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Thema: Leben mit Glioblastom

Leben mit Glioblastom
Rose8463
06.02.2016 22:11:12
Hallo Zusammen,

nun lese ich schon seit einigen Monaten die Lebensgeschichten mit großem Mitgefühl, habe mich bisher aber nicht dazu durchgerungen,
selbst aktiv zu werden und unsere Geschichte zu erzählen. Ich war zutiefst betroffen, als mir bewusst wurde, wie viele Menschen betroffen
sind von dieser aggressiven Erkrankung; noch vor kurzem war der Begriff
Glioblastom für uns ein Fremdwort, so fern wie all anderes Leid, denn wir
führten ein glückliches Leben- altes Häuschen auf dem Land gekauft, 1. Kind bekommen- und 6 Monate später klagt mein Mann über ansteigende Kopfschmerzen, die wir beide noch als Zeichen der Überarbeitung werten, aber kontinuierlichen anhalten bis er nur noch schlief. Arzt, MRT, Krankenhaus und sofortige Notoperation, zu hoher Gehirndruck- ein paar Tage später und er wäre gestorben.

Zunächst war ich so glücklich, weil er so knapp dem Tod von der Schippe gesprungen ist, gleichzeitig ungläubig, dass uns so etwas passieren kann- dann die Ernüchterung nach dem Arztgespräch und der Diagnose. Dieses verdammte, beschissene Ding! Zerreißt einfach so das Leben in kleine Einzelteile...

Dem nicht genug, ein Shunt muss eingesetzt werden, 5 Operationen in 3 Wochen, dennoch ist noch Tumor vorhanden. Zusätzlich musste /muss mein Mann das Sprechen neu erlernen, Gedächtnis war betroffen ( dies hat sich in den letzten Monaten verbessert).

Bestrahlung in Kombination mit Temodal, das MRT 4 Monate später zeigt, dass es wieder nachgewachsen ist, außerdem ein weiterer Tumor im Kleinhirn sichtbar. Man hat das Gefühl, der Alptraum hört nicht auf, aber schließlich muss man funktionieren, WILL man funktionieren, um den stützenden Rahmen zu bilden, Mut und Kraft zu haben für die nächsten ungewissen Schritte.
Der nächste Schritt kam prompt, meinem Mann ging es plötzlich schlechter, war teilweise wieder verwirrt und extrem müde. Der Shunt funktionierte wieder nicht und musste erneuert werden, außerdem wurde wieder ein Teil des Tumors entfernt.

Ich habe Hoffnung, wirklich. insbesondere der Anblick meines Mannes nach der letzten Operation gibt mir ein optimistisches Hochgefühl, da er wieder einige Sätze sprechen kann und wir die Zeit gemeinsam als Familie bewusster erleben können. Aber es ist so verdammt schwer, mit diesen verfluchten Rahmenbedingungen...Ich suche seit Wochen nach einer geeigneten Studie, die Ärzte setzen nur auf Chemo und Bestrahlung, die ja anscheinend nicht gut angeschlagen hat ( ist bei dem nicht methylierten MGMT Promotor nicht ganz verwunderlich, wenn ich das richtig verstanden habe).

An dieser Stelle höre ich mal auf, ist ja schon eine Zumutung bis hier zu lesen;-) ich musste das einfach mal los werden...
Rose8463
Paul60
06.02.2016 22:41:28
Hallo8463,
nein, es ist keine Zumutung, bis hierhin zu lesen!
Hier sind viele Menschen, die im gleichen Schicksal vereint sind. Die wir Angehörige oder selbst Betroffene sind, können deine Gedankengänge, Ängste, Gefühle gut nachvollziehen.
Man hört im Bekannten- und Freundeskreis immer wieder von schweren Erkrankungen und denkt, dass so etwas einen nicht erreicht.

Wenn dann doch, fällt man aus allen Wolken, eine Welt bricht zusammen. Man muss sich neu positionieren, sich Infomationen beschaffen. Stress kommt auf einen zu, wenn der Partner, Elternteil oder Kind so eine Krankheit bekommt. Je nachdem wo der Tumor sich befindet, gibt es unterschiedliche Ausfälle.
Man muss stark werden, ein Mensch kann das sein, man sollte von Tag zu Tag leben und versuchen, für den Kranken dazusein. In diese Rolle reinzuwachsen ist schwer, aber wichtig ist, den Kranken zu motivieren, auch wenn es selbst einem dreckig geht.
Wichtig ist, gute Ärzte zu haben, sich aber ggfls. eine Zweitmeinung einzuholen. Ich weiß nicht wo ihr wohnt, aber Heidelberg ist für eine Zweitmeinung eine gute Adresse. Die Neuroonkologen und Neurochirurgen sind in Deutschland vernetzt, so dass sie eigentlich Auskunft über Versuchsreihen geben können. Derzeit wird über Immuntherapie diskutiert. Die in unserem Fall behandelnden Ärzte waren nur für die Bestrahlung und Chemotherapie zuständig. Wir haben gelernt, dass man selbst für die Rundumbetreuung des Kranken sorgen muss wie psychoonkologische Betreuung, Physiotherapie. Andere haben sicher andere Erfahrungen gehabt.
Du musst aber soweit es geht, dir auch Freiräume schaffen, um auf andere Gedanken zu kommen. Das ist aber leichter gesagt als getan.
Ich wünsche dir und euch viel Stärke und Hoffnung in dieser Zeit.
LG
Pal
Paul60
Wasa
07.02.2016 10:42:57
Rose, von Zumutung kann keine Rede sein.

Dieses Monster ist eine Zumutung, es hat uns alle kalt erwischt, ob Betroffener oder Angehöriger.
Ich bin auch noch nicht so richtig zu mir gekommen, lass es auch im Moment noch nicht zu, denn ich muss noch funktionieren.

Die Ungewissheit macht mich einfach fertig. Bestrahlung und Chemo ist jetzt bei meinem Mann vorbei. Nächste Woche gehen wir zum Onkologen und der entscheidet dann weiter. In 4 Wochen ist MRT, dann wissen wir mehr.

Mein Mann ist hoffnungsvoll, er sieht das alles locker und denkt er ist jetzt fast gesund. Er hat jetzt Visitenkarten bestellt.
Auf der einen Seite bin ich ja froh, dass er so gut drauf ist, aber.... ich hoffe nur, dass er nicht Bösartig wird, bzw, in ein Loch fällt, wenn er merkt, dass er nie wieder arbeiten kann, Autofahren ect.
Wasa
Rose8463
09.02.2016 11:42:34
Mein Mann ist zur Zeit auch sehr euphorisch,es geht ihm besser (nächste Runde Temodal ab morgen) und er hat Hoffnung.darüber bin ich sehr froh,hatte Angst das er in ein tiefes Loch fällt.Er möchte gern ein zweites Kind,dies macht mir Angst,da ich einerseits seinen Eundch sehr gut verstehen kann,andererseits würde ich es nicht aushalten,schwanger zu sein und ihn dann zu verlieren.Es ist alles so ungewiss...besonders weil wir bald unser Haus verlieren werden.Materielles ist zwar angesichts der Krankheit nicht mehr wichtig,dennoch blutet das Herz,wir haben soviel Energie reingesteckt um unseren Traum zu verwirklichen.Wir haben noch nicht mal eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung...vorher dachte man mit 30 braucht man sowas nicht...
Rose8463
Rose8463
09.02.2016 11:43:20
Seinen Wunsch soll das heißen
Rose8463
SpinEcho
09.02.2016 13:05:13
> Wir haben noch nicht mal eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung...vorher dachte man mit 30 braucht man sowas nicht...

Je früher man sie abschließt, desto günstiger ist sie und desto höher die Chance, dass man eine bekommt.

Ich habe das mal versucht, die Reaktion der Versicherungen ist ungefähr so, als ob ich sie darum geten hätte, meine Vogelspinne zu streicheln.
SpinEcho
Hopehelp
09.02.2016 13:46:23
Hallo Rose 8463/SpinEcho,

ihr meintet bestimmt eine private Berufsunfähigkeitsversicherung /Berufsunfähigkeitsrente.

In diesem Thread euch alles Gute, die erforderliche Kraft,
positive Energie und Zuversicht.

Herzliche Grůsse
Hopehelp
Hopehelp
Joanna
09.02.2016 16:05:25
Hallo, Rose, wir sitzen hier alle "irgendwie" in einem Boot, da kann es für mich gar keine Zumutung sein, was du hier mit uns teilst. Ich bin immer wieder sehr dankbar dafür, dass wir dieses Forum haben.
Schlimm ist, dass durch die Krankheit oft so vieles gleichzeitig weg bricht. Und dass wir dieses drohende Damoklesschwert jetzt über unseren Köpfen haben, zusätzlich zu allem, was durch den Tumor bereits an Schwerem und Leid in unser aller Leben gekommen ist. Bei uns ist es der erkrankte Sohn ... Es gibt Tage, da ist es richtig schwer, trotz allem das beste aus diesem Tag heute zu machen.
Ich wünsche euch alles Gute und dir, Rose, ganz viel Kraft und dass du trotz allem Momente findest, um Kraft zu tanken.
Liebe Grüße
Joanna
bischmi73
09.02.2016 18:10:04
Hallo Rose
Ich kann Joanna nur beipflichten.
Es tut mir sehr leid, dass ihr euer Haus verliert.
Eigentlich heißt es ja so schön, dass wir hier in unserem Land gut abgesichert sind. Das gilt sicher für die reine Existenz.

Wir haben auch finanzielle Probleme durch die Krankheit meines Mannes. Er ist der allein Verdiener, da ich voll Erwerbsgemindert bin.
Die Rechnungen für Haus und Hof laufen weiter, aber das Krankengeld reicht nicht völlig aus.

Das belastet noch zusätzlich. Wir haben ja alle schon genug Angst und Sorgen wegen der Erkrankung.

Ich kann dich gut verstehen.
bischmi73
Mamamaus
09.02.2016 21:21:49
Hallo,

wir haben zum Glück eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen als wir unsere Eigentumswohnung gekauft haben und er Alleinverdiener ist durch die zwei Kinder. Es wird trotzdem hart wenn das Krankengeld wegfällt und nur noch BU plus die Minirente mit 42. Damit muss die ganze Familie ernährt werden. Irgendwann muss ich arbeiten gehen aber das geht frühestens Nov. 2017. Muss erst schauen dass unser Asperger Kind gut in der Schule startet und im ersten Schuljahr langsam an Fremdbetreuung gewohnt wird. Bis dahin muss ich parat sein.

Man hat echt Sorgen wenn noch Kinder da sind. Die Krankheit ist schon schlimm genug aber man will gar nicht drüber nachdenken was noch kommen mag und erst recht nicht dass man irgendwann mit den indern allein sein wird.

LG Mamamaus
Mamamaus
Kira Hpünktl
21.04.2018 11:02:41
Hallo ihr Lieben,
Bin hier neu. Wollte euch mal von meiner Geschichte berichten. Momentan bin ich fertig irgendwie.
Meine Mama hat Anfangs des Jahres einen Tumor weit hinter dem linken Auge diagnostiziert bekommen, nachdem sie einige Zeit davor desorientiert und kaum noch selbstständig war.
Kurz nach der Diagnose wurde der Tumor vollständig, sowie es eben möglich ist, entfernt. Es stellte sich heraus dass es auch noch der bösartigste ist, Glioblastom 4. Grades. Danach hat sie 6 wochen Bestrahlung erhalten und dazu noch Chemo. Momentan ist eine Chemopause.
Nun hätte ich vor 3 Tagen ein Gespräch mit dem Arzt der mir sagte nur 12% würden 5 Jahre überleben. Ich war fertig ich werde nicht meine Mama die nächsten Jahre zum Grabe tragen. Ich sage ihm den Kampf an, gemeinsam mit meiner Mum.
Nun war ich gestern wieder bei ihr und der Arzt hätte gesagt, dass er sich mehr verbreitet oder gestreut hätte, allerdings könnte sie mir das nicht genau sagen und dass sie daran sterben müsste etc. Kein Arzt ist ein Hellseher, also so ne Aussage fand ich daneben.
Also ich bin ansich ne Kämpfernatur und versuche alles optimistisch zu betrachten, aber momentan ist das schwer. Ich lese mor so viel durch von methadon bis hin zu cannabisöl oder eine neue interthermal Therapie die in Heidelberg oder Frankfurt angeboten wird. Immuntherapie. Allerdings weiß ich immer noch nicht was ich tun soll, ich werde alles mögliche versuchen, zu verlieren haben wir eh nichts. Aber es kostet mich so viel Kraft. Und würde mich gerne mit euch austauschen oder am liebsten gute Nachrichten hören oder alternativen die ihr noch so kennt.
LG kira :)
Kira Hpünktl
Tira
23.08.2018 03:55:55
Hallo Kira,

wie geht es Deine Mutter jetzt?

Mein Mann hat etwa ein Jahr nach der Erstdiagnose ein Rezidiv bekommen.

Bei ihm lag aber ein Bettnachbar, der mit seinem Glioblastom schon 9 Jahre lebte, obwohl seiner Frau gesagt wurde, sie solle sich auf 6- 9 Monate Restlebenszeit einstellen.

LG, Tira
Tira
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