Hallo,
ich wende mich eigentlich ungern an "das Internet" mit so persönlichen Problemen. Aber ich weiß wirklich nicht mehr weiter und ich hoffe, mein Freund verzeiht mir, dass ich mir hier Beratung, Hilfe oder einfach Gespräche suchen muss.
Mein Freund und ich sind seit 5 Jahren zusammen. Schon vorher (2011) hatte er einen Hirntumor. Ich weiß leider nicht genau, welcher Art, glaube aber ein Gliom. Er bekam Chemotabletten + Bestrahlung und der Tumor war weg!
Kurz nachdem wir uns kennenlernten, kam das Miststück wieder. Wieder Chemotabletten+Bestrahlung und nach ca. 4 Monaten war er wieder besiegt. Hurra! Wir dachten, die Beziehung könne ja dann vielleicht mal losgehen. Er war aber zu diesem Zeitpunkt schon durch verschiedene Dinge in der Vergangenheit leicht depressiv und hatte einiges zu verarbeiten. Er hat sehr wenig über den Tumor geteilt, da er es durch seine Epilepsie und andere Erkrankungen in der Kindheit+Jugend gewohnt ist, alleine damit umzugehen. Auch war er nicht in psychologischer Behandlung.
Anfang 2013 war er wieder da. Mein Freund war immernoch recht zuversichtlich und ruhig, wofür ich ihn bewunder(t)e.
Doch ich konnte es nicht mehr sein. Langsam senkte sich ein riesiger Schatten auf mich und unsere Beziehung. Mein Freund bekam eine neuere Art der Strahlenterapie (tut mir leid, an Fachbegriffen fehlt es mir sehr), die den Tumor in nur 3 Behandlungen vernichtete. Wir dachten, wir hätten gesiegt.
Die Wunden schienen langsam zu heilen, das Leben konnte langsam losgehen. 2015 schmiedeten wir Pläne für einen Hausbau und 2016, vor genau einem Jahr, begann die Bauphase. Die Bauphase, der Job in einer sehr schweren Phase und dazu noch seine lange überfällige Scheidung - ja, mein Freund hat sehr viele Pakete zu tragen - das alles war viel zu viel. Man hätte es wissen sollen, aber dass der Job sich in diesem Jahr so hart entwickelt, wusste natürlich keiner.
Im September konnten wir einziehen. Und ein paar Tage vor unserem Umzug ergab das Kontroll-MRT, dass der Tumor zurück ist.
Astrozytom, Stufe 2, vermutlich, da keine Biopsie gemacht wurde. Diesmal hat der Tumor seine Richtung geändert und wächst nun nach Innen, statt wie bisher nach Außen. Weder Bestrahlung noch Operation schienen vorerst ein Ansatz zu sein. Also Chemotabletten, keine Veränderung, nochmal Chemotabletten, weiterhin nichts. Thermodal - auch keine Veränderung. Nun sind also 7 Monate vergangen. Die Beziehung kriselt seit Monaten. Wir haben vor unserem Einzug darüber gesprochen, ob wir da gemeinsam durch wollen. Ob wir noch ins Haus ziehen sollen oder ob er ab hier alleine weiter macht.
Ich habe gesagt, ich lasse ihn nicht im Stich. Ich habe fast den ganzen Haushalt übernommen, um ihn zu entlasten. In einem großen Haus mit seinen 2 Kindern für 2-4 Nächte/Woche, Hund und gerade in die Selbständigkeit gewechselt ist das echt viel, was zu tun ist. Er arbeitet weiter, hat immer weiter gearbeitet. Erstens weil er möchte, zweitens weil die Firma ohne ihn schließen müsste.
Der Druck ist extrem hoch, dazu noch weitere Verpflichtungen, die ihn total einengen. Es ist keine Zeit für Genesung, keine Zeit für krankschreibungen, keine Zeit für spontan wegfahren und erholen. Nur noch freudschaftliches Zusammenwohnen, keine Beziehung, keine Gespräche über den Umgang mit dem Tumor. Keine Bereitschaft, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Einfach keine Energie für irgendwas.
Und nun sind wir an dem Punkt, wo ich nicht mehr kann. Wir hatten schon häufiger Gespräche, da ich immer mehr überfordert war. Auch vor der Neusten Erkrankung war schon sehr wenig Zeit für uns und die Beziehung hatte wenige gute Zeiten. Mit der Erkrankung und dem Einzug ins Haus wurde dies noch weniger, obwohl es doch anders sein sollte.
Durch unsere letzten Gespräche ist nun aufgekommen, was mir gar nicht bewusst war: Er hat aufgegeben. Er kann keine Energie in unsere Beziehung stecken, nicht einmal ein ganz bisschen, damit wir irgendeine Basis haben, auf der dieses Konstrukt hält.
Aktuell ist er ohne Medikamente um zu sehen, wie der Tumor sich so weiterentwickelt. Was danach kommt, wissen wir wohl in 2 Wochen. Eventuell Bestrahlung, oder OP? Er sagt, er weiß nicht, ob er noch mehr Therapien machen wird. Er sagt, dass er mit dem Leben eigentlich abgeschlossen hat.
Gestern haben wir uns absolut einvernehmlich getrennt. Wir beide können nicht mehr, er kann mich nicht weiter und weiter in sein komplexes Leben mit hineinziehen und ich kann nicht weiter unterstützen, ohne völlig kaputt zu gehen. Seit Monaten heule ich wegen jeder Kleinigkeit, schmeiße den gesamten Haushalt, bekomme keine Signale mehr von unserer Beziehung. Wir sind wie eine WG, wo einer den Haushalt macht und auf den anderen sehr viel Rücksicht nimmt und sich selbst dabei natürlich immer mehr einschränkt. Und wo man sehr wenig bis gar nicht über den Tumor spricht, da er es nicht mag.
Ich bin am Ende. Ich möchte, dass unsere Zukunftspläne aufgehen. Ich möchte, dass wir die Beziehung hinbekommen. Aber ich kann ihn nicht zwingen und ich kann ihn nicht dazu bewegen, sich psychologische Hilfe zu holen. Oder wir uns beiden. Ich bin einfach völlig machtlos :( Ich möchte keine Trennung! Ich möchte, dass er noch irgendwo ein bisschen Spaß am Leben findet!
Ich weiß nicht, wie ich die Trennung überstehen soll. Ausziehen, immer in Sorge um ihn und wie er noch depressiver wird, wenn er ganz alleine in dem großen Haus ist. Ich weiß nicht mehr weiter...