Dresdner
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Glioblastom: Korrelation zwischen Geruchssinn und Prognose
Autor: Dr. Melanie Klingler (Medizinjournalistin)
Stand: 05.02.2020
Beim Glioblastom ist bisher eine Biopsie nötig, um eine Prognose für den Verlauf der Erkrankung nach Diagnose stellen zu können. Unter Umständen könnte die Riechfunktion zukünftig ein Biomarker für das Überleben von Hirntumorpatienten sein.
Hintergrund
Gliome zählen zu den seltenen Erkrankungen. In etwa der Hälfte der Fälle wird die bösartigste Form, das Glioblastom, diagnostiziert. Die Folgen für die Betroffenen sind schwerwiegend, eine Heilung ist bisher nicht möglich und die durchschnittliche Überlebenszeit liegt im Durchschnitt bei 15 – 20 Monaten.
Um eine Prognose für den Verlauf der Erkrankung nach Diagnose stellen zu können, ist eine Gewebeprobe nötig. Diese kann operativ entnommen werden und erfüllt somit diagnostische und therapeutische Zwecke gleichzeitig. Außerdem ist auch eine stereotaktische Biopsie möglich.
Eine Riechstörung oder Dysosmie – als Oberbegriff für Störungen der olfaktorischen Wahrnehmung – tritt bei verschiedenen neurologischen Krankheitsbildern, z.B. bei Parkinson, auf. Ob eine Dysosmie auch bei Patienten mit Glioblastom auftritt, wurde bisher noch nicht untersucht.
Zielsetzung
In einer Pilotstudie untersuchten Wissenschaftler um Dr. Sied Kebir von der medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen die Rolle des Geruchssinns bei Patienten mit Glioblastom als prognostischen klinischen Faktor [1].
Methodik
In einer prospektiven Fall-Kontroll-Studie wurde das Riechvermögen bei 73 Patienten mit primärem Glioblastom zu Studienbeginn, während der Erstlinien-Therapie und bei späteren Follow-ups untersucht. Die Kontrollkohorte bestand aus 49 Patienten mit neurologischen Erkrankungen, aber ohne solche, die den Geruchssinn beeinflussen.
Entsprechend den Testergebnissen wurden die Teilnehmer der Hyposmie- oder Normosmie-Gruppe zugeordnet. Zusätzlich wurde eine Analyse mittels MRT durchgeführt, um zu beurteilen, ob der Tumor im Bereich der olfaktorischen Leitungsbahnen lokalisiert war.
Ergebnisse
Bei Probanden mit einem Glioblastom trat wesentlich häufiger eine Störung des Geruchssinns auf als in der Kontrollgruppe (p = 0,003). Die Lokalisation des Tumors korrelierte nicht mit einer Hyposmie, da keine relevanten Unterschiede im MRT bezüglich der Beteiligung der olfaktorischen Bahnen zwischen der Hyposmie- und Normosmie-Gruppe auftraten (p = 0,131).
Bei Patienten mit einer Hyposmie waren das Gesamtüberleben (Overall Survival [OS]) und das progressionsfreie Überleben (Progression-free Survival [PFS]) signifikant schlechter im Vergleich zu Patienten mit einem unveränderten Geruchssinn (medianes OS 20,9 vs. 40,6 Monate, p = 0,035; medianes PFS 9 Monate vs. 19 Monate, p = 0,022).
In einer multivariaten Analyse bei Patienten ohne Beteiligung der olfaktorischen Bahnen im MRT zeigte sich der erhaltene Geruchssinn als unabhängiger prognostischer Faktor für das OS (Hazard Ratio [HR] 0,43; p = 0,042) und das PFS (HR 0,51; p = 0,049).
Fazit
Die Ergebnisse der Studie zeigen erstmals einen Zusammenhang zwischen einer olfaktorischen Dysfunktion bei Patienten mit Glioblastom und einer schlechteren Überlebenszeit.
„Jetzt konnten wir erstmals zeigen, dass die Riechfunktion ein sogenannter Biomarker für das Überleben von Hirntumorpatienten sein kann“, „Patienten, die eine Riechstörung entwickeln, haben eine schlechtere Prognose. Und dies anscheinend ganz unabhängig von der Lage des Tumors“, ergänzt ein Professor vom Deutschen Krebskonsortium (DKTK).
Die Autoren der Studie merken an, dass die Validierung der Ergebnisse in einer unabhängigen Kohorte nötig sei.