Hallo liebe Klammeraffe,
nach so vielen OP's verwundert mich das nicht, dass er nun stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Sicherlich ist es schockierend, wenn es sich gleich so sehr zeigt.
Da wir hier keinerlei Infos darüber haben, kann ich nur aus meiner Erfahrung heraus berichten.
Auch ich hatte nach meiner damaligen OP eine ziemlich starke Verlangsamung meiner Reaktionen, allerdings schaffte ich es immer rechtszeitig zum WC. Meine Motorik war ebenfalls intakt und mit dem Sprechen hatte ich nur insofern Probleme, dass ich einmal angefangen zu reden, nicht mehr aufhören konnte. Erst, wenn ich "ALLES" gesagt hatte, verstummte ich endlich. Ich bekam alle positiven Dinge mit, konnte mich aber oftnicht sofort dazu äußern. Das erweckte für Außenstehende den Anschein, als wäre ich nicht mehr fit im Kopf. War ich aber irgendwie doch und es regte mich tierisch innerlich auf, wenn man mir das Gefühl vermittelte, als wäre ich nicht mehr zurechnungsfähig. Ich konnte mich einfach nur nicht so schnell äußern, weil mein Hirn sich mit sich selbst beschäftigte. Mir zogen Milliarden von Gedanken quasi gleichzeitig durch den Kopf und ich musste immer eine Lücke finden, um mich verbal äußern zu können. Aber ich schaffte das. Dabei durfte ich keinerlei Druck von außen kriegen, auch war mein Zeitgefühl völlig weg. Zeit hatte für mich keinerlei Bedeutung. Stunden vergingen für mich wie Minuten. So saß ich so manches Mal stundenlang auf dem Boden und mir kam es vor, als hätte ich da max 3 Minuten gesessen.
Mein Oligodendrogliom Grad 3 saß vorn rechts frontal, etwa faustgroß.
Wie solltest Du damit umgehen... meiner Meinung nach könnte es ihm jetzt in etwa so gehen, wie mir damals. Versuche ihn immer für voll zu nehmen, gebe ihm für alles viel mehr Zeit und nimm dir gereizte Reaktionen bloß nicht zu Herzen. Es könnte sein, dass er vielleicht gerade überfordert ist. Wenn die Konzentratio weg ist, kann man fast nur noch aus dem Langzeitgedächtnis schöpfen und das Kurzzeitgedächtnis ist vorrübergehend futsch. Man braucht sehr viel Ruhe und Zeit, dass sich das Gehirn langsam regenieren kann. Bei mir brachten negative Reaktionen/Gespräche, selbst kleinere Streitigkeiten immer einen Rückfall. Es musste alles schön harmonisch sein. Negatives durfte oder kam oft nicht an mich heran.
Streit gab es eigentlich nur, wenn jemand an meiner Zurechnungsfähigkeit zweifelte odr mich wie ein kleines Kind behandeln wollte. Da kochte mir das Blut in den Adern. ;-) Immerhin war ich vorher die Aktive, die alles regelte, managte und ein Nein gab es so gut, wie nie. Ich war immer für alle da, wenn ich gebraucht wurde. Alleine mein maroder Zustand war für mich schwer anzuerkennen, denn theoretisch konnte ich noch alles. Praktisch versagte ich bei den kleinsten Dingen, wie das Licht ausschalten, die Terrassentür schließen oder den Wasserhahn nach dem Händewaschen aus machen. Wasserrauschen wirkte auf mich extrem entspannend, vielleicht fiel es mir deshalb schwer, das wieder abzustellen?
Ein bisschen habe ich heute noch mit Verlangsamung zu tun, aber mit dem damaligen Zustand ist es überhaupt nicht zu vergleichen.
Auch kann ich mit stressigen Situationen nur noch schlecht umgehen, ich ziehe mich dann zurück, aus Selbstschutz. Ich würde wohl mit Zickigsein reagieren. Druck von außen kann ich auch nicht ab und meine Spontanietät ist ebenfalls weg. Werde ich unverhofft mit etwas neuem konfrontiert, macht mein Grips dicht und ich brauche etwas Zeit, mich an das Neue zu gewöhnen.
Ich hoffe dir helfen meine (leider wieder so langen) Ausführungen.
Alles Gute für deinen Mann, viel Geduld und Kraft für dich!
Auf dass er nicht noch weitere Eingriffe über sich ergehen lassen muss!