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Thema: Nach der Entfernung des Meningeoms ?

Nach der Entfernung des Meningeoms ?
Gambit
01.04.2024 12:19:23
Was passiert im Gehirn nach der Entfernung des Meningeoms? Das habe ich die Neurochirurgen vor der OP gefragt?

Bei mir ist die OP wirklich super verlaufen (Olfactoriusmeningeom). Im Kopf bzw. Gehirn ist einzig ein "Loch" zurückgeblieben. Bei der ersten Verlaufskontrolluntersuchung meinte der Neurochirurg, es bliebe abzuwarten, ob das Großhirn diesen Bereich wieder einnimmt oder wie der Körper mit dieser Narbe umgehen wird.
Bei der zweiten Verlaufskontrolle war das "Loch" unverändert dort (links frontotemporal).
Nun bin ich am Vorbereiten der 3. Verlaufskontrolle und stelle meine Fragen zusammen. U.a. interessiert mich natürlich weiterhin mein "Loch / Narbe".
Was fehlt dort an Struktur?
Wie kompensiert das Gehirn diese Narbe auf Dauer?
Mit welchen Folgeschäden muss ich rechnen? Demenz?

Hat jemand hier im Forum Erfahrung mit der Narbenbildung innerhalb des geschlossenen Schädels nach der OP?

Ich möchte beim nächsten Gespräch mit dem Neurochirurgen ganz einfach besser vorbereitet sein. Erfahrungsgemäß sind die Zeiten für die Nachsorgegespräche kurz bemessen, was kein Vorwurf sondern lediglich eine Feststellung sein soll.

Wenn jemand etwas weiß, bin ich sehr dankbar für eine Antwort.
Gambit
Harte Nuss
01.04.2024 14:01:05
Hallo Gambit,
ich habe ein ziemlich großes "Loch" im Gehirn und das seit Jahren.
Mein erstes Astro (1981) saß rechts temporal das Rezidiv (1990) an gleicher Stelle.

Man hat damals auch den Hippocampus weggenommen weil von ihm die viele Anfälle aus gingen.
Der Knochendeckel war eingefroren und wurde erst 6 Monate später wieder eingesetzt.
Auf jedem MRT sieht man immer noch den großen Defekt. Ein Radiologe sagte mal zu mir: da haben sie aber ordentlich aufgeräumt.

Die Schädelplatte ist durch das Einfrieren kleiner geworden und man kann die Ränder ertasten und die Bohrlöcher erfühlen. Unter den Haaren fällt es nicht auf und der Friseur weiß es mittlerweile auch.

Die ersten Jahre habe ich die Narbe bei Wetterwechsel gespürt, es gab auch mal einen einstechenden Schmerz aber das war es. Mein Gehirn innendrin hat gelernt mit dem "Defekt" um zu gehen. Einige Aufgaben hat die andere Gehirnhälfte übernommen. Was bei mir geblieben ist sind Konzentrationsschwierigkeiten, hohes Schlafbedürfnis und die Speicherung von Kurzzeitgedächtnis in Langzeitgedächtnis funktioniert nicht mehr so toll.

Das ist bei deinem Meningeom sicher anders, weil es ja auch an einer andern Stelle im Gehirn gesessen hat.
Du sprichst Demenz an, noch kann ich (60Jh) es dir nicht sagten.
Ein Arzt sagte mir mal ich musste auf mein alter ungefähr 20 Jahre dazurechnen. OK dann bin ich jetzt 80, dafür habe ich mich aber sehr gut gehalten und werde es auch weiterhin versuchen.

Mache jetzt in der Ergo Gedächtnistraining. Das um die Ecke denken fällt mir schwer.
Ein kleines Beispiel: Kopfbedeckung für ein kleines Körperteil ?
Fingerhut
Ich habe alle möglichen Leute die Frage gestellt. Kaum einer hat es auf Anhieb gewusst, dass hat mich stolz gemacht. Sodoku soll auch besser sein wie Kreuzworträtsel, also üben und versuchen positiv zu denken.

Bei deinem nächsten Gespräch frag doch mal genau welche Aufgabe in diesem Bereich des Gehirns liegen, was für Ausfälle zu erwarten wären.
Sicher werden dir noch einige Leute schreiben und Tipps geben.
Bleib guter Dinge
die harte Nuss
Harte Nuss
KaSy
01.04.2024 17:05:32
Liebe Gambit,
Ein Meningeom entwickelt sich langsam und eher zufällig aus einer Zelle, die (durch irgendeinen Einfluss) eine veränderte DNS-Struktur bekommen hat, was nicht so selten vorkommt.
Sie kann aber dieses Problem selbst nicht reparieren, was die meisten Zellen können. Nun ist sie da und der Körper müsste sie eigentlich aussortieren, aber das gelingt auch nicht.
Diese "falsche" Zelle, aus der nach Jahren ein Meningeom entsteht, befindet sich auf den Meningen = Hirnhäuten.

Sie wartet nun dort und Irgendwann beginnt sie sich zu teilen. Aus dieser einen falschen Zelle werden zwei falsche Zellen, aus 2 werden 4, aus 4 werden 8 und so geht das weiter. Würde man es in ein Diagramm zeichnen, würde es wie die Parabel einer quadratischen Funktion aussehen.

Sehr lange ist dieser "Haufen falscher Zellen" weder in der MRT zu sehen noch erzeugt er Symptome.
Er fordert aber immer mehr Raum innerhalb des Gehirns und sobald er in der MRT erahnt oder sichtbar wird, beschreibt ihn der Radiologe als "Raumforderung".

So werden alle Auffälligkeiten benannt, die anders aussehen und in ein "normales" Gehirn nicht hinein gehören. Der Radiologe schickt den Patienten zum Neurochirurgen. Dieser erkennt auf den MRT- Bildern, was das ist. Es kann alles Mögliche sein. Den Betroffenen, die in diesem Forum schreiben, teilt er mit, dass dieser Zellhaufen bzw. die Raumforderung ein Tumor ist.

Er erkennt aber auch, ob es ein "hirneigener Tumor" ist oder ein "Meningeom.

Hirneigene Tumoren ahmen (vereinfacht gesagt) die Hirnzellen nach, in denen sie sich befinden. Sie "mischen sich unter sie", übernehmen aber die Hirnfunktionen nicht. Dadurch werden die Aufgaben in diesem Bereich immer weniger gut erfüllt, was oft langsam geschieht. Der scheinbar völlig gesunde Mensch merkt das schleichende Nachlassen dieser Funktionen an bestimmten Symptomen oft erst dann, wenn der hirneigene Tumor bereits viel zerstört hat.

Ein Meningeom jedoch wächst durch die Teilung dieser falschen Zellen "verdrängend"! Dieser Tumor entsteht aus den Hirnhäuten und wird auch zu einem Tumor. Je nachdem, welche Funktionsbereiche er verdrängt, bemerkt die Person bestimmte Veränderungen = Symptome.

Nun entfernt der Neurochirurg das Meningeom.

Und jetzt ist dort ein "Loch". Man nennt es auch Tumorresthöhle.

In diesem Loch befanden sich nur Tumorzellen, die keine Aufgabe zu erfüllen hatten. Sie haben sehr lange nur den Funktionsbereich verschoben und dieser "hat sich das gefallen lassen" und weiter funktioniert. Erst als diese Funktionszellen so sehr zusammengedrückt waren, schafften sie das nicht mehr. Spätestens jetzt fällt der Person etwas auf und sie begibt sich zum Arzt.

Das, was das Meningeom vielleicht bereits zu sehr "zerstört" hat, erholt sich nur mühsam oder nicht oder andere Zellen übernehmen die Aufgaben.

Das, was "nur zusamnengeschoben" wurde, könnte sich wieder ein wenig ausdehnen und sich in einen Teil dieses OP-Lochs begeben.

Es ist aber auch möglich, dass dieses Loch "leer" bleibt. "Leer" bedeutet nur, ohne Hirnzellen. Ein "Vakuum" kann sich dort nicht befinden. Die Tumorresthöhle würde sich mit (einer Art?) Wasser füllen. Diese Flüssigkeit sieht auf den MRT- Bildern dunkel aus.
Der Tumor jedoch sah hell aus, insbesondere, wenn er das Kontrastmittel aufgenommen hatte.
Alle anderen Hirnzellen "sind irgendwas dazwischen".

Da Dein Meningeom etwas mit dem Geruchssinn (Olfactoriusmeningeom) zu tun hatte, dürften die Symptome und die OP- Folgen eher etwas mit dem Geruchssinn zu tun haben.

Wenn in der Nähe andere Funktionsbereiche ein wenig mitbetroffen waren, dann dürften sie sich sehr gut erholen und bestenfalls müsstest Du den Geruchssinn trainieren.

Demenz ist nicht zu erwarten, der Persönlichkeitsbereich liegt woanders. Auch das Sehen, Hören, Sprechen und Sprache verstehen, alle Bewegungen funktionieren weiterhin. Evtl. hat der Geschmack etwas abbekommen.

Letztendlich ist das Gehirn ziemlich genial und es gelingt ihm, einige Aufgaben durch andere Bereiche übernehmen zu lassen. Das gelingt bei weitem nicht immer, aber mit Übung können noch lange Verbesserungen erreicht werden.

KaSy
KaSy
Gambit
01.04.2024 17:10:37
Liebe harte Nuss,
vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht.

Ja das werde ich in der Neurochirurgie hinterfragen, was fehlt eigentlich?

Und ja auch ich bin nicht mehr so fix im Kopf wie ich mal war.
Ich habe es in einem anderen Beitrag bereits erwähnt: Multitasking ist nicht mehr....nur noch step by step.
Meine Gedächtnisleistung versuche ich durch Vokabel Training auf Stand zu halten.

Nochmals vielen Dank
Gambit
Harte Nuss
01.04.2024 18:36:50
Oh ja Gambit,
Multitasking habe ich über die Feiertage mit der Familie auch wieder bemerkt. Es sprechen alle durcheinander und man muss sich sehr auf einen konzentrieren.

Wie auch KaSy schreibt auch Geruch kann man trainieren. Egal wodurch er gelitten hat bei mir durch Sturz auf Hinterkopf, Corona oder...Geschmackssinn sind durch Strahlenchemo bei mir eingeschränkt.

Ist alles nicht einfach, aber bei einem Verständnisvollen Partner bekommt man es mit der Zeit auch hin. Wir sind doch alle froh, wenn es nur solche "Kleinigkeiten " sind.

Kann schon sein dass ich es in anderen Beiträgen von dir gelesen habe aber schon wieder vergessen.

Wie soll ich es nennen?
Punktuelles denken.

Alles Gute von der harten Nuss
Harte Nuss
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