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Thema: Nebenwirkungen nach Strahlentherapie - Eure Erfahrungen

Nebenwirkungen nach Strahlentherapie - Eure Erfahrungen
Tomjog
13.09.2015 14:54:17
Liebe Forianer,

meine Frau hat vor ca. 4 Wochen ihre Strahlentherapie mit 54 Gray abgeschlossen ( Aufsättigung an einer kleinen KM aufnehmenden Stelle)

Während der Bestrahlung hatte sie so gut wie keine Nebenwirkungen, außer leichter Müdigkeit. Nach ca. drei Wochen kam Haarausfall an den bestrahlten Stellen hinzu. Das bestrahlte Hirnareal befindet sich rechts temporal. Nach Aussage der Ärzte waren im Strahlungsgebiet keine Bereiche die "problematisch" für die Behandlung gewesen wären. Insgesamt wird von einem sehr guten Therapieverlauf gesprochen, K-Index 100 %.

Drei Wochen nach Beendigung der Therapie traten dann die folgenden Nebenwirkungen auf: Leichter unsicherer Gang, Müdigkeit (jetzt etwas besser), Schwierigkeiten mit der Konzentration und manchmal mit dem Kurzzeitgedächtnis , depressive Verstimmung ( aktuell besser). Beim Schreiben von Kurznachrichten ist mir aufgefallen das manchmal die Rechtschreibung nicht ganz so gut ist (aktuell wieder besser).

Wie sind Eure Erfahrungen, wie lange hattet Ihr Probleme mit den
Nebenwirkungen der Strahlentherapie ? Würde mich sehr über Eure Beiträge freuen ! Herzlichen Dank !

LG

Tom
Tomjog
Prof. Mursch
13.09.2015 17:01:06
Der "Durchhänger" einige Wochen danach ist nicht selten und meist nach Wochen wieder besser.

Prof. Dr. med. Kay Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka
Prof. Mursch
Schnucki89
13.09.2015 17:09:05
Hallo Tomjog :),
also Tim hatte während der Bestrahlung (5 Wochen 54 gy)nur den Haarausfall als Nebenwirkung. Und einen Tag nach der letzten Bestrahlung hatte er irgendwie Druck auf den Ohren, aber das ging nach einer Woche weg und wir wissen nicht ob es von der Behandlung kam. Und vier Wochen nach der Bestrahlung war er zwei Wochen lang sehr schlapp, hatte kaum was gegessen und wirkte etwas depressiv. Aber es hat sich alles wieder ziemlich schnell gelegt. Seine Haare fangen jetzt wieder an zu wachsen :)
Wünsche euch nur das Beste und dass deine Frau bald wieder fit wird!
Liebe grüße
Schnucki89
Schnucki89
Tomjog
13.09.2015 17:21:04
Sehr geehrter Herr Professor Mursch,

vielen Dank das Sie sich am Sonntag Zeit genommen haben uns zu antworten !

Sie haben uns wirklich sehr weitergeholfen und uns beruhigt. Wir sind gerade im Urlaub auf Mallorca und können uns jetzt nach Ihrer Anwort wieder etwas entspannen.

Für Ihr Engagement hier möchte ich mich nochmal recht herzlich bedanken !

Wir wünschen Ihnen noch einen schönen Sonntag und einen guten Start in die Woche.

Herzliche Grüße

Tom mit Frau
Tomjog
Tomjog
13.09.2015 17:27:24
Hallo Schnucki89,

vielen lieben Dank für Deine Antwort, das beruhigt uns wirklich sehr !
Zusätzlich befindet sich jetzt meine Frau noch in den Wechseljahren, was gewisse Symptome noch begünstigen.

Schön das es dieses Forum hier gibt und sich so tolle Menschen hier aufhalten !

Wünsche Dir und Tim alles Liebe und Gute !

Liebe Grüße

Tom
Tomjog
suace
13.09.2015 18:40:30
Hallo Tom,
Mein Mann (Glioblastom seit 7/14 li frontal) hatte sich gegen Ende der Bestrahlung und in den Wochen danach deratig verschlechtert, daß ich mich manchmal heimlich gefragt habe wem die Therapie eigentlich nützen soll.
Die Bestrahlung endete Mitte September, "unser" Tiefpunkt war dann Ende Oktober. Ab Mitte November wurde es dann ganz zaghaft wieder besser.
Nur damit Du einen Überblich über den möglichen Zeitrahmen hast
suace
Tomjog
13.09.2015 18:55:33
Liebe Suace,

vielen Dank für Deine Antwort !

Einen ähnlichen Gedanken hatte ich heute auch schon. Es scheint aber wohl fast normal zu sein das eine Strahlentherapie noch "nachwirkt". Vermutet hatte ich das schon, doch die tatsächlichen Erfahrung hier beruhigen uns.

Wünsche Dir und Deinem Mann von Herzen alles Liebe und Gute !

Liebe Grüße

Tom
Tomjog
suace
13.09.2015 19:08:01
off topic:
Ich finde es sehr schade, daß die Aufklärung über die Nachwirkungen der Erkrrankung ja offenbar flächendeckend noch Luft nach oben hat.
Wir sind "technisch" mit unserer Klinik sehr zufrieden - aber außer einem Flyer der Hirntumorhilfe der im Stationsflur auslag gab es keine über den stationären Aufenthalt hinausgehende Hilfe. Weder Pschonkologische Angebote noch der Hinweis auf SchwerbehindertenAusweis oder eben die Nachwirkungen der Therapie.
Wer nicht in der Lage ist sich alles "zusammenzugoogeln" ist echt arm dran
suace
Tomjog
13.09.2015 20:41:57
Hallo Suace,

wir hatten vor der Strahlentherapie ein ausführliches Gespräch mit unserem Professor (Radio Onkologe). Zusätzlich hatten wir noch einen Aufklärungsbogen erhalten. Über die möglichen Nebenwirkungen nach der Strahlentherapie wurden wir im Einzelnen auch nicht unterrichtet. Wobei unser netter Professor uns angeboten hat, das wir ihn bei Fragen jederzeit kontaktieren dürfen. Die Frage ist, in wie weit es sinnvoll ist dem Patienten im Vorfeld Angst mit vielleicht auftretenden Nebrenwirkungen zu machen. Wichtig wäre auf jeden Fall zu jederzeit ein kompetenter und verständnisvollere Ansprechpartner. Wir sind insgesamt mit dem Ablauf der Behandlung zufrieden und wurden sehr freundlich betreut. Allerdings muss ich sagen das wir vorher in einer anderen Klinik waren, wo es nicht ganz so gut gelaufen ist. Bis jetzt sind unsere Erfahrungen aber überwiegend positiv.

Die Nachsorge erfolgt jetzt, u.a. wegen der Epilepsie, beim Neurologen, der uns auch bei Bedarf psychologische Hilfe angeboten hat. Wir haben das Glück das wir zwei Ärzte im engen Freundeskreis haben, die uns immer zur Seite stehen und uns viele Fragen beantworten. Es wäre sicher um einiges schwerer, wenn wir diese Möglichkeiten nicht hätten. So einige wichtige Informationen haben wir aber auch selbst im Internet recherchiert.

Das Forum hier ist wirklich eine zusätzliche und wichtige Möglichkeit schnell Hilfe und Informationen zu erhalten.

Liebe Grüße

Tom
Tomjog
Paul60
13.09.2015 23:24:05
Hallo Tomjog,
bzgl. der eintretenden Nebenwirkungen bei der Bestrahlung sind die behandelnden Ärzte sehr vorsichtig. Abgestorbenes Gewebe muss abtransportiert werden, es können sich Ödeme und Narben bilden. Es dauert eine gewisse Zeit, bis es hoffentlich wieder besser wird.
Es hängt auch davon ab, wo intensiv bestrahlt wird.
Bei meinem Sohn hat es auch so 2-3 Monate gedauert, bis die Folgen der Bestrahlung nachließen.
Ich wünsche Euch Hoffnung und Stärke.
LG
Paul
Paul60
Tomjog
14.09.2015 08:00:40
Hallo Paul60,

vielen Dank für Deine Antwort !

Das was Du schreibst ist gut nachvollziehbar. Wie geht es Deinem Sohn zur Zeit ?

Wünsche Dir und Deinem Sohn das Allerbeste !

LG

Tom
Tomjog
Paul60
14.09.2015 09:37:17
Hallo Tom, habe ein PN geschickt.
LG
Paul
Paul60
Tomjog
14.09.2015 10:03:08
Hallo Paul,

habe Dir gerade zurückgeschrieben.

Liebe Grüße

Tom
Tomjog
suace
14.09.2015 10:54:21
Mir hätte es weniger Angst gemacht wenn ich vorher gewußt hätte daß eine Verschlechterung auch nach Ende der Bestrahlung ziemlich häufig ist und nicht bedeuten muß daß es nun immer so schlecht bleibt.
In der ganz schlechten Zeit waren wir so auf uns allein gestellt. Das war wirklich richtig schlimm. Die obligatorische Kontrolle beim Strahlentherapeuten checkte nur Hautschäden ab, zum Allgemeinzustand wurde kein Wort verloren. Als wir uns dann einen Termin zur Nachkontrolle in 1 Jahr holen sollten, habe ich das für ein sehr zynisches Angebot gehalten.
Das hätte anders laufen können - aber ich war damals auch komplett überfordert und hab nicht weiter nachgefragt
suace
Tomjog
14.09.2015 11:24:28
Hallo Suace,

da hast Du recht. Es tut mir leid das die Situation so belastend für Euch war und Ihr so wenig Unterstützung gefunden habt. Man befindet sich in einer Ausnahmesituation, wo man dann gar nicht mehr in der Lage ist wichtige Fragen zu stellen. In diesem Fall wäre ein deutlicheres Zugehen auf die Betroffenen und Angehörigen doch sehr wichtig.

Wir haben mit solchen Nebenwirkungen auch nicht gerechnet - hätten wir gewusst das so etwas auftreten kann, hätten wir die jetzige Situation auch anders eingeschätzt. Es macht einem schon sehr Angst, wenn plötzlich derartige Symptome auftreten. Meine Frau ist normalerweise ein richtiges Energiebündel mit wachem Verstand - sie so gehandicapt zu sehen tut weh und man macht sich einfach Sorgen. Aber da müssen wir wohl geduldig sein.

Ich kann Euch den Ratschlag geben zukünftig auf die Ärzte zuzugehen, nicht lockerzulassen und alles Fragen was Euch wichtig ist. In der Regel findet sich dann jemand der Euch zuhört. Meist gibt es auch die Möglichkeit für ein Telefongespräch oder einen Email Kontakt. Ich weiß von unseren zwei befreundeten Ärzten wie ein Klinikalltag so abläuft.

Wünsche Euch Zwei das Allerbeste!

Liebe Grüße

Tom

PS; habe Dir eine PN geschrieben
Tomjog
kaso1
16.05.2018 19:10:46
Hallo. Ich habe genau zu diesem Thema eine Frage. Meine Mutter hatte Hautkrebs, der bereits gestreut hatte. Sie bekam einen Hirntumor. Den primären tumor hat man im Sept. 2017 entfernt. Sie hatte auch 2 Metastasen im Kopf, sonst nirgends im Körper, und sie wollte eine Bestrahlung. Diese fand im Dezember 17 statt, und die letzte war am 27.12.17. anfangs war alles gut, sie machte, sie war im Leben. heute? Nix mehr. Sie hat Probleme mit den Wochentagen, mit dem was vor 3 stunden war. etc. Also das kurzzeitgedächtnis. Hab ihren Onkologen gefragt wegen CT, er meint ist zu früh. Hat irgendjemand schon Erfahrungen gemacht in Bezug auf das? ich meine sie hatte die Bestrahlung im Dez. Die eigentlichen Probleme fingen vor ca. 2 Monaten an. Kann das sein? Ich werde noch mal beim onkologen aufschlagen, obwohl ich die Antwort weiss...... Freue mich über Antworten
kaso1
KaSy
16.05.2018 20:58:22
Liebe kaso1,

Eine Strahlentherapie erfolgt mit dem Ziel, die Tumorzellen, die sich schneller teilen als normale Zellen, in ihrer Teilungsfähigkeit zu stören. Die Strahlen zerstören die DNS, also den Doppelstrang der Erbinformation im Zellkern, in dem Moment, in dem sich dieser teilt, um sich dann zu verdoppeln. Auf diese Weise würden aus einem Zellkern zwei Zellkerne werden und in diesem Zustand verändern die Strahlen die DNS, so dass die Verdoppelung und anschließende Teilung nicht oder nur unvollständig erfolgen kann.

Das bedeutet, dass die Tumorzellen nun zwar nicht mehr teilungsfähig sind, aber sich immer noch alle an derselben Stelle befinden.

Diese nicht mehr lebensfähigen Zellen werden vom körpereigenen Immunsystem als Gefahr, als Feind, als Eindringling erkannt und es beginnt den "Kampf" gegen diese Zellen, um den Betroffenen vor ihnen zu schützen. (Das passiert bei jedem Virus, Pilz, bakteriellen Befall.)

Und nun geschehen zwei Dinge:
1. Das Immunsystem "schließt den bestrahlten Tumor ein", indem es ihn mit Wasser umgibt. Das nennt man Ödem. Dieses macht den toten Tumor größer. Dadurch können Symptome eines Hirndrucks entstehen. Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, ...
2. Die be- bzw. zerstrahlten Zellen verlieren den Kontakt zueinander, der Tumor löst sich in seine einzelnen Zellen auf. Evtl. trennen sie sich voneinander. Irgendwann im Laufe von Monaten können die einzelnen Zellen "wegtransportiert" werden.
Aber in den ersten Monaten nach Abschluss der Bestrahlung kann der Tumor scheinbar an Größe zunehmen, was als " Pseudoprogression" bezeichnet wird.

Da die maximale Strahlendosis erst mit dem Ende der Strahlentherapie erreicht ist, ist dieser Prozess der Ödembildung und Pseudoprogression jetzt erst in vollem Gang und kann entsprechende Folgen erzeugen.

Der Körper reagiert individuell sehr unterschiedlich und deswegen können die Ärzte über konkrete Folgen und Zeiträume nichts vorhersagen. Aber sie stehen ja während der Bestrahlung und auch danach stets als Ansprechpartner zur Verfügung. Bei jeder unklaren Erscheinung sollte man nachfragen. (Ich wurde im Gespräch, im Aufklärungsbogen und auch per Zettel an der Kabinentür darüber informiert.)

(Die Störung des Kurzzeitgedächtnisses ist allerdings eine "übliche" Folge, mit der man umgehen lernen kann, es kehrt nach Wochen, Monaten, Jahren zurück.)

Wegen des recht langen Zeitraums der Nachwirkungen der Bestrahlung ist ein MRT in den ersten drei Monaten nicht aussagekräftig. Man könnte es machen, aber man würde darauf eine scheinbare Vergrößerung sehen und diese erklären müssen, weil die Patienten denken, der Tumor hätte sich vergrößert. Demzufolge wartet man sinnvollerweise etwas länger ab, bis ernsthaft zu erwarten ist, dass ein Stillstand oder sogar eine Tumorverkleinerung sichtbar sein könnte.

Ich nehme an, dass Ihr die aufgetretenen Probleme den Strahlenärzten geschildert habt. Es sollte zu erwarten sein, dass sich diese nach einigen Wochen oder Monaten zurück bilden, so wie das "tomjoq" in seinem Erstbericht in diesem Thread beschrieben hat.

Auch ich kann das aus mehrfacher Bestrahlungserfahrung bestätigen. Es dauert Wochen, Monate, Jahre, je nach Symptom, dann stellt man irgendwann fest, dass Vieles besser geworden ist. Momentan bin ich im 6. Monat nach Bestrahlungsende und seit etwa einem Monat sind die stärksten Symptome deutlich weniger, wenn auch noch nicht weg.

Also: Immer wieder fragen und Geduld haben. Der Körper leistet enorm viel, um mit der Bestrahlung klarzukommen!

Alles Gute!
KaSy
KaSy
kaso1
17.05.2018 07:46:25
Hallo. Vielen Dank für Deine Antwort. ich glaube, das war die qualifizierteste Antwort, die je erhalten habe. Mir ist klar, dass bei jedem Menschen der Hirntumor anders ist, und das jeder anders auf Bestrahlung reagiert. Wir werden wohl abwarten müssen. Es ist traurig und heftig, wie sich der Geisteszustand meiner Mutter zurückentwickelt hat. ich bin erschreckt jeden Tag, aber ich werde sie zu Hause behalten, und nicht in ein Pflegeheim geben, solange es irgendwie geht. Ich wünsche Dir alles Gute
Karin
kaso1
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