Unterstützen Sie unsere Arbeit für Hirntumorpatienten. Jeder Beitrag hilft.

Jetzt spenden

M.Staege

Mehrere Untersuchungen zeigen keinen Vorteil einer verlängerten Chemotherapie mit Temozolomid beim Glioblastom

26.01.2021

Bei der Glioblastomtherapie herrscht in Bezug auf die Temozolomidgabe häufig Uneinigkeit bei der Frage, ob in der Primärtherapie mehr als die sechs Zyklen nach Stupp-Schema einen Vorteil bringen. Schon 2015 berichteten wir von der Jahrestagung der Society of Neuro-Oncology von einer Analyse zum Thema, die damals vier große Studien hinsichtlich dieser Fragestellung nachträglich ausgewertet hatte (Blumenthal D et al. 2015). Zwar konnte für die längere Gabe von Temozolomid über die sechs Zyklen hinaus ein Vorteil für das progressionsfreie Überleben gezeigt werden, jedoch gab es keinen Unterschied für das Gesamtüberleben. Auch eine neuere, randomisierte Untersuchung an 20 Kliniken bestätigt hinsichtlich des Gesamtüberlebens dieses Ergebnis (Balana C et al. 2020).

In der Analyse von Blumenthal et al. wurden die vier multizentrischen, randomisierten Studien EORTC/NCIC 26981-CE.3; EORTC26071-CENTRIC; EMD-CORE und RTOG 0525-Intergroup nachträglich ausgewertet und dabei die Ergebnisse von Patienten, die sechs Zyklen Temozolomid (TMZ) abgeschlossen und die Behandlung dann beendet hatten, mit den Ergebnissen von Patienten, die TMZ über die sechs Zyklen hinaus fortgesetzt hatten, miteinander verglichen. Analysiert wurde das progressionsfreie (PSF) und das Gesamtüberleben (OS), bereinigt um Alter, Karnowsky-Status, Resektionsausmaß und MGMT-Status.

Die prognostischen Faktoren zwischen den beiden Patientengruppen waren ausgewogen, mit Ausnahme des MGMT-Methylierungsstatus. Eine nachgewiesene MGMT-Promotormethylierung war bei Patienten, die mehr als sechs Zyklen TMZ erhielten, seltener (39% vs. 62%). Unabhängig von den untersuchten prognostischen Faktoren war die Behandlung mit mehr als sechs Zyklen TMZ signifikant mit einem verbesserten PFS verbunden [HR 0,77 (0,61-0,97), p = 0,03]. Dieser Effekt war bei Patienten mit methyliertem MGMT stärker ausgeprägt als bei Patienten ohne MGMT-Promotormethylierung [HR 0,64 (0,47-0,88), p < 0,01]. Das OS wurde von der Anzahl der TMZ-Zyklen jedoch nicht beeinflusst, auch nicht in der MGMT-methylierten Untergruppe (p = 0,99).

Die Phase-II-Studie von Balana und Kollegen widmete sich vor dem Hintergrund anhaltender Diskussionen zur optimalen Anzahl der TMZ-Zyklen dieser Fragestellung erneut und randomisierte Glioblastompatienten, die nach sechs Zyklen TMZ keinen Progress hatten, in einen Kontrollarm (Absetzen des TMZ) und einen experimentellen Arm (Fortsetzung der TMZ-Gabe auf bis zu zwölf Zyklen). Der primäre Endpunkt war der Unterschied im progressionsfreien 6-Monats-Überleben, sekundäre Endpunkte waren PFS, OS und die Sicherheit der Behandlung (NCT02209948).

Von August 2014 bis November 2018 wurden an 20 Kliniken insgesamt 166 Patienten gescreent, von denen 159 in die Untersuchung eingeschlossen werden konnten. 79 Patienten wurden im Kontrollarm und 80 im experimentellen Arm behandelt. Zwischen beiden Armen gab es keine signifikanten Unterschiede im 6-Monats-PFS (Kontrolle 55,7%; experimentell 61,3%), PFS oder OS. Eine nachgewiesene MGMT-Methylierung und das Fehlen einer messbaren Erkrankung waren unabhängige Faktoren für ein besseres Ergebnis. Die Patienten im experimentellen Arm zeigten häufiger Lymphopenien (P < 0,001), Thrombozytopenien (P < 0,001) sowie Übelkeit und Erbrechen (P = 0,001).

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse schlussfolgern die an der Untersuchung beteiligten Ärzte, dass die Fortführung von TMZ nach sechs Zyklen mit einer höheren Nebenwirkungsrate verbunden ist, jedoch keinen zusätzlichen Überlebensvorteil – weder für das 6-Monats-PFS noch für das OS – bringt.

Inwieweit dem einzelnen Patienten eine längere TMZ-Therapie von Nutzen ist, bleibt eine individuelle, mit dem behandelndem Facharzt zu klärende Entscheidung.


Quellen:
Blumenthal DT, Stupp R, Zhang P et al. ATCT-08 The impact of extended adjuvant temozolomide in newly-diagnosed glioblastoma: a secondary analysis of EORTC and NRG oncology/RTOG. Neuro Oncol. Nov 2015;17(suppl 5):v2. doi: 10.1093/neuonc/nov206.08.

Balana C, Vaz MA, Sepúlveda JM et al. A phase II randomized, multicenter, open-label trial of continuing adjuvant temozolomide beyond six cycles in patients with glioblastoma (GEINO 14-01). Neuro Oncol. Dec 2020;22(12):1851–1861. doi: 10.1093/neuonc/noaa107.

--

Deutsche Hirntumorhilfe e.V.
Tel.: 0341.590 93 96


Weitere Informationen für Hirntumorpatienten und Angehörige

- Patienten fragen – Experten antworten unter forum.hirntumorhilfe.de
- HID: Hirntumor-Informationsdienst 03437.702 702
- IKOS: Informations- und Kontaktstelle für Hirntumorpatienten 03437.999 68 68

rawa

Unsere Neuroonkologin ist der gleichen Meinung, eventuell 7 Zyklen, aber dann ist genug.
Die Leute die 100 Zyklen machen und noch leben wären vermutlich auch noch am leben ohne Temozolomid , und vermutlich auch gesünder.

Antworten nur für eingeloggte Benutzer möglich

Nur angemeldete Nutzer können eine Antwort erstellen. Bitte loggen Sie sich ein oder erstellen Sie einen Account.