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Toffifee

Da heisst es gelegentlich wait and see.
Meningeome werden nach WHO in verschiedene Grade eingeteilt. Ist es möglich dass ein Meningeom aus WHO I ein WHO II oder gar WHO III wird?
Ich hatte ein Meningeom nach WHO Grad I. Nach der zweiten OP hiess es Simpson II. Welches ist der Unterschied?
Danke für eine Aufklärung, Abgrenzung.

KaSy

Hallo, Toffifee,
Meningeome werden nach wie vor in die Grade eingeteilt, die durch die WHO (Weltgesundheitsorganisation) einmal festgelegt wurden.

Bei hirneigenen Tumoren ist die Einstufung vor einigen Jahren geändert worden, weil die Möglichkeiten der genetischen Untersuchung der Tumorzellen immer besser wurden. Diese führen dazu, die Therapien genauer dem Tumor anzupassen, was vor allem auf die Varianten der Chemotherapie zutrifft.

Meningeome werden auch besser genetisch untersucht, aber das Ergebnis hat für die Therapie noch keine Bedeutung. Es könnte aber kommen.

Therapiebedeutend sind die Lage, die Größe, das Wachstumstempo und Symptome.

WHO I: Es ist ein benignes Meningeom, das sehr langsam wächst, sich noch in seiner rundlichen Kapsel befindet und eine sichtbare oder nicht sichtbare Ansatzstelle dort hat, wo es aus den Zellen der Hirnhäute entstanden ist. In den letzten Jahren wurden durch viele CT- und MRT-Untersuchungen solche Meningeome als Nebenbefund zufällig gesehen. Wegen des langsamen Wachstums und weil sie meist für die Symptome, wegen derer die CT/MRT durchgeführt wurde, nicht zuständig sind, wird hier zum Abwarten geraten. Zunächst nach drei Monaten, dann nach sechs Monaten und dann jährlich sollten Kontrollen erfolgen. Individuell legt der NC die Kontrollabdtände fest.

WHO II: Es ist ein atypisches Meningeom, bei dessen Zelluntersuchung mehr Zellen gesehen werden, die sich teilen. Es hat nicht mehr unbedingt die runde Form. Nach einer OP kann über eine Folgebestrahlung diskutiert werden, weil sich möglicherweise Zellen außerhalb des sichtbaren Tumors befinden, die der NC nicht entfernen konnte, aus denen aber ein Rezidiv heranwachsen könnte.

WHO III: Es ist ein anaplastisches Meningeom mit mehr Zellen, die sich teilen. Es kann schon sehr unregelmäßig aussehen, sich auch flächenmäßig ausgebreitet haben. Es kann angrenzende Hirnbereiche bedrängen und sie möglicherweise infiltrieren. Das kann auch auf Blutgefäße im.Hirn zutreffen. Nach der OP sollte unbedingt eine Bestrahlung erfolgen.

(Zu den Simpsongraden später ...)

Prof. Mursch

Die Simpson Grade sind eine Bezeichnung für das Ausmass der Entfernung. Ein komplett entferntes M. mit angrenzender Dura wäre °I, je mehr Rest belassen wird, desto mehr steigt der Grad. Simpson II° heißt: alles raus, aber die Dura darunter blieb, wurde koaguliert.

Grad 1 Vollständige Entfernung inklusive Ansatz
Grad 2 Vollständige Entfernung und Koagulation des Ansatzes
Grad 3 Vollständige Entfernung ohne Koagulation des Ansatzes
Grad 4 Unvollständige Entfernung
Grad 5 Erweiterte Biopsie

. Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka

Toffifee

Liebe KaSy,
kleine Zwischenbemerkung: WHO I ist sehr langsam wachsend:
bei mir 2008 Geruchssinn weg Meningeom??
April 2018 Meningeom 6*5*1,5 cm (Zentimeter) entfernt; entdeckt wegen Gedächtnisstörungen

(bin gespannt auf Simpson)

Nachtrag: Danke Herr Professor Mursch

??? Koagulation des Ansatzes? (mein Wissen reicht nicht ganz)

Dana

Hallo,
ich bin da wohl leider auch die Ausnahme.
Jedes Mal Meningeom WHO 1 vom transitionalen Typ und jedes Mal wächst wieder was nach.
LG

KaSy

"Koagulation" bedeutet "Erhitzen".
Sie wird mit einem elektrischen chirurgischen Gerät durchgeführt, das die Ansatzstelle des Tumors, die durchblutet ist oder sein kann (?), an einem ziemlich kleinen Punkt sehr stark erhitzt.
Es kommt zu einer Verbrennung, aber nicht in dem Sinn, dass eine Flamme entsteht, sondern so ähnlich wie beim Schweißen.
Der NC kann damit den Tumor von seiner Ansatzstelle an der Hirnhaut trennen und gleichzeitig werden die getrennten Teile "zugeschmolzen", damit es nicht blutet.
KaSy

KaSy

Zur Frage, ob aus WHO-I-Meningeomen höhergradige Meningeom-Rezdive werden können, habe ich leider Erfahrung.

Mein erstes Meningeom, das bereits sehr groß war und zusätzlich den Knochen (links, hochfrontal) befallen hatte, hatte den WHO-Grad I. Es wurde komplett entfernt. 1995 war ich noch nicht so "schlau", mich nach der OP nach dem pathologischen Befund zu erkundigen, viele Jahre später las ich, dass in den Zellen atypische Anteile gefunden worden waren. Aber das hätte damals wohl auch nicht zu einer Nachbestrahlung geführt.

(Das wurde ja z.B. auch für die hirneigenen WHO-II-Oligodendrogliome erst mehr als 20 Jahre später erkannt, wie wichtig eine frühe Nachbestrahlung für die Vermeidung eines Rezidivs ist.)

Tatsächlich ist bei mir 4,5 Jahre nach dieser OP ein Rezidiv entstanden, wo ich zunächst locker glaubte, das ist ja noch klein und es geht schneller als beim ersten Mal.

Aber der Gedanke, dass ein Tumor, der ein zweites Mal kommt, auch ein drittes, viertes Mal erscheinen könnte, war irgendwie auch schon da.

Das Rezidiv wurde schleunigst operiert und stellte die NCs vor höhere Herausforderungen als es im MRT zu vermuten gewesen war, es hatte sich flächig ausgebreitet. Damals blieb man noch länger im Krankenhaus, bis zum Pathologischen Befund. Dieser beschrieb das Meningeom als anaplastisch.

Also aus dem WHO I mit Anteilen eines WHO II war ein WHO III-Meningeom-Rezidiv entstanden.

Ich war dann regelrecht froh, als es nicht bei der OP blieb. Ich war mir irgendwie klar, dass bei einem zweiten Tumor mehr passieren muss als bei einem einmalig aufgetretenen. Ich wurde sofort in die Strahlentherapie der Klinik geschickt und dort erfolgte das erste Gespräch mit dem dortigen Oberarzt.

Man muss vielleicht wissen, dass zu jener Zeit das Internet noch nicht derart viele Informationen "ausspuckte". Ich war auf die "Blauen Hefte" angewiesen, da gab es eins über Hirntumoren und eins über Strahlentherapie und viele weitere Hefte der Deutschen Krebshilfe. Ein seit 2002 bestehendes Hirntumorforum fand ich erst im Jahr 2009, im gleichen Jahr war ich auf einem Hirntumorinformationstag auf die DHH e.V. aufmerksam und sofort Mitglied geworden.

Heute kann ich außerdem die Hefte der DHH e.V. empfehlen, eins ist über Meningeome erschienen, man kan es kostenlos bestellen. Die Simpsongrade, die das Ausmaß der Tumorentfernung seit 1957 beschreiben, stehen in diesem Heft allerdings nicht.


Das Beschriebene ist meine Erfahrung.
Jedes Meningeom ist individuell, es muss kein Rezidiv entstehen, wenn eins entsteht, muss es nicht höhergradig sein, die Symptome hängen von der Lage ab, bei nahen wichtigen Hirnbereichen kann schon ein kleines Meningeom Symptome verursachen, oft werden sie aber auch erst sehr groß erkannt, weil sie keine Symptome verursachen und "heimlich" zu Hirnschäden und "zum Tod" (?) führen ...
Für den Patienten ist jedes Meningeom eine Katastrophe und für den NC ist jedes einzelne Meningeom eine ganz spezielle und sehr große Herausforderung.

KaSy

Toffifee

@KaSy & Prof
danke für die Erklärungen

@Dana
transitionaler Typ was ist das genauer?

LG
Willi

PS
In eine Neuauflage der Meningeombroschüre sollte die Erklärung der Simpson Grade unbedingt mit rein. (Seit mehr als zwei Jahren rätsele ich was hat es damit auf sich).

Dana

Hallo,
transitionaler Typ ist gemischt aus meningotheliomiatöser (wächst ballenförmig) und fibroblastischer Zellform, soll aber WHO 1 sein.
Nur warum dann immer wieder was Neues?
Hab montags nochmal Termin bei HNO, mal sehen wie es weiter geht.
LG

Toffifee

Danke für die Info und alles Gute Montag
LG

KaSy

Liebe Dana,
Mich beschleicht manchmal das Gefühl, ob die Operationen den Tumor erst recht zum Wachsen angeregt haben.
Das stimmt natürlich nicht oder es ist völliger Blödsinn, das zu denken.
Wir stecken da nun mal drin.
Es ist einfach bekloppt, was uns passiert, obwohl es so schön heißt, die Meningeome sind ja gar kein Krebs, sie sind doch heilbar und man ist danach wieder so richtig schön fit und gesund.
Es ist einfach mal doof, dass diese blöden Dinger uns ewig lange begleiten, bescheuerte Symptome auslösen oder die OP erzeugt irre Folgen und wir sollen immer wieder damit klarkommen.
Ja klar, kommen wir damit klar, weil (wie man so schön sagt) wir es können? Nein, weil wir es müssen, und zwar an jedem Tag!
Immer wieder laufen wir zu den Ärzten, damit sie uns helfen, immer wieder.
Ich habe diese Arzt- und Klinik-"Hoppings" manchmal so satt.
Aber sie geben alles für uns!
Für viele ist es nicht nur "ein Job", sie fühlen mit uns, leiden mit uns und heute haben sich zwei Ärzte mit mir und für mich so sehr gefreut. Es ist schön, sie glücklich zu sehen, weil sie etwas Unvorstellbares erreicht haben.

Ja, ich rede auch immer davon, dass sie Helden sind.
Aber wir sind es auch!
Von Montag bis Freitag und am Wochenende und an den Feiertagen lässt uns der Tumor nicht in Ruhe.
Aber wir finden immer wieder einen und zwei und noch mehr Wege, mit ihm oder gegen ihn zu leben.
Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass wir alle Helden sind.
Den Ärzten sagen wir Danke.
Wir haben auch ein Danke verdient.
KaSy

Dana

Hallo,
ja du sprichst mir aus der Seele.
Glaube auch schon fast, dass egal was ich mache, irgendeine Tumorzelle sich immer wieder regeneriert.
Das ewige Warten und Hoffen zermürbt auch .
Liebe Grüße

KaSy

Heute hat die goldene Sonne erst die zwitschernden Vögel und dann mich sanft geweckt. Und als ich aus dem Fenster schaute, kletterten zwei Buntspechte an den noch kahlen Ästen des Haselnussstrauchs herum. Bald werden Buntspechtbabys aus dem Nistloch der Linde schauen und nach Futter piepsen.

Es gibt auch schöne Momente mit "dem frühen Vogel ...".

Toffifee

Die Buntspechte sind etwa 15 m weg in großen Bäumen. Zwei, drei Jahre fehlten sie, wer weiß ob es die gleichen sind.
Dafür haben wir Meisen auf dem Balkon. Guckt man sie direkt an, fliegen sie fort. Betrachtet man sie aus dem Augenwinkel sind sie fleißig: Nestbau, Futter für die Kleinen herbeischaffen. Da freut man sich über Natur.

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