Hallo, margarethe,
Ich habe mich wegen Deiner Anfrage erkundigt und belesen.
Von vornherein hatte ich das Gefühl, dass Du sehr gern Deinem Patienten helfen möchtest, wieder Auto fahren zu dürfen (was ich richtig finde), aber dass Dir auch die "Alltagskenntnisse" darüber fehlen, wie Du ihm helfen kannst.
Es ist bekannt, dass viele Lebensmittel Alkohol enthalten bzw. in einem Atem-, Urin-, Blut-, (aber nicht Haar-) Test einen Wert anzeigen können, der darauf schließen lässt, dass möglicherweise Alkohol konsumiert wurde.
Das betrifft solche üblichen Sachen wie Apfelsaft, Cola, einige Süßspeisen (u.a. Tiramisu, Kinder-Riegel), einige Soßen, alkoholfreies Bier, und viele mehr.
In Mundspülungen ist oft Alkohol enthalten.
Einige Krankheiten, Lebensweisen und organische Veränderungen können Alkoholmarker im Blut anzeigen.
Das sind z.B. Lebererkrankungen, Rauchen, Vitamin B12-Mangel, Folsäuremangel.
Auch mehrere Medikamentengruppen können in allen vier genannten Testmöglichkeiten einen Wert anzeigen, der auf einen möglichen Alkoholkonsum schließen lässt.
Das betrifft z.B. Amphetamine, Benzodizepine, Cannabinoide, Cocain, Opiate, Methadon. (Diese habe ich bei https://ladr.de gefunden.)
Zytostatika sollen aber auch dazu gehören.
Über all diese Dinge solltest Du ihn aufklären.
Außerdem hat er doch sicher bei der Urinkontrolle angegeben, welche Medikamente er nahm und derzeit nimmt und welche Erkrankung er hat.
Die Labore und die medizinischen Fachkräfte der MPU wissen, dass sie die festgestellten Alkoholmarker nicht isoliert betrachten, sondern stets im Zusammenhang mit den Vorerkrankungen (Anamnese), dem derzeitigen organischen und psychischen Gesundheitszustand sowie den aktuellen und nicht sehr lange zurückliegenden Therapien (hier Glioblastom, Schmerzmittel bei und nach der OP, Bestrahlung, Chemotherapie und weitere aktuelle Medikation).
Dein Patient führt zurzeit eine Chemotherapie mit Temozolomid durch. Währenddessen ist es Standard, dass alle 4 Wochen ein großes Blutbild gemacht wird, um die toxische Wirkung des Chemotherapeutikums zu erkennen und einzuschätzen, ob bzw. wann der nächste Zyklus (meist 5 Tage Chemo - 23 Tage Pause) folgen darf.
Ich glaube, dieses Blutbild kann auch herangezogen werden, um Aussagen darüber treffen, ob überhaupt Alkohol konsumiert wurde oder ob die Medikamente die Alkoholmarker im Blut erzeugt haben.
Darüber wird Dein Patient die MPU-Fachärzte doch sicher informiert haben.
Es gibt im MPU-Bereich sehr erfahrene Ärzte, die unterscheiden können, welche Werte wirklich vom Alkohol kommen und welche Werte andere Ursachen haben, sie müssen diese anderen Möglichkeiten aber kennen. Und deshalb möchte ich Dich ganz vorsichtig fragen, ob Du wirklich völlig sicher bist, dass Dein Patient wirklich keinerlei Alkohol, in welcher Form auch immer, konsumiert hat.
Ihm ist immerhin vor mehreren Wochen oder wenigen Monaten die Fahrerlaubnis entzogen worden, weil er zu viel Alkohol getrunken hat und trotzdem gefahren ist und hoffentlich keinen Unfall mit Unbeteiligten verursacht hat. Jedenfalls muss er derart auffällig geworden sein, dass die Polizei ihn anhielt, den zu hohen Alkoholkonsum festgestellt, diesen zusätzlich überprüft und dann ein Strafverfahren eingeleitet hat. Es müssen schon triftige Gründe vorgelegen haben, damit ihm die Fahrerlaubnis entzogen wurde.
KaSy