Thorsten[a]
14. Mai 2001
Neues Mittel hilft gegen Magentumor
Ein Medikament, das in den USA gerade zur Behandlung von Leukämie zugelassen wurde, wirkt offenbar auch bei anderen Krebsarten. Es konnte Patienten mit einem Magentumor helfen, der als unheilbar gilt.
Als Mittel gegen eine bestimmte Form der Leukämie wurde es von Medizinern bereits hoch gelobt, doch es kann offenbar noch mehr: Glivec, das am vergangenen Donnerstag von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA für die Behandlung der Blutbildungskrankheit zugelassen wurde, wirkt anscheinend auch bei Patienten mit einem seltenen Magentumor. Erste viel versprechende Ergebnisse wurden am Sonntag auf einem Treffen der American Society of Clinical Oncology vorgestellt.
Glivec, auch als STI-571 bekannt, wurde ursprünglich als Medikament gegen die so genannte chronisch myeloischen Leukämie entwickelt, an der etwa jeder vierte Leukämie-Patient leidet. Ist eine Transplantation von Knochenmark unmöglich, müssen Ärzte oft eine Chemotherapie anwenden, die jedoch neben erkrankten auch gesunde Zellen zerstört. Glivec dagegen wirkt gezielter: Es blockiert das Enzym Tyrosinkinase, das die unkontrollierte Vermehrung von weißen Blutkörperchen bei Leukämie-Kranken verursacht.
Von einem ähnlichen Effekt können offenbar auch manche Patienten mit einem Magentumor profitierten. Ein Team um Charles Blanke von der Oregon Health Sciences University hatte das Medikament an 86 Patienten mit einem so genannten gastrointestinalen Stromatumor (GIST) getestet. In 59 Prozent der Fälle führte Glivec zu einer deutlichen Verbesserung des Zustands, berichtete der Arzt. Auch Monate nach dem Beginn der Behandlung schien der Tumor nicht weiter anzuwachsen.
Gastrointestinale Stromatumore sind zwar selten, gelten aber als unheilbar und führen meist innerhalb eines Jahres nach der Diagnose zum Tod. "Dies ist die erste effektive nicht-operative Therapie gegen GIST, eine Krebsart, die sich in der Vergangenheit als resistent gegen Chemotherapie und Bestrahlung erwiesen hat", erklärte Blanke vor Teilnehmern des Kongresses.
Dennoch warnte der Arzt vor allzu hohen Erwartungen. Glivec hätte bei einigen GIST-Patienten keine Wirkung gezeigt, zudem sei noch nicht bekannt, ob die Krebszellen nach längerer Zeit Resistenzen gegen das Medikament entwickeln können. Außerdem hatte das Mittel bei manchen Patienten zu schweren Nebenwirkungen wie inneren Blutungen geführt, so dass die Behandlung abgebrochen werden musste.
Überdies rätseln Blanke und seine Kollegen noch, in welchen Dosen und wie lange das Medikament verordnet werden sollte. "Ist es wie bei den Diabetikern, die Insulin für den Rest ihres Lebens nehmen müssen?", fragt sich der Arzt. Wenn das der Fall ist, könnte die Therapie teuer werden: Wie die "New York Times" berichtet, kostet die Behandlung mit dem vom Pharmakonzern Novartis hergestellten Medikament im Monat bis zu 2400 Dollar.
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