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manu 61

Hallo,
bei unserem Sohn (damals 26 jahre) wurde vor über 2 Jahren durch Zufall ein Hirntumor festgestellt. Zuerst stellten die Ärzte das als harmlos dar und hielten sich mit Informationen sehr zurück. Bei einem Kontroll MRT wurde dann ein Wachstum festgestellt. Es erfolgte eine Biopsie mit dem Ergebnis Astrozytom II. Da es dazu keine weitere Erklärung gab, habe ich dann doch das Intenet zu Rate gezogen. Die Informationen dort haben mich sehr erschreckt.Im Herbst zeigte der Tumor Aktivität und es gab eine Strahlentherapie gefolgt mit einer Chemotherapie, die jetzt bis auf Weiteres verlängert wurde, da es anscheinend immer noch aktive Punkte gibt.
In der Familie wird mit diesem Thema sehr unterschiedlich umgegangen. Der Patient seine Geschwister und auch mein Mann geben sich mit den wenigen Infos der Ärzte zufrieden, versuchen es mit Verdrängen und halten den Alltag soweit wie möglich aufrecht. (Er hat bis jetzt auch noch keine Ausfälle) Ich versuche das nach außenhin auch. Doch innerlich zerreisst es mich fast. Ich habe immer das Gefühl, dass ich etwas tun muss, um meinem Kind zu helfen. Auch habe ich Angst, was alles auf uns zukommen kann.
Wie gehen andere Angehörige mit der Situation um?
Über ein paar Tipps wäre ich dankbar.
Liebe Grüße
Manu

Joanna

Liebe Manu, wir sind anfangs in einer ähnlichen Situation gewesen, nur dass ich reichlich Hintergrundwissen hatte und dadurch viel auf den Weg gebracht habe von Anfang an, wenn auch anfangs mit vielen Widerständen in der Familie. Ich habe als Krankenschwester in der Onkologie gearbeitet und ich habe vor 10 Jahren eine gute Freundin mit dieser Diagnose begleitet bis zu ihrem Lebensende, von daher brachte ich ein Startkapital an Wissen und Erfahrungen mit.
Wie geht es mir selber? Ich habe Angst und es tut immer wieder sooooo dolle weh. Trotzdem bemühe ich mich, immer nur von Tag zu Tag zu schauen, mir in den Tag heute immer wieder Gegengewichte und Erholungsmomente einzubauen, weil ich weiß, wie wichtig das ist für mich als Angehörige.
Anfangs war ich für alle die "Schwarzseherin" und "Nerverin", was für mich eine schwierige Position war, doch dann kam es zu Krisen in der Krankheitsgeschichte unseres Sohnes, die alle anderen zwangen, ebenfalls hin zu schauen - und inzwischen sind wir in der Familie eine Gemeinschaft geworden, die gemeinsam versucht, das Ganze so gut wie nur möglich zu bewältigen, aber es war ein schwerer Weg bis dahin mit vielen Krisen untereinander.
Inzwischen haben wir uns alle Infomappen angelegt und tauschen uns immer sofort aus, wenn wir Neuigkeiten (aktuelle Studien, alternative Möglichkeiten zusätzlich etc.) haben. Und wir versuchen, trotzdem auch immer mal wieder gute Momente als Familie zu haben, so schwer das auch manches Mal ist.

Zum Glück habe ich Menschen in meinem Umfeld, mit denen ich von Anfang an über alles sprechen konnte, sonst hätte es mich wahrscheinlich zerbrochen. Das ist so wichtig, liebe Manu, dass du mit allem nicht alleine bleibst, sondern Menschen zum Reden hast. Auch professionelle Hilfe ist manchmal sinnvoll für Angehörige.

Was ich nicht verstehe: Warum wurde nur eine Biopsie gemacht, aber keine OP?
Ward ihr irgendwo zur Zweitmeinung wegen der Behandlung? Wenn nicht, würde ich das dringend nachholen. So schnell wie möglich.

Alles Gute euch und dir viel Kraft,
Joanna

alma

Hallo Manu,

mir ist das nicht ganz klar.
ED 2014, keine nähere Untersuchung, keine Therapie, also nicht weiter gesicherte Dg.
Kontroll-MRT (wann?) Wachstum, Biopsie, Astro II, keine Therapie
im Herbst (wann?) weitere Aktivität, RT und CT. Warum beides? Mit welcher Begründung?
aktive Punkte = mehrere Herde während der CT?
Und was soll jetzt passieren? Seit einiger Zeit ist doch kontinuierlich ein Wachstum vorhanden. Schlägt nach Meinung der Ärzte die Behandlung an? (Sehe ich nicht so.) Wurde untersucht, ob es noch Grad II ist?

Ich halte dein Misstrauen für berechtigt, denn du bist, wie mir scheint, nicht ausreichend aufgeklärt worden, und die Behandlung ist mir auch zu zögerlich. Man kann bei einem Zweier warten, aber unter anderen Umständen: Biopsie, ständige Kontrolle, kein Wachstum. Sobald der Tumor wächst, muss man sich über die Gründe im Klaren werden und die Therapie umstellen.
Ich würde die Klinik wechseln. So bald wie möglich. In guten Neurochirurgien dauert es ein paar Wochen, bis man einen Termin bekommt. Und bald beginnt die Ferienzeit.
Mach das unbedingt. Dass er keine Ausfälle hat, ist kein Zeichen. Hirntumore können lange symptomlos sein.

LG, Alma.

alma

Nachtrag:
Und leg dir, wie wir es hier alle tun, eine eigene Akte mit allen Unterlagen an. V.a. würden mich die Ärztbriefe aus der Klinik nach der Erstdiagnose interessieren. Es ist Pflicht, nach jeder Konsultation einen Brief zu schreiben, damit ein anderer Arzt Verlauf und Vorgehensweise beurteilen kann. Und es ist dein Recht, Kopien davon zu erhalten.
Damit wird das Ganze transparenter. Und du hängst nicht so in der Luft.

Aziraphale

Mein Mann hat ein Astro II, festgestellt letztes Jahr im April, er hatte am Ostermontag einen epileptischen Anfall. Biopsie wurde durchgeführt, Astro II, weiteres Vorgehen damals: wait and see. Im Juli hatten wir das 2. MRT und auch eine FET-PET im August, kein Wachstum, allerdings hatten wir da schon die Entscheidung getroffen, die einzige Therapie einzuschlagen, die in Frage kam: Chemotherapie. Ende September hatte er einen epileptischen Status, Wachstum. Ausfälle von Sprache, Wortfindungsstörungen. Im Dezember haben wir mit der Chemo begonnen. Seitdem verkleinert sich "Das Ding"...

Erst einmal ist für mich eine Welt zusammen gebrochen. Dann gab es aber soviel zu klären, so viel zu organisieren, so viel in Erfahrung zu bringen - und zu kämpfen. Während seines KH-Aufenthaltes im September-Oktober bin ich fast wahnsinnig geworden vor Angst. Auch weil er meinte, das wird nicht mehr besser, er war zu der Zeit sehr deprimiert.

Nun ist das eine ganz andere Sache. Als Partner eines Betroffenen ist man ja auch automatisch selbst betroffen. Und bei meinem Mann kam dazu, dass er sich voll und ganz auf mich verlassen hat und immer noch verlässt. Durch das einbezogen sein schmore ich nicht im eigenen Saft, kein Termin findet ohne mich statt, nichts wird gesagt, ohne dass ich davon weiß. Das hilft mir natürlich ungemein, Angst abzubauen.

Jetzt stellt sich halt auch die Frage, ob Dein Sohn denn möchte, dass Du Dich mehr kümmerst, dass Du Dich mehr informierst, dass Du ihn durch Dein dann besseres Wissen vielleicht irgendwo hin schicken möchtest, wo ihm möglicherweise besser geholfen wird? Er ist immer noch Dein Kind aber halt auch ein erwachsener Mann, der seine eigenen Entscheidungen trifft.

In jedem Fall ist es ratsam und gut, sich professionelle Hilfe zu suchen. Denn Deine Ängste werden nicht von selbst verschwinden und das Verhalten Deiner Familie wird sich da vermutlich auch nicht ändern...

manu 61

Hallo miteinander,
erstmal vielen Dank für eure Antworten.
Ich habe wohl nicht so viel über den Tumor und seine Geschichte geschrieben, da es mir mehr um den Umgang mit der Krankheit ging.
Leider bin nicht ich der Patient (obwohl ich sofort tauschen würde wenn das möglich wäre) sondern mein erwachsenes `Kind´, das noch (auch krankheitsbedingt) zu Hause lebt und keine Partnerin hat. Er will nicht sehr viel über seine Krankheit wissen und auch die Arztgespräche (bei denen ich seit ca 1 Jahr dabei sein darf) laufen so ab. Ich soll nicht viel fragen und den Arzt damit nerven und der sagt auch nicht viel. Er ist so zufrieden und will das Krankenhaus nicht wechseln. Es gibt alle 1/4 Jahr ein Mrt und Arztgespräch.Telefonate mit dem Krankenhaus bzgl. der Chemotheapie führe auch ich, da er weiterhin studiert und zu den angegebenen Terminen nicht zu Hause ist. Post mit Berichten (z. T. ungelesen) bekomme ich in die Hand gedrückt und habe natürlich einen entsprechenden Ordner angelegt. Wir konnten ihn auch überreden letzten Sommer eine Zweitmeinung einzuholen, die sich jedoch kaum von der anderen unterschied (Bestrahlung anschließend Chemo), die ja nun so abläuft. Im letzten MRT hieß es evtl. Verkleinerung des Tumors doch noch kontratmittelaufnehmender Punkt. Im Juli ist ein MRT sowie ein FET PET geplant. Danach wird es ein Gespräch geben, wie es weitergeht. Wir wollen dann versuchen nochmal eine Zweitmeinung einzuholen. Meine Versuche ergänzende Therapien (Weihrauch) oder homöopathische Onkologie zu beanspruchen werden abgelehnt.
Ich habe mir auch professionelle Hilfe gesucht, doch das läuft sehr schleppend an. Auch nehme ich jeden Abend meine `Spaßtablette´. Meine Freundin ist auch eine gute Zuhörerin.
Trotzdem treibt mich die Frage um, was kann ich noch tun? Wie gehe ich mit meinem Sohn um? Einerseits würde ich am liebsten jede freie Minute mit ihm verbringen, anderseits erdrücke ich ihn auch mit meiner Fürsorge.
Ich bin auch froh, wenn er mit seinen Kumpels was unternimmt.(die wissen z. T. Bescheid) Oft erzählt mein Sohn auch von seinen Zukunftsplänen, in denen kein tumor vorkommt. Da fällt es mir sehr schwer, ruhig zu bleiben. Manchmal reicht es auch schon, wenn ich einen Opa mit seinen Enkeln auf der Straße sehe und ich heule los weil ich dann denke, dass mein Sohn das so wohl nicht erleben kann.
Andererseits muss ich meinem Sohn auch recht geben, wenn er sagt, wenn ich jetzt nicht mein Leben weiterlebe und meinen Abschluss fertig mache, dann gebe ich die Hoffnung auf und das will ich nicht.
Gibt es noch andere Angehörige in einer ähnlichen Situation? Wie geht ihr damit um?

LG
Manu

Aziraphale

Eigentlich macht Dein Sohn das doch ganz gut. Er verlässt sich darauf, dass die Behandlung, die er bekommt, die richtige ist und dass ihm dadurch ein dauerhaft beschwerdefreies Leben ermöglicht wird. Darauf arbeitet er hin, gibt sich nicht auf und hat Zukunftspläne. Das ist alles sehr positiv.

Wenn Dein Sohn nicht zuviel wissen möchte, frag ihn doch einfach mal bei so einem Gespräch, ob Du alleine mit dem Arzt sprechen kannst, da Du noch weitere Fragen hast - wobei ich aber denke, dass die Infos, die Du hast schon sehr ausführlich sind. Ich habe viele Gespräche alleine mit den Ärzten führen müssen und die haben immer sehr umfangreich geantwortet. Erkläre ihm, dass Du eben etwas mehr wissen möchtest, dass Dir das hilft, Deine Ängste in den Griff zu bekommen.

Auf der anderen Seite musst Du Dich auch selbst fragen, was Dir das "Wissen" nützt. Alle Aussage bezüglich dem, was da noch kommen könnte sind reine Spekulation.

Als der Assistenz-Arzt uns bei der Besprechung der Biopsie gesagt hat, dass die statistische Lebenserwartung bei 8-10 Jahren liegt, habe ich ihm geantwortet: Viele Männer sterben zwischen 50-60. Und morgen kann ich von einem Bus überfahren werden... Er sagte dann zu meinem Mann: Mit dieser Frau schaffen Sie das...

Joanna

Hallo, Manu, mein Mann und ich haben eine Schweigepflichtsentbindung und eine schriftliche Vollmacht von unserem Sohn für die Ärzte bekommen, ich telefoniere oder maile b.B. mit den behandelnden Ärzten und schreibe dann nach den Telefonaten ein Gesprächsprotokoll für unseren Sohn und für alle Familienmitglieder, die in die Begleitung involviert sind. Zu den Arztterminen bereiten wir uns mit Fragebögen vor, die dann einer der begleitenden Familienmitglieder im Gespräch ausfüllt.

Wenn unser Sohn uns braucht, dann sind wir so weit wie nur möglich für ihn da. Aber wir alle wollen der Krankheit nicht den Raum geben als alleiniges Thema, deshalb gehen wir so viel wie nur möglich "normal" mit unserem Sohn als erwachsenen Menschen um, das heißt, wir unterstützen ihn, wenn er uns braucht und lassen ihn gleichzeitig in allen anderen Bereichen so weit wie nur möglich sein Leben leben wie vor der Krankheit auch, weil es wichtig ist, auch ein Stück Normalität zu haben und Ziele gehören für diese jungen Menschen auf jeden Fall mit dazu. Lasse dich nicht von der Statistik erdrücken, ich denke immer dabei an Aids, vor ein paar Jahren war das noch ein Todesurteil, heute kann man damit dank medikamentöser Unterstützung leben. Wer weiß, wie sich die Forschung beim Astro also weiter entwickelt. Wir wissen nicht, was die Zukunft bringt. Aber wir haben das HEUTE und das ist ein kostbares Geschenk.

Liebe Manu, was kannst du noch tun: Sorge gut für dich, habe gute Momente, schaffe dir gute Gegengewichte, die dir Freude schenken, baue dir Oasen, die dir gut tun - und vielleicht gibt es bei euch in der Nähe auch eine Angehörigengruppe, wo du ein Stück Austausch finden kannst mit anderen Betroffenen.

LG, Joanna

manu 61

Hallo,
vielen Dank für eure aufmunternden Worte.
Ich werde versuchen so viel wie möglich umzusetzen.
LG
Manu

KaSy

Ich als langjährig Betroffene (mehrfach Meningeome WHO III; OP; 2xBestrahlungen) habe mich immer am wohlsten gefühlt, wenn ich ganz normal leben konnte. Am schönsten war es, wenn ich unter Menschen war, die es nicht wussten.
Meine Eltern und Kinder haben sich sicher große Sorgen gemacht; und ich mir um sie, weil sie sich um mich Sorgen machen mussten. Das war so belastend für mich!
Sie versuchten, mir irgendwie zu helfen, manchmal war das störend, manchmal war es sehr gut. Ich war dankbar, manchmal "musste" ich dankbar sein, weil ich wusste, sie wollen mir helfen.
Wenn ich wirklich Hilfe brauche, kann ich darauf bauen, dass mir geholfen wird.
Aber meist lebe ich:
Ich bleibe zu Hause, wenn es mir nicht so gut geht.
Wenn es mir besser geht, gehe ich zu meinen Leuten und habe schöne Gespräche, Spaß, Leben eben. Gehe in Konzerte oder in ein Café, fahre irgendwohin ins Grüne. Lange habe ich Freude in meinem Beruf gehabt, das schaffe ich leider nicht mehr.
Es ist wichtiger weiter zu leben!
Ich finde meine Angehörigen und Freunde gut, die mit mir normal umgehen, auf die ich mich aber auch verlassen kann, wenn ich sie mal brauche - und nur dann wird die Krankheit in Worte gefasst.

Irgendwann habe ich für mich - und andere - einen Spruch erfunden:
"Der Hirntumor hat aus uns einen geändertenen, aber deswegen nicht weniger wertvollen Menschen gemacht."

Liebe Angehörige, wir sind auch mit Hirntumor wertvolle Menschen, die leben wollen und so lange gut leben und lachen wollen, wie das Leben uns lässt. Es ist lieb gemeint, wenn Ihr uns um uns Sorgen macht, aber bitte denkt daran, dass Eure Sorgen eine zusätzliche Belastung für uns sein können.
KaSy

Likiniki

Lieber kasy, dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen. Nach meiner nun leicht misslungenen OP und der abschließenden Diagnose eines astrozytom 3 (hör ja niemals wer mit gerechnet weil nimmt ja kein Kontrastmittel auf) möchte ich jetzt einfach nur Leben. Da ich, aus irgend einem Grund trotz aller lieb gemeinten Hoffnungen der Ärzte, es bereits innerlich wusste, habe ich meinen Angehörigen und Freunden natürlich einen kleinen Vorsprung. Schon allein was die folgenden Therapien angeht. Manchmal ist weniger einfach mehr und ich glaube es ist auch nicht einfach sich unserer Stimmungslage immer anzupassen. Aber, bedenkt immer, was ihr euch selbst für euch wünschen würdet. Jeder Mensch ist anders, jedes Wesen ist anders, jede Seele funktioniert anders. Lasst euch darauf ein, lasst auch los und vor allem lasst es zu. Unser Leben kann auch morgen vorbei sein, aus ganz anderen Gründen mit denen keiner rechnet. Geht den Weg mit uns gemeinsam aber bleibt euch treu und denkt an euch und euer Wohl. Denn auch das tut uns gut. :-) lg Cathi

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