), die kommen, bleiben ein paar Tage und gehen - meist nach einem Streitgespräch - wieder. Manchmal ist er leicht eingeschnappt, wenn ich was sage, aber in der Regel nur sehr kurz, ich glaube, dass er das wirklich schnell wieder vergisst.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob manches davon nicht auch mit den Medikamenten zusammenhängt.
Vieles war schon schlimmer, neben das Messer greifen, solche Dinge z.B.
Ich würde sagen, sein Zustand ist leicht besser werdend mit leichten Schwankungen.
Er macht seit 2,5 Jahren Ergo, das hilft ihm ungemein.

LinaK

Bin Ostern operiert, dann Radio-Chemo, jetzt Chemo. Ich merke schon, dass mir immer wieder mal die Worte fehlen. Ich denke mangsamer. Meine Handschrift ist viel ungelenker als vorher. PC geht, aber wenn ich etwas abschreiben will, muss ich nach der Hälfte des Satzes oft schon wieder nachgucken, was ich schreiben wollte. Nervt oft. Wenn ich müde bin, ist es schlimmer..
Natürlich könnte das auch noch übler werden. Ich glaube, ich muss mir noch eine Portion Galgenhumor zulegen...
Grüßle Lina

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