Liebe kaso1,
Eine Strahlentherapie erfolgt mit dem Ziel, die Tumorzellen, die sich schneller teilen als normale Zellen, in ihrer Teilungsfähigkeit zu stören. Die Strahlen zerstören die DNS, also den Doppelstrang der Erbinformation im Zellkern, in dem Moment, in dem sich dieser teilt, um sich dann zu verdoppeln. Auf diese Weise würden aus einem Zellkern zwei Zellkerne werden und in diesem Zustand verändern die Strahlen die DNS, so dass die Verdoppelung und anschließende Teilung nicht oder nur unvollständig erfolgen kann.
Das bedeutet, dass die Tumorzellen nun zwar nicht mehr teilungsfähig sind, aber sich immer noch alle an derselben Stelle befinden.
Diese nicht mehr lebensfähigen Zellen werden vom körpereigenen Immunsystem als Gefahr, als Feind, als Eindringling erkannt und es beginnt den "Kampf" gegen diese Zellen, um den Betroffenen vor ihnen zu schützen. (Das passiert bei jedem Virus, Pilz, bakteriellen Befall.)
Und nun geschehen zwei Dinge:
1. Das Immunsystem "schließt den bestrahlten Tumor ein", indem es ihn mit Wasser umgibt. Das nennt man Ödem. Dieses macht den toten Tumor größer. Dadurch können Symptome eines Hirndrucks entstehen. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, ...
2. Die be- bzw. zerstrahlten Zellen verlieren den Kontakt zueinander, der Tumor löst sich in seine einzelnen Zellen auf. Evtl. trennen sie sich voneinander. Irgendwann im Laufe von Monaten können die einzelnen Zellen "wegtransportiert" werden.
Aber in den ersten Monaten nach Abschluss der Bestrahlung kann der Tumor scheinbar an Größe zunehmen, was als " Pseudoprogression" bezeichnet wird.
Da die maximale Strahlendosis erst mit dem Ende der Strahlentherapie erreicht ist, ist dieser Prozess der Ödembildung und Pseudoprogression jetzt erst in vollem Gang und kann entsprechende Folgen erzeugen.
Der Körper reagiert individuell sehr unterschiedlich und deswegen können die Ärzte über konkrete Folgen und Zeiträume nichts vorhersagen. Aber sie stehen ja während der Bestrahlung und auch danach stets als Ansprechpartner zur Verfügung. Bei jeder unklaren Erscheinung sollte man nachfragen. (Ich wurde im Gespräch, im Aufklärungsbogen und auch per Zettel an der Kabinentür darüber informiert.)
(Die Störung des Kurzzeitgedächtnisses ist allerdings eine "übliche" Folge, mit der man umgehen lernen kann, es kehrt nach Wochen, Monaten, Jahren zurück.)
Wegen des recht langen Zeitraums der Nachwirkungen der Bestrahlung ist ein MRT in den ersten drei Monaten nicht aussagekräftig. Man könnte es machen, aber man würde darauf eine scheinbare Vergrößerung sehen und diese erklären müssen, weil die Patienten denken, der Tumor hätte sich vergrößert. Demzufolge wartet man sinnvollerweise etwas länger ab, bis ernsthaft zu erwarten ist, dass ein Stillstand oder sogar eine Tumorverkleinerung sichtbar sein könnte.
Ich nehme an, dass Ihr die aufgetretenen Probleme den Strahlenärzten geschildert habt. Es sollte zu erwarten sein, dass sich diese nach einigen Wochen oder Monaten zurück bilden, so wie das "tomjoq" in seinem Erstbericht in diesem Thread beschrieben hat.
Auch ich kann das aus mehrfacher Bestrahlungserfahrung bestätigen. Es dauert Wochen, Monate, Jahre, je nach Symptom, dann stellt man irgendwann fest, dass Vieles besser geworden ist. Momentan bin ich im 6. Monat nach Bestrahlungsende und seit etwa einem Monat sind die stärksten Symptome deutlich weniger, wenn auch noch nicht weg.
Also: Immer wieder fragen und Geduld haben. Der Körper leistet enorm viel, um mit der Bestrahlung klarzukommen!
Alles Gute!
KaSy