Das ist durchaus ein interessanter Ansatz, der auch schon von Forschern in ähnlicher Form im Tierversuch erprobt wurde.
Hier ist ein Fachartikel dazu vom Februar 2019:
https://medicalxpress.com/news/2019-02-breakthrough-device-llures-aggressive-brain.html
Kurz:
Unter der Annahme, dass sich Glioblastomzellen entlang der Nervenbahnen im Gehirn ausbreiten können, versuchte man, diese Ausbreitung gezielt mit Hilfe künstlichen Gewebes zu steuern.
2014 gab es dazu die erste Veröffentlichung basierend auf einer Tierversuchsreihe.
Ein künstliches Gewebe, welches die Eigenschaften der weißen Hirnmasse aufweist, und so wie Nervenbahnen/-fasern ausgerichtet ist, wurde über einen, mit einem externen Reservoir verbundenen, speziellen Katheter bis ins Tumorgewebe ins Hirn von Ratten eingeführt, und verblieb dort eine Zeit lang.
Die Beobachtungen im Tierversuch zeigten, dass die Tumorzellen entlang dieser falschen künstlichen Nervenbahnen in den externen Behälter migrieren konnten.
Den Tumorzellen wird gewissermaßen vorgegaukelt, dass es sich um ein gesundes, körpereigenes Gewebe handelt, welches von den Zellen infiltriert werden kann.
Die Hoffnung war, die Wachstumsrichtung und die Ausbreitung der malignen Zellen indirekt lenken zu können.
Sobald die Zellen das externe Reservoir besiedelt haben, kann es entleert oder ausgetauscht werden, so dass ein "frischer" Vorrat an verfügbarem künstlichen Gewebe für weiteres Wachstum zur Verfügung gestellt werden kann.
Insgesamt zeigte sich eine Reduzierung der Ausbreitung im körpereigenen Hirngewebe, und .z.T. sogar eine Verkleinerung des Ursprungstumors um bis zu 90%.
Seit der ersten Veröffentlichung wurden die Tierversuchsreihen von der Forschergruppe mehrfach wiederholt, und die Ergebnisse konnten reproduziert werden.
Laut dem Artikel war ein Antrag auf Zulassung durch die FDA für den Einsatz in Studien am Menschen für Ende 2019 geplant. Wie der aktuelle Stand der Dinge ist, ist unklar.
Da es sich aber bisher nur um Tierversuche handelte, ist davon auszugehen, dass noch viele Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte weiterer Forschung notwendig sind, bevor man aussagekräftige Ergebnisse zum Einsatz in der Humanmedizin erwarten kann.
Für die heutigen Betroffenen ist es also keine Option, aber es ist sehr interessant zu verfolgen, welche Wege die Forschung nimmt, und was in Zukunft mögliche Ansätze bei der Therapie sein könnten.
(Anjana Jain et al.; Guiding intracortical brain tumour cells to an extracortical cytotoxic hydrogel using aligned polymeric nanofibres;
Nat Mater. 2014 Mar;13(3):308-16.; PMID: 24531400)
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24531400
Übersetzung des zweiten Links,
Abstrakt der Veröffentlichung von 2014 (Danke an die Mods/Admins):
"Das Glioblastoma multiforme ist ein aggressiver, invasiver Hirntumor mit einer schlechten Überlebensrate. Die verfügbaren Behandlungen sind unwirksam und einige Tumore bleiben aufgrund ihrer Größe oder Lage inoperabel. Es ist bekannt, dass die Tumore in die weiße Substanz eindringen und entlang der weißen Substanz und Blutgefäße wandern. Hier nutzen wir diese Eigenschaft des Glioblastoma multiforme aus, indem wir auf Polycaprolacton (PCL) basierende Nanofasern für die Invasion von Tumorzellen und damit für die Wegführung der Zellen von der Primärtumorstelle zu einem extrakortikalen Ort entwickeln. Diese extrakortikale Senke ist ein Cyclopamin-Drogen-konjugiertes Hydrogel auf Kollagenbasis. Wenn ausgerichtete PCL-Nanofaserfilme in eine PCL/Polyurethan-Trägerleitung in der Nähe eines intrakortikalen menschlichen U87MG-Glioblastom-Xenotransplantats eingebracht wurden, wanderte eine signifikante Anzahl von menschlichen Glioblastomzellen entlang der ausgerichteten Nanofaserfilme und durchlief die Apoptose im extrakortikalen Hydrogel. Das Tumorvolumen im Gehirn war nach der Insertion der ausgerichteten Nanofaser-Implantate im Vergleich zur Anwendung von glatten Fasern oder keinen Implantaten signifikant geringer."