Sun-2

Hallo zusammen,

weiß jemand den/die konkreten Gründe, weshalb mehrere an den Hirntumorinformationstagen anwesenden Experten zu nicht mehr als 6 Zyklen mit Temozolomid geraten haben?

Vorschlag meines Arztes für die Therapie meines Oligodendrogliomes Grad 2 sind 12 Zyklen. Aufgrund der o.g. Expertenaussagen bin ich aber sehr unsicher, ob ich das machen sollte. Die 6 Zyklen habe ich hinter mir und muss mich jetzt kurzfristig bzgl. der weiteren 6 entscheiden.

Danke für Eure Antworten
SUN-2

Eris

Warum wurde Dein Tumor nicht mit PCV behandelt?

Sandra1978

Hallo,
ich stelle mir auch die Frage warum nicht PCV ?

Sun-2

Wegen u.A. einiger fehlender Bauchorgane waren die Ärzte wohl unsicher, ob ich die Chemo mit PCV verkraften und gut verstoffwechseln würde.
Den Aussagen der Experten auf den Hirntumorinformationstagen müssen aber doch -unabhängig von der Art des Tumors- konkrete medizinische Erkenntnisse zu Grunde liegen. Die würde ich gerne erfahren.

KaSy

Hallo, Sun-2,
Die Aussagen der Experten auf den Hirntumorinformationstagen beziehen sich darauf:

Bei Glioblastomen (!) sind sechs Zyklen Temozolomid ausreichend.

Die Fragen von Glioblastom-Patienten bzw. ihrer Angehörigen nach einer Fortsetzung der Chemotherapie werden deswegen gestellt, weil nach sechs Zyklen Temozolomid die drei "Therapie-Säulen" (OP, Bestrahlung, Chemotherapie) beendet sind und sie gern mit der Chemotherapie weitermachen möchten, weil sie gut vertragen wurde.

Das hat jedoch "nur noch" die psychische Wirkung, dass man nicht "nichts" gegen diesen Tumor tut und man ohne etwas zu tun, "auf ein Rezidiv wartet". Denn die Wahrscheinlichkeit von Rezidiven trotz erfolgter Therapien ist insbesondere bei Glioblastomen sehr hoch.

Die Experten gehen davon aus, dass nach OP, Bestrahlung und danach zwölf oder mehr Zyklen während dieser Therapie ein Rezidiv auftreten kann. In dem Fall würde das bis dahin erfolgreich genutzte Temozolomid keine Wirkung mehr zeigen.

Sollte aber nach sechs Zyklen keine weitere Chemotherapie mit Temozolomid erfolgen und nach einigen "chemofreien" Monaten ein Rezidiv auftreten, dann kann Temozolomid wieder genutzt werden.

Für die Zeit nach den Therapien gibt es inzwischen viele Möglichkeiten für Glioblastom-Patienten.

Du hast aber kein Glioblastom und Deine Ärzte hatten sehr gute Gründe, auf das seit etwa 15 (?) Jahren bewährte und meist gut verträgliche Temozolomid zu setzen, weil PC und vor allem PCV mehr Schäden im Körper verursachen. Dadurch wäre bei Dir das Risiko durch die zu erwartenden Schäden größer als der erhoffte Nutzen gegen das Oligodendrogliom-II. Bei dieser Tumorart ist die Rezidivwahrscheinlichkeit geringer als beim Glioblastom.

Ich denke auch, dass Deine Ärzte gute Gründe hatten, Dir die Fortsetzung der Chemotherapie mit Temozolomid über die sechs Zyklen hinaus anzuraten, denn Du hast es in den ersten sechs Zyklen vermutlich gut vertragen und ein Rezidiv ist nicht aufgetreten.

Sollte irgendwann viel später möglicherweise doch ein Rezidiv entstehen, kann wieder Temozolomid genutzt werden oder es stünde PC (ohne V) zur Verfügung oder es gibt etwas Neues, auf das Du hoffen darfst.

Wünschenswert ist natürlich, dass diese zwölf Zyklen für sehr lange oder für immer erfolgreich sind!

Dafür alles Gute!
KaSy

Sun-2

Liebe KaSy,

vielen herzlichen Dank für deine klaren Aussagen! Du hast mir damit sehr geholfen, die wahrscheinlichen Zusammenhänge zu verstehen. Leider habe ich bei meinen Ärzten bisher keine so klaren Antworten bekommen.

Alles Gute auch Dir
SUN-2

fasulia

die Frage ob 6 oder 12 Zyklen mit TMZ wurde wie KaSy sagt beim GLIOBLASTOM untersucht- dass eine "psychische Wirkung" angenommen wurde, entnahm ich den Studien nicht- ob das auf den Hirntumortagen so gesagt wurde weiß ich nicht.

In verschiedenen Ländern wurde die Gabe unterschiedlich gehandhabt und war Gegenstand von Diskussionen von Fachtagungen und wurde in Studien untersucht.

Der User hier im Forum als "logossos" angemeldet, hat unter der Überschrift :
Was geschieht nach Beendigung des Stupp-Protokolls, falls kein Rezidiv aufgetreten ist?
dazu einiges zusammen getragen:

"Für diesen Fall gibt es keine Behandlungsvorschrift. Zur Frage, was es bringt, wenn man nach dem Ende des Stupp-Protokolls die TMZ-Therapie noch weiter fortsetzt, gab es auf der SNO Konferenz 2015 mehrere Beiträge (20th Annual Society for Neuro-Oncology Annual Scientific Meeting):

12 Zyklen Tel-Aviv :
Mehr als 6 TMZ-Zyklen bis 12 Zyklen verlängert die Überlebensdauer nicht, wohl aber die progressionsfreie Zeit (SNO-Konferenz 2015)

12 Zyklen Tokio:
Für Patienten, die 12 Zyklen ohne Rezidiv erreichen, ist eine mittlere Lebensdauer von über 6 Jahren erwarten. Mehr als 12 Zyklen bringt keine Verbesserung. (SNO-Konferenz 2015)

Mehr als 6 Zyklen Seattle:
Mehr als 6 Zyklen verlängern die Lebensdauer (SNO-Konferenz 2015), dieses Ergebnis sollte validiert werden.

Einen weiteren Beitrag zu dieser Frage gibt es auf dem DGNC-Jahreskongress 2016

Mehr als 6 Zyklen Tübingen:
Mehr als 6 Zyklen verlängern das Gesamtüberleben nicht.

Mehr als 6 Zyklen sinnvoll ?
Bei der Auswertung von 154 Krankheitsverläufen durch das Deutsche Gliomnetzwerk konnten keine Daten gefunden werden, mit denen sich mehr als 6 TMZ-Zyklen begründen lassen. "

Ich erinnere mich an Andrea1 die ein Oligodrendrogliom III hatte und soweit ich weiß auch 12 Zyklen TMZ erhielt und damit mehr als 5 Jahre ohne Rezidiv blieb;und evtl. User telekomtoto??
hier in diesem link haben beide geschrieben:
https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/heute-vor-2-jahren-erhielt-ich-die-diagnose-10104.html

vllt. kannst du sie per PN anschreiben

Was ich damit sagen möchte, informiere dich weiter und hole dir gfls. eine zweite Meinung ein - frage deinen Neuroonkologen der mit 12 Zyklen therapieren möchte nach seinen Erfahrungen und Gründen. Es gibt hier auch mehrere User die beim Astrozytom metronomisch (eine viel kleinere Dosis als bei Stupp- dafür täglich) Temodal einnehmen.

Gfls. kommen auch noch weitere Ansätze aus der Glioblastomtherapie in Frage wie COC oder CUSP9 oder HOO etc.

Sun-2

Hallo fasulia,

danke für die aufschlussreiche Auflistung und die Empfehlungen für das weitere Vorgehen. Ich muss noch mal drüber schlafen und entscheide wahrscheinlich nach dem nächsten MRT.

Viele Grüße
SUN-2

KaSy

Die Studienauflistung ist viel wert und die Empfehlungen auch.

In Studien können die persönlichen, also psychischen, Beweggründe für die Fragen nach der Verlängerung der Chemotherapie über sechs Zyklen hinaus nicht einfließen, das kann man kaum vergleichen.

In dem Link findet man leider keine Infos über die Art der Chemotherapien.
Deswegen möchte ich ergänzen, dass bei "Telekomtoto" im Jahr 2013 eine Teil-OP des WHO-II-Oligodendroglioms ohne weitere Therapien erfolgte. (Das war damals Standard.)
Fünf Jahre später trat ein Rezidiv auf, immer noch WHO II. Es wurde 2018 operiert, bestrahlt und danach nahm er (mindestens) sieben Zyklen "Chemo" bis 2019 (oder länger).
Zu dieser Zeit war PCV oder PC noch nicht unbedingt Standard, er schrieb nur von "Chemo", es müsste also Temozolomid gewesen sein.
Von einer metronomischen Einnahme schrieb er nicht. Ich weiß, dass diese tägliche Einnahme geringer Dosen bei geringer Verträglichkeit angeraten wird, um die Chemotherapie überhaupt fortsetzen zu können.

Schreib ihn und "Andrea 1" gern an, aber beachte dabei, dass ihre Therapien zu einer Zeit stattfanden, als es fast nur Temozolomid für die Chemotherapie gab.

KaSy

fasulia

Oligodendrogliome werden schon sehr lange mit PC(V) therapiert- es gibt hier im forum einen Eintrag aus 2004:
https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/welche-chancen-bei-oligodendrogliom-1486.html


nochmal nach geschaut: Andrea1 hatte nur 6 Zyklen TMZ schrieb sie 2017; ihr wurde die Fortsetzung angeboten, doch sie hat abgelehnt
https://forum.hirntumorhilfe.de/neuroonkologie/chemo-und-strahlentherapie-bei-oligendrogliom-grad-ii-11899.html

Umalko

Mein Sohn hat ein GBM und hat 28 Zyklen gemacht, also das Maximum seitens Studienleiter. Dann gab’s eine Pause.
Aktuell nimm er wieder wegen eines Ödems.
Blutwerte waren steht’s top und keine Nebenwirkungen. Net mal Müdigkeit oder Erbrechen.

Lady_Like

Hallo Sun-2,

die genannten Beiträge oben mit den konkreten Daten sind schon sehr hilfreich.

Ich selbst kenne auch dein Problem. Selbst meine Ärzt*innen sind sich uneinig darüber, ob 6 oder 12 Monate Temodal richtig(er) sind. Und das sind alles sehr gut informierte Ärzt*innen. Es scheint also eine Sachlage zu sein, die grundsätzlich noch nicht abschließend genug geklärt ist.

Was ich dir aus meiner Erfahrung (Astrozytom III) sagen kann: Nach meiner ersten längeren Chemo - mehr als 6 Monate - hatte ich fünf Jahre lang absolute Ruhe. Und auch jetzt bin ich wieder in der Chemo für insgesamt 12 Monate. Und mein Befund ist stabil.

Und ich fühle mich auch in guten Händen und vertraue meinen Ärzt*innen. Ich denke, dass das immer auch eine individuelle Entscheidung der Ärzt*innen mit Blick auf ganz verschiedene, individuellen Aspekte der Patient*innen ist.

Natürlich hätte ich auch lieber nur 6 Monate Chemo gemacht. Aber nach den sehr guten Erfahrungen/Ergebnissen bei der letzten Chemo mache ich das auch mit gutem Gefühl wieder so.

Dir alles Gute.

Beste Grüße
Lady_Like

Sun-2

Danke an alle, die geantwortet haben. Ihr habt mir mit euren Beiträgen bei meiner Meinungsbildung geholfen. Aber ich brauchte eine Weile, um mich zu entscheiden -unter Berücksichtigung meiner ganz speziellen Gesamtkrankengeschichte.
Euch Allen wünsche ich jetzt erst einmal eine gute Zeit.

Viele Grüße
SUN-2

SWM

@KaSy:

"Bei Glioblastomen (!) sind sechs Zyklen Temozolomid ausreichend."

Für was?

"Für die Zeit nach den Therapien gibt es inzwischen viele Möglichkeiten für Glioblastom-Patienten."

Die wären?

LG

KaSy

Hallo, SWM
Diese Aussagen waren Antworten bzw. Interpretationen von Rednern auf die Fragen von Patienten oder Angehörigen auf Hirntumorinformationstagen. Ich hatte das auch so geschrieben.

Meine Antworten bezogen sich ganz konkret auf die Frage von "Sun-2", der im Laufe senes Threads seine sehr spezielle Problematik darstellte, die auch seinen Arzt dazu bewegt hatte, ihm 12 statt 6 Zyklen zu empfehlen.

Dass Du mich (?) fragst, welche weiteren Möglichkeiten es für "Sun-2" gibt, wenn er die für ihn individuell überhaupt möglichen Therapien beendet hat, finde ich seltsam.

Wenn es hier um das Glioblastom geht, dann schreiben meist Angehörige. Ich werde mitunter in PNs gefragt und dann empfehle ich Dich, da ich immer wieder lese, wie sinnvoll und bedacht Du als GBM-Patient (!) derartige Möglichkeiten kombinierst und den verschiedenen Therapiephasen anpasst. Du empfiehlst selbst immer, dass alles mit dem Arzt besprochen werden muss.

Ich werde nie Empfehlungen für die Therapie von hirneigenen Tumoren geben, aber erklären kann ich Vieles.

Für mich als Patientin mit anaplastischen und atypischen rezidivierenden Meningeomen gibt es nur die beiden Möglichkeiten OP und Strahlentherapie. Da ist seit meiner Erstdiagnose nach einigen Irrwegen im Jahr 1995 noch nichts gefunden worden. Ich werde an diesen bisher etwa fünfzehn (nur Tumor- und Tumorfolgen-)OPs (+ zehn Augen-OPs) und drei Bestrahlungsserien nicht sterben, aber die nächste OP steht mir bevor und irgendwann kann ich nicht mehr und werde mir wie Wolfgang Herrndorf eine "Exitstrategie" ausdenken müssen, denn meine drei Kinder, die ich allein erzogen habe, haben wunderbare Familien und kommen richtig gut mit dieser Welt klar.

Ich lasse mich in diesem Forum nicht zusätzlich nerven, von Dir (den ich achte) nicht und von Trollen und Trollverwandten auch nicht!

KaSy

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