M.Staege

News: Studieninfos von der NOA-Jahrestagung 2015

Führende Experten der Neuroonkologie trafen sich am 18. und 19. Juni 2015 in Heidelberg, um sich bei der 17. Jahrestagung der Neuroonkologischen Arbeitsgemeinschaft (NOA) über Neuigkeiten in der Behandlung und Erforschung von Hirntumorerkrankungen auszutauschen. Bei dem jährlich statt findenden Kongress wurden zum einen die abgeschlossenen, laufenden und geplanten NOA-Studien vorgestellt, zum anderen weitere Forschungsvorhaben diskutiert.

Unter den abgeschlossen und sich in der Auswertung befindenden NOA-Studien wurden die NOA-07 und NOA-09 besprochen. Die NOA-07-Studie zur Behandlung von Erwachsenen mit einem intrakraniellen Medulloblastom befindet sich noch in der Auswertung, erste Publikationen werden in Kürze erwartet. Bei der NOA-09/CeTeG-Studie, die die Wirksamkeit einer Kombination von Temozolomid und CCNU bei neudiagnostizierten Glioblastomen mit methyliertem MGMT-Promotor untersucht, ist aufgrund der Nachbeobachtung erst in der ersten Hälfte des Jahres 2017 mit Ergebnissen zu rechnen.

Von großem Interesse war die Auswertung der Langzeitergebnisse aus der NOA-04-Studie. Diese hatte zwischen 1999 und 2005 insgesamt 318 Patienten mit einem anaplastischen Gliom eingeschlossen und ging der Frage nach, ob in der Primärbehandlung nach Operation anstelle einer Strahlentherapie auch eine Chemotherapie einsetzbar ist. Die Langzeitdaten bestätigen die erste Auswertung, dass in der heterogenen Gruppe der WHO-III-Gliome die Chemotherapie der Strahlentherapie weder unterlegen noch überlegen ist. Darüber hinaus konnte anhand der neuen Daten gezeigt werden, dass bei beiden Therapieoptionen eine IDH1-Mutation des Tumors mit einer besseren Prognose einhergeht, ebenso wie die 1p/19q-Codeletion.

Weitere vorgestellte NOA-Studien waren die NOA-10/GLIAA-Studie, NOA-11/PDT, NOA-12/NONK-3, NOA-14/HIPPORAD und NOA-16/NONK-6. In der NOA-10 soll beim Glioblastomrezidiv der Wert einer Re-Bestrahlung nach FET-PET gegenüber einer Re-Bestrahlung nach kontrastmittelgestütztem MRT untersucht werden. Drei Zentren rekrutieren bereits in diese Studie, weitere sollen folgen. Bei der NOA-11 handelt es sich um die Untersuchung der photodynamischen Therapie, ebenfalls beim Glioblastomrezidiv. Hier muss für den Rekrutierungsstart mit Verzögerungen gerechnet werden, da es Schwierigkeiten bei der Beschaffung der relevanten Technik gibt. Die Phase II der NOA-12 ist seit Sommer vergangenen Jahres an sechs Zentren für Patienten mit erstem und zweitem Rezidiv eines Glioblastoms offen und vergleicht die alleinige Re-Bestrahlung mit der Kombination aus Re-Bestrahlung und BIBF1120, einem Inhibitor für VEGFR2, FGFR und PDGFR. Die NOA-14 untersucht bei multiplen Hirnmetastasen die Fragestellung, ob die Ganzhirnbestrahlung plus Boost mit Aussparung des Hippocampus einen Vorteil im Hinblick auf die Gedächtnisleistung der Patienten bringt. Verglichen wird mit der Ganzhirnbestrahlung und gleichzeitiger Steigerung ohne Hippocampusschonung.

Die NOA-16 letztendlich ist eine Immuntherapiestudie, die im neu diagnostizierten Glioblastom die Wirksamkeit einer mutationsspezifischen IDH1-Peptidvakzinierung untersucht. Teilnehmende Patienten werden in die drei Studienarme – Vakzine in Kombination mit einer Radiotherapie, einer Chemotherapie mit Temozolomid oder einer kombinierten Radiochemotherapie mit Temozolomid – randomisiert, Studienvoraussetzung sind ein malignes Gliom WHO-Grad III oder IV mit IDH1R132H-Mutation, Verlust der ATRX-Expression und fehlender 1p/19q-Codeletion.

Die Immuntherapie war bei der NOA-Jahrestagung 2015 aber auch außerhalb der NOA-assoziierten Studien ein großes Thema. Dieser Oberbegriff umfasst zahlreiche, ganz unterschiedliche therapeutische Ansätze, in deren Mittelpunkt die Stimulierung des körpereigenen Immunsystems steht. Prinzipiell muss zwischen aktiver und passiver Immunisierung, weiterhin u.a. zwischen Antikörper- und Zelltherapie unterschieden werden. Zur Form der Zelltherapie gehört beispielsweise die Vakzinierung mit Dendritischen Zellen, die im Labor z.B. mit Tumorlysat beladen werden und somit den Tumor spezifisch erkennen sollen. Mit DCVax-Brain läuft derzeit an mehreren Kliniken in Deutschland eine Primärtherapiestudie fürs Glioblastom, Ende 2015 soll mit GlioVAC eine weitere Studie innerhalb dieses Forschungsfeldes folgen. Der Antikörpertherapie zugeordnet werden können all jene Ansätze gegen tumorassoziierte Antigene und tumorspezifische Antigene. Forschungsprojekte hierzu gab und gibt es zahlreich, so die Multipeptid-Vakzinierungen ICT-107, IMA950 und GAPVAC sowie die Vakzine CDX-110 (Rindopepimut) gegen die mutierte Form des EGF-Rezeptors, EGFRvIII. Die ACT-IV-Studie zur EGFRvII-Vakzine wird derzeit ausgewertet, mit den Daten rechnet man in 2016. Die GAPVAC-Studie hat vor Kurzem begonnen zu rekrutieren, bis 2017 sollen bis zu 30 Patienten mit neu diagnostiziertem Glioblastom in europaweit sieben Zentren in die Studie eingeschlossen werden.

Einen weiteren immuntherapeutischen Ansatz stellen die Checkpoint-Inhibitoren dar, zu denen die aktuell rekrutierende CheckMate-143-Studie fürs Glioblastomrezidiv gehört. Von den ursprünglich drei Armen (Nivolumab allein, Nivolumab in Kombination mit Ipilimumab, Bevacizumab) ist der Kombinationsarm aufgrund der großen Toxizität zwischenzeitlich gestoppt worden, in die beiden anderen Arme wird weiter rekrutiert.

Erstmals in Deutschland wurden die ASCO-Daten zur EF14-Studie vorgestellt, einer Therapieoption beim neudiagnostiziertem Glioblastom, die mittels elektrischer Felder ein Voranschreiten des Tumorwachstums bewirkt. Bereits im letzten Jahr gab es zu dieser Studie eine stark beachtete Zwischenauswertung, nun wurde das komplette Datenset der insgesamt 758 Patienten gezeigt. In der Untersuchung wurden die teilnehmenden Patienten nach der kombinierten Strahlenchemotherapie mit Temozolomid entweder entsprechend dem Stupp-Schema mit adjuvantem Temozolomid allein oder mit einer Kombination aus Temozolomid und den Tumor Treating Fields (TT-F) behandelt. Das Patientenkollektiv in beiden Armen war hinsichtlich Alter, Karnofsky-Index etc. gleich. Sowohl beim progressionsfreien Überleben (PFS) als auch beim Gesamtüberleben (OS) konnten für die Studiengruppe mit TT-F signifikant bessere Daten vorgelegt werden. Das PSF erreichte 7,1 Monate vs. 4,2 Monate, das OS 19,4 Monate vs. 16,6, das 2-Jahresüberleben lag in der Kombinationsgruppe bei 43 % vs. 29 %.

M. Thomas

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