SNO-Kongress 2017- CeTeG-Studiendaten beim Glioblastom
Glioblastom (MGMT positiv)
Verbesserte Überlebenszeit mittels neuer Therapiekombination
Für die Behandlung des Glioblastoms stehen seit über zehn Jahren keine verbesserten Therapieoptionen zur Verfügung. Neue Perspektiven eröffnet nun die Kombination von zwei altbekannten Zytostatika: Lomustin und Temozolomid. Deutsche Wissenschaftler der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft (NOA) untersuchten diese Kombination in der Behandlung des Glioblastoms mit methyliertem MGMT-Promotor.
Die Langzeitdaten der Studie wurden auf dem SNO-Kongress am 17.11.2017 vorgestellt und zeigen eine signifikante Verbesserung der medianen Überlebenszeit. Studienleiter Prof. Dr. med. Herrlinger (Bonn) konnte für diese bemerkenswerte Forschungsarbeit den Adult Clinical Research Award entgegennehmen.
Das Glioblastom ist bei Erwachsenen der häufigste maligne primäre Hirntumor mit einer jährlichen Inzidenz von ca. 3 auf 100.000 Einwohner, was etwa 2.500 neuen Betroffenen pro Jahr in Deutschland entspricht. Seit 2005 wird bei Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom standardmäßig nach neurochirurgischer Resektion die Alkylanz Temozolomid parallel zur Strahlentherapie und im Anschluss an die Radiochemotherapie eingesetzt. Die Prognose dieser Patienten ist bis heute unbefriedigend. Trotz der intensiven multimodalen Therapie liegt die mediane Lebenserwartung der Patienten unter Standardbehandlung im Stupp-Protokoll bei etwa 15 Monaten.
Neue Perspektiven
Ein verbesserter Therapieerfolg zeigt sich nun durch die Erweiterung der Standardtherapie um den Nitrosoharnstoff Lomustin (CCNU). Prof. Dr. med. Herrlinger, Neurologe am Universitätsklinikum Bonn und Leiter des Schwerpunkts Klinische Neuroonkologie, erläuterte auf der Jahrestagung der Society of Neurooncology (SNO) am 17. November 2017 die Langzeitergebnisse der sogenannten CeTeG-Studie, auch unter der Bezeichnung NOA-09 bekannt.
In der prospektiven, randomisierten, multizentrischen Phase-III-Studie wurde bei neu diagnostizierten MGMT-methylierten Glioblastomen die Wirksamkeit und die Sicherheit der Kombination beider Alkylanzien untersucht. Insgesamt 141 Patienten wurden im Verhältnis 1:1 entweder in den Standardarm – zusammen mit RT beginnende konkomitante Temozolomid-Gabe (75 mg/m2 täglich), gefolgt von sechs 28-Tage-Zyklen adjuvante Temozolomid-Gabe (150–200 mg/m2 Tag 1–5) – oder den experimentellen Arm – zusammen mit RT beginnende sechs 42-Tage-Zyklen kombinierte CCNU- und TMZ-Gabe (CCNU 100 mg/m2 Tag 1, TMZ 100 mg/m2 Tag 2–6) – randomisiert. Primärer Endpunkt der Studie war das Gesamtüberleben (OS) in der modifizierten Intention-to-treat-Population von Patienten, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhalten hatten (mITT n=129, 63 TMZ, 66 CCNU/TMZ).
Sowohl in der mITT-Population als auch in der As-radomized-Population zeigte sich im Kombinationsarm ein signifikanter Überlebensvorteil. So konnte in der mITT-Population das mediane OS um 6,5 Monate, von 31,4 Monaten (95% CI 27,0–44,8 Monate) im TMZ-Arm auf 37,9 Monate (95% CI 29,2–51,4 Monate) im CCNU/TMZ-Arm, verlängert werden (Hazard Ratio für Versterben 0,60, 95% CI 0,35–1,03, p=0,064).
Die bereits im Vorfeld auf der NOA-Jahrestagung und dem DGN-Kongress vorgestellte Langzeitanalyse über fünf Jahre zeigte ebenfalls für alle zeitlichen Parameter ein signifikant verlängertes medianes Gesamtüberleben durch die Kombinationstherapie (1-Jahres-OS 84,4% vs. 88,8%; 2-Jahres-OS 65,4% vs. 71,4%; 3-Jahres-OS 42,3% vs. 57,4%; 4-Jahres-OS 31,4% vs. 48,8%; 5-Jahres-OS 27,7% vs. 34%). Mit Berücksichtigung lokaler Ungleichverteilung der Patienten auf die Studienzentren, ergibt sich sogar eine mediane Überlebenszeit von 46,9 Monaten für Patienten, die mit der neuen Kombinationstherapie behandelt wurden. Dies entspricht einer Verbesserung der medianen Überlebenszeit von über 16 Monaten im Vergleich zur Standardtherapie.
Die Patientencharakteristika waren in beiden Gruppen vergleichbar, ebenso die beobachteten Nebenwirkungen der Therapien.
Fazit: Modifizierte Standardtherapie beim Glioblastom
Die prospektive, randomisierte Phase-III-Studie CeTeG/NOA-09 zeigt für Patienten mit neu diagnostiziertem, MGMT-methyliertem Glioblastom eine statistisch signifikant höhere Überlebenszeit durch Modifikation des Therapieschemas und dem Hinzufügen von CCNU zum derzeitigen Therapiestandard.
Vor dem Hintergrund der CeTeG-Daten wird die Kombination aus CCNU- und TMZ-Chemotherapie als integraler Bestandteil der Standardtherapie bei neu diagnostizierten, insbesondere bei MGMT-Promotor-methylierten Glioblastomen diskutiert. Beide Zytostatika sind zugelassen und somit flächendeckend sofort verfügbar.
Weitere Informationen vom zurückliegenden SNO-Kongress erfahren Interessierte beim Hirntumor-Informationsdienst der Deutschen Hirntumorhilfe unter 03437.702 702 sowie im demnächst erscheinenden Kongress-Newsletter 2017, der über die Geschäftsstelle unter 0341.590 93 96 bestellt werden kann.
20.11.2017, M. Thomas