Liebe Greta,
ich bin Ärztin, zwar keine Neurochirurgin, habe aber als betroffene Angehörige (Ehemann Glioblastom IV unmethyliert) das "Glück" einerseits jedes einzelne Wort und jede Anreicherung v. Kontrastmittel oder Tracer-aufnahme im PET-CT richtig zu deuten und auch das Pech zu wissen wie das Leben mit einem hochgradigen Hirntumor weitergeht, wie die Prognose ist und was als nächstes kommt. Natürlich habe ich die Wahrheit schonungsloser von den Kollegen eingefordert als ein Nicht-Mediziner, aber unsere behandelnden Ärzte haben Klartext geredet. Ich wusste bereits mehr durch das was sie nicht gesagt haben als durch das was sie gesagt haben. Jede Untersuchung die sie veranlassten gab mir einen weiteren Hinweis auf das was sie vermuteten.
Und glaub mir: obwohl ich Ärztin bin leide ich an diesem schweren Schicksal wie jeder andere Angehörige auch.
Was könnte ich Dir sagen?
Versuche nicht jede einzelne Vokabel zu interpretieren, sondern bitte die Ärzte, es Dir und Deiner Mutter ganz offen und verständlich zu erklären. Das wichtigste ist, daß Ihr Klarheit habt, und daß Ihr die Befunde richtig interpretiert bekommt.
Versucht eine grobe Einschätzung der Prognose zu bekommen. Nicht in Jahren, sondern in gut - mittel - schlecht.
Begrenzt die Therapie bei schlechter Prognose und schlechter Verträglichkeit oder sschlechtem Ansprechen auf die Therapie. Ehrlich.
Verpasst nicht den Moment, an dem es vielleicht wichtiger ist Leiden zu lindern, als Leiden hinauszuzögern.
Hirntumoren die von hirneigenem Gewebe ausgehen kann man nicht komplett herausoperieren wie ein Tumor im Darm. Die Zellen, die Rezidive machen können sind u.U. überall.
Versucht die Zeit zu nutzen, wichtge Dinge zu regeln. Frage Deine Mutter was sie sich wünscht. Gib Deiner Mutter das Gefühl, daß Du DAS überstehen wirst. Eine der grössten Sorgen der Kranken ist die Sorge um die Angehörigen.
Ich schicke Euch unbekannterweise ganz viel ja, was? Mitfühlen? Kraft?
Mir wünschen gerade alle viel Kraft, ehrlich: ich kann´s nicht mehr hören.
Ich sitze mit Euch in diesem Boot, und liebe liebe Greta, nimm Dir Auszeiten, auch Du musst irgendwo auftanken.
Und: google nicht, frag die Ärzte. Du machst Dich sonst verrückt, und/oder ordnest es falsch ein.
Ganz liebe Grüsse