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Thema: Mit Methadon Auto fahren?

Mit Methadon Auto fahren?
Steinmetz
15.03.2019 08:47:27
Mein Mann nimmt seit August Methadon 10 mg täglich.
Darf er trotzdem Auto fahren?
Wer hat Erfahrung oder weiß das?
Wenn ein Unfall passiert hat er dann noch Versivcherungsschutz?
Braucht er ein Attest vom Arzt?
Steinmetz
Prof. Mursch
15.03.2019 11:18:37
Methadonprogramm schränkt die Fahrtauglichkeit ein.
Bei einem Unfall kann der Versicherungsschutz erlöschen.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Steinmetz
15.03.2019 11:30:14
Danke für die rasche Antwort.
Steinmetz
Fabi
16.03.2019 09:58:50
Sicherlich muss man abhängig von der rechtlichen Bewertung auch ehrlich zu sich sein, um die Frage zu beantworten ob man wirklich ein Fahrzeug führen sollte oder besser nicht.

Um einen Verstoß gem. §24a StVG begehen zu können, reicht es aus eine Substanz der Anlage 2 zum § eingenommen zu haben. Hierbei ist für den Verstoß zwingend erforderlich, dass es sich ausschließlich um eine Substanz nach der Anlage handelt. Anders ist ein Verstoß nicht möglich. Methadon ist dort nicht aufgelistet, folglich kann ein Verstoß gegen den §24a StVG nicht begangen werden.

Schwerere Verstöße hingegen wie der §315c fordern keine konkreten Substanzen. Hier ist alles aufgeführt was die Fahrtauglichkeit beeinflussen könnte. Dabei würde es sehr wohl ausreichen, wenn man beispielsweise einen Unfall verursacht unter der Einwirkung von methadon. Dabei wäre dann der fehlende Versicherungsschutz nur eines der nun anstehenden Probleme!

Fährt man also ohne Problem unter der Wirkung von Methadon mit seinem PKW und gefährdet dabei niemanden und kann das Fahrzeug einwandfrei führen so ist es perse nicht „verboten“.

Wichtig: Häufig fühlt man sich absolut in der Lage sein Fahrzeug zu führen und ist dann doch in seiner Reaktion beeinflusst. Die Empfehlung wäre ganz klar es besser zu unterlassen.

Lg
Fabi
Steinmetz
16.03.2019 10:34:32
Danke für die ausführliche Information. Ich werde das mal mit dem Arzt besprechen, wie er das sieht.
Gruß
Steinmetz
Daddycool
16.03.2019 11:39:35
@Prof. Mursch
Zitat: "Methadonprogramm schränkt die Fahrtauglichkeit ein."

Falls diese Aussage zutreffen würde, dann würde sie ja automatisch für jegliches Opioid gelten, dass in der Schmerztheraie eingesetzt wird. Dem ist aber nicht so.
Zudem sind Schmerzpatienten nicht im "Methadonprogramm", denn das "Methadonprogramm" betrifft mit seinen extrem hohen Dosierungen für Substitutionspatienten. Und diese Substitutionspatinten können sich jederzeit in der Rechtsmedizin die Fahrtauglichkeit bestätigen lassen. Auch Patienten im Methadonprogramm, die ein Vielfaches der Dosis von dem in der Schmerztherapie nehmen, bekommen also die Fahrtauglichkeit ausgestellt.
Bei Methadon handelt es sich nicht um eine illegale "Droge".
Es gibt also keinen Grund, einem Methadon-Patienten per se den Führerschein zu entziehen. Man entzieht ja auch niemandem der wg. chronischem Reizhusten Codein bekommt (auch ein Opiat) den Führerschein.
Was das "Fahren unter Methadon" anbelangt, ist die Lage nicht eindeutig geregelt. Prinzipiell hat der behandelnde /substituierende Arzt den Patienten aufzuklären, dass die Methadondosis ggf. zu hoch ist, um am Straßenverkehr teilzunehmen. Gerade am Anfang der Substitution wird das regelmäßig der Fall sein. Ist der Patient jedoch auf das Medikament "eingestellt", kann sehr wohl Fahrtüchtigkeit gegeben sein, da Methadon keine Rauschwirkung hervorruft, sondern lediglich die körperliche Entzugssymtomatik der Abhängigen verhindert.

Alles was berauschend ist verbietet sich bim Autofahren,genau wie Alkohol.. Bei Methadon darf man Autofahren.

Abschließend der Hinweis, dass die Dosierung von 35mg/Tag mit D,L-Methadon fernab von denen der Dosierungen liegt, die im Methadonprogramm verschrieben werden.

Wenn man in der Einschleichpase unter Müdigkeit und Schwindel leidet sollte man selbstverständlich nicht Autofahren. Die nach der Einschleichphase bleibende Nebenwirkung der Verstopfung macht nicht fahruntüchtig.

Bei Codein-Hustensaft darf man kein Autofahren, da es in Morphium umgewandelt wird und man dieses im Blut nachweisen kann. Jeder der diese Hustensaft nimmt darf eigentlich kein Auto fahren:https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/panorama/fuehrerschein-weg-wegen-hustensaft-arzneimittelmissbrauch

Wesentliche Beispiele mit festgelegten Grenzwerten für Blutspiegel sind die Benzodiazepine Clonazepam, Diazepam, Flunitrazepam, Lorazepam, Oxazepam und Temazepam sowie Methadon, Morphin und Opioid-Arzneimittel. Wer entsprechende Präparate verschrieben bekommen hat, sie nach Anweisung einnimmt und dadurch nicht in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt ist, macht sich nicht strafbar und braucht nichts zu befürchten.
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2015/02/19/aufgepasst-sonst-wird-s-unangenehm?

Weitere Links zu dem Thema sind hier zu finden:
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2010/daz-44-2010/fahrtauglichkeit-unter-schmerztherapie

https://www.fev-mpu.de/fuehrerschein_mpu/alle_fragen_rund_um_den_fuehrerscheinentzug/drogen.html
Daddycool
Prof. Mursch
16.03.2019 14:21:16
Ich meinte nicht „Methadonprogramm“, sondern Methadon, Verzeihung.
Jedes Opioid schränkt die Fahrtauglichkeit ein. Ob das UNTAUGLICH heißt, macht die Dosis und die Verträglichkeit. Die hängt von vielem ab.

Liebe Leser, lesen Sie bitte die unten angegebenen Zitate genau.
Es wird der Eindruck erweckt, sie belegen den Freifahrtschein für Methadon.

Ist nicht so.




Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
KaSy
16.03.2019 16:06:32
In den Zitaten aus Daddycools Beitrag wird, wie auch in der ADAC-Zeitschrift 03/2019 sehr deutlich darauf hingewiesen, dass der Fahrer selbst dafür verantwortlich ist, ob er objektiv, also körperlich und geistig, dazu in der Lage ist, ein Fahrzeug zu führen.

Bei (nur) Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen dadurch kann eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe folgen.

Davor rettet auch keine ärztliche Bescheinigung.

Das Substitutionsprogramm mit Methadon wird für den Drogenentzug angewandt. Diese Personen haben keinen Führerschein oder er wurde ihnen entzogen. Nur mit einer MPU unter strengsten Bedingungen (im Laufe eines Jahres mehrfach kontrolliert ohne Suchtmittel) können sie ihren Führerschein wieder erlangen.


Darum geht es "Steinmetz" aber auch nicht.

Es geht darum, inwiefern die Fahrtauglichkeit durch das zusätzlich zur Chemotherapie genommene Methadon eingeschränkt sein kann, ob dadurch (kleinere oder schwere) Unfälle drohen und welche verschiedenen Folgen auftreten können.

Keiner möchte einem anderen und damit seinem Gewissen einen Schaden zufügen, auch der Angehörige nicht. Geld- oder gar Haftstrafen braucht kein Hirntumorpatient und dessen Familie auch nicht. Selbst "Blechschäden" im Straßenverkehr können sehr teuer werden, wenn die Versicherung wegen der Medikamentenwirkung nicht zahlt.


Das betrifft auch die von "Gesunden" teilweise sehr häufig genommenen Medikamente Schlaf- und Beruhigungsmittel, Betäubungsmittel (Methadon ist ein solches), Psychopharmaka, Mittel gegen Allergien, starke Schmerzmittel, Erkältungsmittel, bestimmte Augenpräparate, Mittel gegen Bluthochdruck und Diabetes sowie auch "medizinisches Cannabis" - wenn diese Medikamente die Fahrtüchtigkeit objektiv (!)
einschränken.

Es geht nicht darum, ob das Fahren verboten ist und welche versicherungs- oder strafrechtlichen Folgen das hat.

Es geht darum, dass jeder für sich möglichst objektiv entscheidet, ob er sich in dem Moment, in dem er eine Fahrt antreten möchte, wirklich in der Lage dazu fühlt, damit solche Folgen gar nicht erst eintreten.

Auch Epilepsiepatienten "dürfen" nach einem Jahr Anfallsfreiheit bei regelmäiger Einnahme von Antiepileptika in unveränderter Dosis ein Fahrzeug führen, sollten dies aber auch nicht tun, wenn sie sich dazu "jetzt" nicht in Lage fühlen. Bzw. ihnen muss klar sein, dass sie im Ernstfall die Konsequenzen zu tragen haben. Ärzte werden ihnen sagen, in welchen Fällen sie nicht fahren dürfen.

Aber kein Arzt wird seinem Patienten die Verantwortung dafür abnehmen, wenn dieser einen Unfall verursacht hat.

KaSy
KaSy
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