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pietra

Ich möchte kurz einen Erfahrungsbericht schreiben. Bisher konnte in diesem Forum offen erzählt werden, wie man mit der Krankheit leben und umgehen kann - daher nunmehr meine kurze Schilderung.

Mein Mann (operiert im Septembe 2012, neuer Befund ab 18.04.2013) wird zunehmend verwirrter - ein täglicher kleiner Rückschritt in eine Dimension, die ich noch nicht kenne. Seit Freitag bekommt er Kortison 8-8-8 mg Dexam. - das hat mir die Palliativärztin empfohlen. Er ist austherapiert... Neben den geschilderten liebevollen Stunden gibt es jetzt eine sehr schöne Zeit. Er erkennt zwar nicht mehr seine eigene - also unsere - Wohnung, aber er denkt, er wäre im Urlaub, er reist durch die Lande, es geht ihm gut. Meist reisen wir mit der Bahn, er bestellt Frühstück, er fühlt sich wohl und ist glücklich. Daran ist nicht das Kortison schuld, denn morgens sind seine Gedankenträume intensiver als mit der täglichen Einnahme. Abends ist er fast wieder der Alte. Er vergisst zwar viel, aber dafür bin ich ja da - ich frage ihn nicht ab, sondern gebe die Antworten im Voraus, dann kann er nicken. Auch lese ich ihm aus alten Tagebüchern vor, die ich während unserer vielen Urlaube geschrieben habe. Nur kurze Geschichten, er kann nicht lange folgen - aber wir haben dabei gemeinsame Erinnerungen und können viel Lachen.

Auch wenn mir oft nicht zum Lachen zumute ist, das kann hier wohl jeder sehr gut nachvollziehen, dennoch gibt es immer wieder glückliche Momente, in denen die Krankheit gar nicht präsent ist. Alles ist wie immer, man könnte glauben, wir erwachen aus einem Traum und gehen in den Alltag über.

Alltag - das ist das Stichwort. Der Alltag, den ich mal kannte, gibt es nicht mehr und wird es nicht mehr geben. Das ist hart und manchmal so hart, dass die Tränen mit Gewalt und Schmerz in die Augen schießen. Aber der neue "Alltag" ist im Moment gut zu ertragen. Ich bin den ganzen Tag zu Hause, pflege, koche, male, lese und schlafe. Die meiste Zeit verbringe ich dabei im Schlafzimmer in unmittelbarer Nähe bei meinem Mann. Das ist eine sehr schöne Zeit - das wollte ich mit diesem Bericht zum Ausdruck bringen.

Hat einer von Euch ähnliche Erfahrungen?

Eure Petra

gramyo

Liebe Petra und Mann,

da hatten wir am gleichen Tag wohl so ähnliche Gedanken zum Leben mit einem Gehirntumor, , speziell zu einem Glioblastom.

Habe eben auch sowohl meine medizinischen als auch , viel wichtiger, die immens anderen, aber so intensiven Gefühle des Lebens, als auch in der Partnerschaft , geschrieben.

Ich kann dir nur vollkommen beipflichten und finde es berührend schön wie ihr diese Zeit, die so einmalig ist im Leben eurer Partnerschaft , das langsame, aber fand ich durchaus , "liebevolle Abschiednehmen", miteinander verbringt.

Petra, ihr geht so wunderschön in eine völlig neue Dimension eurer Beziehung. Es kommt dann die Zeit, wo man auf der "Seelenebene " miteinander verbunden ist.

Da ist dann Trauer da , aber keine Verzweiflung, weil sie meiner Meinung nach bei uns sind.

Auf der anderen Seite des Horizonts, warten ja auch welche auf ihn um ihn zu empfangen und freuen sich. Irgenwann schließt sich der Kreis, wenn wir diesen Weg auch gegangen sind.

es ist wirklich ein "ewiges" gehen und ankommen und wiederkommen, meiner Ansicht nach, bis man sich endgültig im großen "All-Eins" befindet und diesen Planeten nicht mehr betritt.

Das glauben wir und schicken euch
"reine, pure Energie"
Gramyo und ihr Mann in anderem "Sein" und doch so nah

Jenny33

Du Liebe,
du bist so stark und ich kann nur staunen, wie du/ihr diese Situation meistert!Ich stehe noch am Anfang der Krankheit, habe heute Woche meinen letzten Temodal-Zyklus und alles bis jetzt einigermaßen gut vertragen.
Wie alt ist dein Mann und wie geht es ihm? Hat er Schmerzen?
Ja, es ist ein Gehen und Ankommen, aber es ist auch ein Abschied aus diesem Leben, und ich kann nur erahnen wie schwer es sein muss, fühl dich umarmt und umgeben.

pietra

Hallo und guten Morgen, Danke für eure lieben Worte. Mein Mann ist jetzt 73 Jahre alt und war vor kurzem noch topfit, jedenfalls aus meiner Sicht. Wir waren oft Segeln und in den Wintermonaten viel spazieren. In letzter Zeit etwas abgesteckter Bewegungsdrang, der nunmehr auf Stillstand und Bettruhe reduziert wurde...

Der Betroffene ist dennoch glücklich, hat keine Schmerzen, isst was er möchte, auch viele Schoki und trinkt auch nur, wann er möchte. Das ist neu für mich. Aber es funktioniert wunderbar. Ab und zu hat er Durst, ansonsten dann eben nicht. Neueste Studien aus Amerika haben bei Demenzkranken ergeben, dass diese wesentlich besser mit einer reduzierten Flüssigkeitsaufnahme zurecht kommen, als mit vorgegebenen Mengen. Der Körper schafft das besser und lebt friedvoller und länger.

Diese Weisheit habe ich aus dem Buch vom Leben und Sterben von Borasio. Meine Palliativärztin gab mir diesen Rat und sagte, dass mein Mann nur trinken brauche, wenn er es wolle. Ich hatte mir vorher Sorgen deshalb gemacht, nunmehr geht alles gut.

Tausendfüßler

liebe Pietra, liebe Grammyo
sehr berührt und angetan lese ich diese wundervollen Beiträge
ich als Betroffener, nehme für mich mit, dass es ein Hinübergehen gibt,
was für starke Frauen seid ihr ,dass ihr es schafft, es hinzu nehmen,
wie endlich wir doch alle sind.
Ich glaube, das Sterben ist ein Prozess ,der wie ich das Leben annehme ich auch den Tod akzeptiere.
Ich mag
den Tod nicht fürchten
der Tod kommt sowieso
das Leben ist das Wunder....
Jenny, schau nach vorne, das tue ich auch , es ist ein Geschenk,
was uns die starken Menschen mit auf den Weg geben, wenn es soweit ist.
Tief berührt, achtsam
LG
T.-F.

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