www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Oligodendrogliom grad 3

Oligodendrogliom grad 3
Susilicious
06.10.2016 21:39:15
Hallo zusammen,
Ich bin neu hier und wollte mal schaun ob ich im internet etwas ermutigung für meine situation finden kann...
Mein Freund ist 26 und lebt seit 2 jahren mit einem Anaplastischen Oligodendrogliom... Seitdem wurde er operiert, war danach aber zu schwach für chemo.... erst als das ding wieder anfing zu wachsen hat er dieses jahr im februar mit chemo angefangen und sie auch erfolgreich abgeschlossen ... laut den ärzten wäre noch ein mini punkt auf den bildern sichtbar, sie wollen aber nicht noch einen zyklus machen, laut ihnen würde das mehr schaden als helfen, was mich doch etwas verunsichert...
Mein freund ist fit, er arbeitet als fitnesstrainer, joggt jeden tag und ist immer positiv... ich habe grosse angst ihn zu verlieren, oft habe ich probleme optimistisch zu bleiben,unsere ärzte wirken recht positiv aber das internet spricht ja von 3-5 jahren.. da kriegt mans schon mit der angst zu tun.. ich wäre sehr dankbar, von anderen menschen feedback zu erhalten, ich hoffe dass mein freund die statistik knackt und nich lange bei mir bleibt.. aufmunternde worte sind absolut erwünscht! :)

Gruss, Susi
Susilicious
ahnungslos
07.10.2016 09:40:41
Hallo Susilicious,
ich bin Oligodendrogliom WHO 2 Patient, jetzt schon seit 10 Jahren seit der Auffälligkeit bei den MRT Bildern. Ich möchte nur soviel sagen. Eine Studie ist ein Mittelwert. Und meine Neurochirurgin meinte mal zum Thema Lebenserwartung, das man, wenn etwas sein sollte man immer noch versuchen kann mit einer Therapie entgegen zu wirken.

Viele Grüße und gedrückte Daumen für euch.

ahnungslos
ahnungslos
alma
07.10.2016 09:43:00
Schwierig, etwas dazu zu sagen, wenn im ersten Beitrag schon darum gebeten wird, dass man positiv antworten möge.
Zu deiner Verunsicherung: ich weiß zwar nicht, welche Chemo gegeben wurde, aber eine Chemotherapie ist eine beschädigende Behandlung. Dass die Ärzte Schaden und Nutzen abwägen, spricht für sie. Mehr kann man dazu von hier aus nicht sagen.
Die Prognose findest du nicht über das Internet heraus. Im weiteren Verlauf der Erkrankung zeigt sich erst, wie der Tumor sich verhält. Er kann auch als Dreier relativ friedlich bleiben, aber es geht auch anders. Anhaltspunkte dafür kann die histologische Untersuchung geben.
Angst ist normal, weil da immer diese Ungewissheit ist, wie es weitergeht. Auch die Ärzte wissen es nicht, und meiner Erfahrung nach (bei mir auch ein Dreier) sagen sie es darum auch nicht.
Was hast du von Aufmunterung? Eine kurzfristige Beruhigung. Danach kehrt die Angst zurück. Was dir aus meiner Sicht besser hilft, ist eine psychoonkologische Angehörigenberatung. Denn es geht ja auch darum, gemeinsam eine Zeit zu haben, die nicht so sehr von Angst vergiftet ist.


LG, Alma
alma
Susilicious
07.10.2016 10:04:32
hallo ahnungslos, vielen dank für deine aufmunternden worte!
es ist schön, dass es solche fälle gibt, die einem mut geben, ich drücke dir die daumen, dass das weiterhin so bleibt!

Gruß, Susilicious
Susilicious
Susilicious
07.10.2016 10:15:41
liebe alma,
danke für deine objektive antwort!
ich bin selbst medizin studentin, was die sache nicht leichter macht.
als freundin hat man ja doch die aufgabe, mental unterstützend zur seite zu stehen, was mir leider aufgrund meines medizinischen wissens schwerfällt...
ebenso hinterfrage ich oft die ärztliche meinung, da ich gerade bei den hirntumoren das gefühl habe, dass sich selbst die besten ärzte hier nicht einig sind.. so wurde uns gesagt, strahlentherapie wolle man für ein rezidiv aufheben, da es anscheinend oft zu spätschäden kommen kann, während ja viele andere mediziner die doppelkonbi aus chemo und radiotherapie anpreisen..
Natürlich ist mir klar, dass hier wohl eine psychologische betreuung notwendig sein wird, trotzdem hilft es mir sehr, mich mit anderen betroffenen auszutauschen.
Meibem freund geht es gut, er arbeitet wieder, geht zur uni und ist weitaus positiver gestimmt, oft witzelt er, er wäre Iron man ;)
letztendlich ist es für mich sehr schwer, mit dieser hilflosigkeit unzugehen, da man ja wirklich einfach den ärzten vertrauen muss, dass sie das aus ihrer sicht beste tun... studien reden ja oft von ca 5 jahren überlebenszeit und da werde ich als sturkopf schon mal bockig und will das nicht akzeptieren..

vielen dank für deine schnelle antwort,

LG Susilicious
Susilicious
alma
07.10.2016 14:56:15
Liebe Susilicious,

ja, es gibt Widersprüche bei der Behandlung. Ich verstehe z.B. nicht, warum man schon bei Grad II RT empfiehlt, und anderen geraten wird, sich die RT noch aufzusparen. Da kollidiert offenbar ein Studienergebnis mit Vernunft-denken. Vernünftig ist das Aufsparen, aber die Studie sagt, bei sofortiger RT
(Grad II) bessere Prognose. Und das bei einem Tumor mit langen Überlebenszeiten, was auch das Erleben von Spätschäden einschließt.

Dass du Medizin studierst, ist auch von Vorteil. Es gibt mehr Sicherheit beim Lesen der Befunde. Lass dir doch mal von einem Facharzt den Histo-Befund erklären (wenn ich hier nicht schon wieder eine offene Tür einrenne), daraus kann man einiges ablesen.

Naja, und die Studien ... Wir kennen die Zahlen, aber nicht die tatsächliche Lage der Probanden. Können in der unterschiedlichsten Verfassung sein.
Dazu kommt das Alter. Die Konstitution. Die Lebenssituation. Die biologische Beschaffenheit des Tumors.
Und es geht ja nicht um die 5 Jahre. 5 oder 5,5, was macht das von hier aus schon? Der eigentliche Schock ist doch die Konfrontation mit der Endlichkeit.
Dann akzeptierst du die 5 Jahre eben nicht. Dein gutes Recht. Nimm dir alles Gute, was du bekommen kannst und geh einfach weiter. Carpe diem.

LG, Alma.
alma
Andrea 1
11.10.2016 09:22:03
Hallo Susilicious,
sei hier willkommen.
Du möchtest gerne etwas positives hier lesen...
Dann möchte ich mich Almas Ausführungen gerne anschließen, denn ich bin jemand, der nach einer (98%) kompletten 3er-Grad-Entfernung über 5,5 Jahre ohne Rezidiv bis jetzt lebe. Selbst dat kleine "Dingens", vermutlich ein Meningeom, verhält sich seit dem ruhig. 5 Jahre lang wurde alle 3 Monate per MRT mit Kontrastmittel kontrolliert und nun sind wir auf 4-monatige Kontrollen gegangen.
Bei mir wurde der etwa faustgroße Ht. lediglich operiert und es folgten 6 Zyklen Temodal. Weitere Zyklen lehnte ich ab. Eine anschließende Bestrahlung wurde gar nicht erst in Erwägung gezogen.
Aber, mein noch immer deutlich sichtbares kontrastmittelaufnehmendes Gewebe am Rande der OP-Höhle scheint wohl doch Narbengewebe zu sein.
Ich wünsche euch alles erdenklich Gute und falls ihr irgendwelche Zweifel hegt, dann holt euch eine Zweitmeinung dazu ein. Spezielle Kliniken mit neurochirurgischem Schwerpunkt findest Du unter dem Menüpunkt "Service".
LG Andrea
Andrea 1
heike1509
11.10.2016 18:37:03
Hallo Susilicious,
auch ich kann positives berichten. Bei mir wurde im November 2010 ein Oligoastrozytom III diagnostiziert. Da der Tumor mitten im Sprachzentrum liegt, wurde keine OP durchgeführt. Habe dann eine PC Chemotherapie über 4 Zyklen bekommen. Jetzt bin ich seit 5 Jahren beschwerdefrei, der Tumor ist zwar noch da, aber wesentlich kleiner geworden und zur Zeit nicht aktiv. Muss jetzt alle 6 Monate zur MRT- Kontrolle. Also, es gibt auch positives zu berichten. Ich wünsche dir und deinem Freund alles erdenklich gute. Wenn du Fragen hast, melde dich einfach.
LG Heike
heike1509
Smatter
30.10.2016 18:06:44
Hallo, ich bin Silke und neu dabei,
bei meinem Mann (54 J) wurde im Januar auch ein Oligodendrogliom (erst hieß es Grad II) und nach der ersten OP ein Grad III festgestellt. Er musste dann innerhalb von 10 Tagen ein weiteres Mal operiert werden. Anschließend kamen 30x Bestrahlung mit Chemo hinzu und danach noch über ein 1/2 Jahr Chemo. Die letzte hat er jetzt im Nov. Immer fünf Tage hintereinander Chemo und dann drei Wo. Pause. Ich kann die Ängste von Angehörigen gut nachvollziehen. In der ersten Zeit nach der Diagnose bzw. Op ging es mir so schlecht, dass ich psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste. Ich nahm Beruhigungsmittel, hatte Panikattacken besonders in der U-Bahn und Bus und konnte mich auf nichts mehr konzentrieren. Das ging einige Wo. so und mein Mann, der im Khs. lag war durch die zwei Op´s so schwach, dass er in der Zwischenzeit am Rolator lief. Jetzt, nach den Op´s, Bestrahlung und Chemo hoffe ich, dass er sich nach Beendigung der letzten Chemo-Behandlung, wieder erholt. Ich wünsche allen Betroffenen und Angehörigen bzw. Freunden von Betroffenen viel Kraft und Zuversicht.
LG Silke
Smatter
Andrea 1
31.10.2016 12:36:48
Hallo und herzlich Willkommen Silke,
das tut mir echt leid, dass dein Mann und Du das auch durchmachen müsst.
Deinen Schilderungen entnehme ich, dass die Tumorlage bei deinem Mann komplizierter war, weil er 2x operiert werden musste und neben Chemo noch Bestrahlungen erhält.
Das klingt ziemlich heftig, aber eines zu deiner Beruhigung wenigstens, ein Oligodendrogliom ist "glücklicher Weise" eine langsam wachsende Tumorart.
Es ist ziemlich "normal", dass man erst nach der Gewebeentnahme endgültig feststellen kann, um was es sich für eine Tumorart/WHO-Grad handelt. Selbst wenn man schon einen Hirntumor hatte und wieder etwas ist, muss das Gewebe pathologisch untersucht werden, um Gewissheit zu haben.
Ich nehme an, dass er als Chemotherapie Temodal erhält? Dieses Medikament bekam ich auch im Schema 5/23 über 6 Zyklen (3 weitere lehnte ich ab, da bei mir der Ht. zu 98% entfernt werden konnte und er vorher gut abgekapselt war). Bestrahlungen brauchte ich auch keine.
Bei mir war es auch ein etwa faustgroßes Oligodendrogliom WHO lll und lag vorn rechts frontal.
Bewegungsprobleme hatte ich nach der OP keine, eher vorher, dass mir des Öfteren etwas aus der linken Hand fiel, auch das hat sich nach der OP wieder gegeben. Lediglich Konzentrationsprobleme sind bis heute geblieben, aber längst nicht mehr so stark wie damals. Schreiben und mir etwas merken (halbwegs) habe ich wieder erlernt, aber es brauchte eine längere Zeit. Perfekt ist es bis heute nicht wieder, aber hey... ich lebe und fürs normale Leben ohne unvorhergesehene Situationen klappt das wieder recht gut. Ich bin halt geistig leider nicht mehr so belastbar und muss mich innerlich sehr anstrengen, um an einer Sache dran zu bleiben. Etwas in einem Zug zu Ende zu bringen ist schwer für mich.

Ich hoffe, dass ich euch etwas Mut machen konnte.
Falls Ihr Fragen habt, dann fragt ganz einfach oder bemühe die Suchfunktion auf der Startseite des Forums.

Herzlichst von Andrea
Andrea 1
Smatter
31.10.2016 16:31:34
Hallo Andrea,
herzlichen Dank für deine Antwort. Da mein Mann Linkshänder ist, war das Sprachzentrum stark betroffen. Er bekommt auch Temodal, und da sein letztes EEG so schlecht war, muss er auch noch starke Medikamente gegen Epilepsie nehmen. Das verträgt sich nicht sehr gut. Letzten Di. ist er einfach umgefallen. Gott sei Dank war ich zuhause und konnte ihm helfen und die Feuerwehr rufen. Er sah aus, als wenn er stirbt, kreide bleich und Schweißausbrüche ohne Ende. Hatte die ganze Woche Angst, dass das wieder passiert, wenn ich auf der Arbeit bin. Jetzt fahren wir gleich zum Onkologen und hoffen, dass er ihn für den letzten Zyklus Chemo im Khs. aufnehmen kann. Er hat sich nach der letzten Einnahme von Temodal und Epi-Tabletten nur sehr, sehr langsam erholen können. Wie lange hast du schon den Hirntumor? Mein Mann hat auch starke Konzentrationsprobleme, und was er sich nicht aufschreibt, vergisst er wieder. Er ist ziemlich entnervt, weil durch das schlechte EEG nicht Autofahren darf. Die Gefahr eines Anfalls wäre zu hoch, dabei hat er seit Anfang Dez. letzten Jahres gar keinen mehr gehabt.
Ich bedanke mich herzlich bei dir für deine Antwort.
Herzliche Grüße Silke
Smatter
Andrea 1
03.11.2016 08:33:10
Hallo liebe Silke,
ich nehme das Antiepileptikum (Levitiracetam 500-0-500) seit 2011, also schon kurz nachdem ich in die Uniklinik damals eingeliefert wurde und man "etwas fand". Das heißt also, dass ich es auch während der Chemo mit Temodal einnahm.
Zugegeben, es war nicht einfach und ich musste mir einen strickten Zeitplan dafür erstellen, wann ich was "einwerfe".
Mei Mann unterstürtzte mich sehr dabei, indem er mir in mein Handy die verschiedenen Alarme mit Namensnennung der Tabletten einklimperte. Zusätzlich hatte ich meine Medikamentenbox, wo alles sorgfältig eingeordnet war. Somit konnte ich auf einen Blick sehen, ob oder ob nicht etwas "dran war".
Autofahren darf man nach Kopf-OP's eh eine ganze Weile nicht und auf Grund epil. Anfälle verlängern sich die Auszeiten mit der Fahrtauglichkeit erheblich. Gib mal hier in die Suchfunktion Fahrtüchtigkeit oder sowas ein, dann findest Du zahlreiche Beiträge und Themen dazu, wo viele ihre Erfahrungen dazu geschrieben haben.
Ich bin schon nach einem halben Jahr wieder Auto gefahren, was damals leider ein Missverständnis war. Ich hätte mind. 1 Jahr lang nicht fahren dürfen!
Darüber bin ich heute noch heilfroh, dass ich keinen Unfall in dieser Zeit baute!
Vielleicht ist es mir so gut gelungen, weil ich schon früher leidenschaftlicher Autofahrer bin, es mich entspannt und ich schon immer vorrausschauend gefahren bin. Autofahren brauchte ich von Berufswegen her und habe früher (lange vor der OP) extra Fahr-Sicherheit-Trainigseinheiten beim ADAC absolviert.

Dass dein Mann dadurch entnervt ist, kann ich gut nachvollziehen, es ging mir damals auch so.
ABER, wenn ich dir/euch einen Rat geben darf und es ihm ähnlich wie mir damals geht - bitte nicht falsch verstehen - mir ging es so und es muss nicht zwangsläufig bei ihm auch so sein.
Ich litt die ersten paar Monate an totaler Selbstüberschätzung, was mir erst sehr viel später real auffiel, bzw. ich mir eingestand. Auch das ist scheinbar ein krankheitsbegleitendes Symtome, was wohl durch das Frontalhirnsyndrom/Schädeltrauma ausgelöst werden kann.
Wie gesagt, ich sah es erst sehr viel später, dass das bei mir auch der Fall war. Diese Erkenntnis war bitter, denn theoretisch konnte ich noch ALLES! Praktisch scheiterte ich an den kleinsten Dingen, wie mir Zahlenfolgen merken, obwohl ich vorher ein absolutes Zahlengedächtnis hatte.
Ich hoffe für deinen Mann, dass er sich nüchterner einschätzen kann und dadurch Fehler vermeidet. Vielleicht ist es für ihn hilfreich, wenn er vor Fahrantritt ein paar Fahrstunden nimmt - nur vorsichtshalber. Er muss ja vor dir oder anderen nichts zugeben, aber zu sich selbst MUSS er ehrlich sein und auf Nr. "Sicher" gehen.
Bei mir kam die Erkenntnis spät, aber immer noch rechtszeitig. Seit dem achte ich auf mich besser und komme sehr gut klar damit.
"MUSS" & "SCHNELL" habe ich mir weitesgehend abgewöhnt, weil ich dem nur schwer gerecht werden kann und sehr viel mehr Zeit und Ruhe, als früher benötige! Unter Druck geht gar nichts. Also alles gut vorplanen, Zeit haben, um sich an Gedanken/Geschehnisse usw. gewöhnen zu können. Möglichst gleichbleibende Tagesabläufe. So komme ich recht gut klar.
Urlaube sind für mich Stress pur! Während mein Mann anschließend total relaxt davon ist, wieder Kraft für die Arbeit hat, bin ich danach kaputt und brauche Erholung. Auch da haben wir uns arrangiert, machen viele viele Fotos und Filme, dass ich im Nachhinein Etliches in Ruhe nochmal angucken kann, weil ich es geistig nicht mehr aufnehmen konnte.
Ab einem bestimmten Punkt rauschen die Endrücke leider nur noch an mir vorbei...
LG Andrea
Andrea 1
Smatter
05.11.2016 18:33:59
Hallo liebe Andrea,
vielen Dank für deine aufmunternden Worte. Es macht uns sehr viel Mut, dass du schon so lange mit der Krankheit lebst. Darfst du jetzt wieder Auto fahren? Und wenn ja, seit wann in etwa? Mein Mann nimmt Carbamazepin und dazu hatte er noch Rivotril gegen die Epi-Anfälle, das Rivotril setzt er gerade langsam ab. Direkt nach der OP und auch noch Monate später war von dieser Medikation keine Rede. Er bekam überhaupt nichts gegen Epi-Anfälle und hatte auch keine. Erst als er die Sprache auf das Autofahren brachte, meinte der Arzt dazu wäre ein EEG notwendig, welches auch zeitnah durchgeführt wurde. Dabei kam ein sehr schlechtes Ergebnis raus, wodurch er als Notfallpatient sofort zum Neurologen geschickt wurde und dort die Epi-Mittel bekam. Was ich daran nicht verstehe ist die Tatsache, dass er ja operiert wurde, um diesen Druck aus dem Hirn zu nehmen. Und jetzt ist er in der gleichen Situation??? Und außerdem, hätte er nicht Wunsch zum Autofahren geäußert, hätte er gar nichts bekommen! Verstehe die Welt nicht mehr.
Ich weiß nicht, ob ich dich das fragen darf, aber mein Mann hat sich durch den Tumor im Wesen sehr verändert. In den letzten (ich weiß nicht, schätze aber ca. 10 Jahre) hat er sich gefühlsmäßig richtig daneben benommen und ich habe immer gedacht, was wohl mit ihm los ist. Oftmals habe ich gedacht, dass ist nicht mehr der Mann, den ich geheiratet habe. Er hatte/hat fast jegliche Gefühle, wie Mitleid, Traurigkeit und soziales Verhalten gegenüber seinen Mitmenschen verloren. Damit will ich nicht sagen, dass er sich Asozial verhält. Aber das hat mich all die Jahre beinahe um den Verstand gebracht. Er schimpft schnell auf alles und jeden. Dass er es nicht so meint, weiß ich in der Zwischenzeit. Aber all die Jahre habe ich damit gekämpft und gedacht, dass kann alles nicht wahr sein. Auch die Kinder haben darunter gelitten. Der Onkologe meinte, dass das mit dem Tumor zu tun hat. Jetzt habe ich mehr Verständnis dafür und weise ihn aber schneller zurecht, wenn mir das zu viel wird. Er behaart aber auf seiner Meinung und das geht mir auf den "Keks". Ich hoffe, dass er wieder einen vernünftigen Umgang lernen kann. Aber wie das gehen soll, muss sich erst noch zeigen.
Ich bedanke mich noch einmal recht herzlich für deine schnelle Antwort und wünsche euch ein entspanntes Wochenende
LG Silke
Smatter
Andrea 1
06.11.2016 10:08:33
Liebe Silke, lies dir mal bitte das gesamte Thema hier durch (also bis zum Anfang hochscrollen). Ist ja bisher noch nicht SO viel...
Zu den... ich nenne es mal "Stimmungsschwankungen"...
wo lag/liegt bei ihm der Hirntumor?
Bei mir war es ja vorn rechts frontal, also ich habe in etwa 1cm rein in den Haaransatz eine 11cm Narbe quer. Oberhalb meiner Stirn, rechtslastig. Schwer zu beschreiben... Klick mal nebenstehend auf meinen Namen, dann gelangst Du auf mein Profil und dort habe ich Bilder hinterlegt, wo man es sehen kann. Die Darstellungen sind seitenverkehrt, weil es sind ja MRT-Aufnahmen (also die linke Schädelhälfte auf dem Bild ist real meine rechte Seite).
Denkbar wäre für mich, dass es ihm wie mir damals geht. Seine Konzentration hat vermutlich auch durch den operativen Eingriff stark gelitten.
Hm, wie soll ich es erklären, ich bin ja kein Arzt...
Anfänglich konnte ich mir überhaupt nichts merken. Ich wure alleine dorch optische Reize sofort abgelenkt. Mein Hirn beschäftigte sich mit Milliarden Gedanken selber und ich musste versuchen irgendwie eine Lücke zu finden, um mich selber anderen mitzuteilen. Die waren beim Thema Z, während ich noch meine Antwort zum Thema A zurechtlegte. Irgendwie schwer zu beschreiben, aber ich war bei geistigen Reaktionen extrem verlangsamt, wodurch manche dachten, dass ich nicht ganz knusper in der Birne bin. Das machte mich stinkewütent! Ich bekam fast alles mit, konnte mich halt nur nicht "so schnell äußern". Negatives filterte mein Hirn komplett raus, also konnte ich darauf nicht eingehen.
Kam ich endlich zu Wort, dann redete ich ununterbrochen - ohne Punkt und Komma, bis ich alles gesagt hatte, was mir dazu einfiel. Es war nicht nur für meine Familie belastend. Ich litt auch darunter, denn ich bem´kam das ja teilweise mit, konnte mich aber nicht zurück nehmen.

Zeit war für mich gar kein Thema, Stunden vergingen für mich, wie Minuten, denn ich hatte kein Zeitgefühl. Oft saß ich einfach nur auf dem Fußboden uns starrte vor mich hin oder weinte stundenlang - aus welchen Gründen auch immer. Ich hatte keine Erklärung dafür. Licht und Wasserhähne blieben an, Türen blieben offen stehen (was super im Winter war...).
Spaziergänge absolvierte ich im Stechschritt, dass sogar unsere alte Hündin nicht mehr hinterher kam. Mein Mann hielt mich immer am Arm zurück. Alleine lief ich, wie aufgezogen und ferngesteuert.

Mein Taktgefühl war ebenfalls komplett weg, also irgend etwas in hübsche Worte kleiden war mir nicht mehr möglich. Welcher Gedanke auch immer in mir aufkam, der musste raus - direkt - unverblümt - möglichst schnell, dass ich innerlich nicht "ersticke".
Der akute Zustand hielt glaube ca. 4 Monate an und dann ging es langsam besser, deswegen... mein Arbeitsantritt nach nur einem halben Jahr war einfach zu früh. Aber ich litt ja an totaler Selbstüberschätzung. grggh...
Selbst heute, nach über 5 Jahren (im Febr. werden es 6 Jahre) komme ich mit negativem Stress überhaupt nicht klar oder wenn man mir zu viel Neues mitteilen will, dann macht mein Kopf einfach dicht. Mir dröhnt dann schnell mein Schädel, ich habe das Gefühl von Überdruck im Kopf, maanchmal auch Schwindel und MUSS (mein einzigstes MUSS) mich zurückziehen, dass es nicht überhand nimmt.
Kann ich frei agieren, dann klappt sehr vieles wunderbar.
Ich hoffe die Infos helfen euch weiter...
Jetzt mache ich wieder Pause...
LG Andrea
Andrea 1
Andrea 1
06.11.2016 10:23:17
Ach eines noch, dein Mann sollte seine Medikamente auf gar keinen Fall selber absetzen, das muss unbedingt mit Absprache seines behandelnden Arztes erfolgen, gerade weil er noch epileptische Anfälle im EEG hatte!!!
EEG könnnen leider nur Momentaunahmen wiedergeben und wenn ers selbst da Anfälle hatte, dann ist es nicht ohne...
Also bitte den Dok fragen, vielleicht könnte er auch auf Levitiracetam umgestellt werden, denn ich persönlich vertrage es sehr gut und habe die Dauerdosierung von 1000 mg pro Tag - verteilt 500-0-500, was so ziemlich die geringste wirksame Dosierung darstellt. Alleine durch das Narbengewebe können epil. Anfälle auftreten.
LG A...
Andrea 1
Smatter
08.11.2016 18:19:49
Hallo liebe Andrea,
der Tumor liegt bei meinem Mann an der gleichen Stelle, wie bei dir. Auch er hat eine riesige Narbe. Wir haben uns deine Bilder angeguckt (danke für dein Vertrauen). Sie ähneln dem meines Mannes sehr. Nur scheinen mir deine Symptome noch ausgeprägter. Kopfschmerzen hat er bisher nicht. Vor der OP hatte er manchmal starke Kopfschmerzen aber eigentlich half ihm dann eine Schmerztablette und Ruhe. Deine Beschreibung "dieses Unverblümte gleich aussprechen zu müssen", erinnert mich sehr an meinen Mann". Der Arzt sagte uns darauf, dass er nicht mehr abwägen kann, ob es sich um eine Kleinigkeit handelt, die unsereins einfach übergeht, oder ob es sich um eine Angelegenheit handelt, die in dieser Weise geklärt werden muss. Er selbst hat dem Arzt gesagt, dass er unheimlich schnell genervt ist, und ich merke das ja auch. Vor der OP dachte ich, der hat nicht mehr alle Tassen im Schrank. Jetzt weiß ich es besser. Es hilft mir sehr, dass du dein Empfinden so ehrlich beschrieben hast.

Die Epi-Tabletten setzt er natürlich nicht ohne ärztlichen Rat ab. Er soll das eine Mittel jetzt ausschleichen lassen und das andere dauerhaft nehmen und das tut er auch.

Für meinen Mann möchte ich noch gerne fragen, seit wann du wieder Autofahren kannst? Das ist ihm total wichtig, da er für das kommende Frühjahr geplant hat, nach dem Hamburger Modell einen Arbeitsversuch zu wagen. Inwieweit das klappt, steht in den Sternen. Erst steht im Jan. eine Reha an, dann werden wir ja sehen...

Dir erst mal einen herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort, du hast uns und insbesondere mir sehr geholfen.

Liebe Grüße Silke
Smatter
Andrea 1
08.11.2016 20:06:00
Hallo liebe Silke und Mann,
das mit dem wieder Autofahren war bei mir eine ziemlich blöde Angelegenheit.
Ich bin nach dem halben Jahr schon wieder gefahren, weil ich anders nicht zur Arbeit gekommen wäre. Es war schlichtweg ein Missverständnis, Seitens meiner behandelnden Ärzte damals, denn normaler Weise hätte ich erst nach einem Jahr wieder gedurft. Dazu muss man wohl ein sauberes EEG vorweisen können und weitesgehend beschwerdefrei sein.
Das erfuhr ich aber erst nach 2 Jahren oder so...
Ich hatte also sehr viel Glück, dass anderen und mir in dieser Zeit nichts passiert ist. Daran sollte man nämlich auch denken!

Mag sein, dass es an meiner Leidenschaft zum Autofahren liegt, meinem Fahrsicherheitstraining usw... und weil ich halt immer schon sehr viel und vorrausschauend ohne irgendwelcher Ängste gefahren bin. Mir ist es egal, was ich fahre. Das brachte schon alleine mein damaliger Beruf in der Automobilbranche mit sich. Da fragte man nicht, ob ich mich traue das oder das zu fahren, da hieß es; "Hier sind die Papiere und Schlüssel, fahren sie da und da hin..." Kreuz und quer durch Deutschland, inkl. Großstädte... Fertig.
Vorraussetzung generell dafür ist wie gesagt die Anfallsfreiheit. Diese ist bei mir mit Keppra (Levitiracetam von UCB) gegeben. Ein Absetzen kommt bei mir aus Unverträglichkeitsgründen und der Narbenbildung vorerst nicht in Frage.

LG Andrea
Andrea 1
Smatter
09.11.2016 16:08:51
Hallo liebe Andrea,
wie immer herzlichen Dank für deine schnelle Antwort. Das mit dem EEG hat uns der Arzt auch gesagt und wie gesagt, das letzte war ja so schlecht, dass einem angst und bange werden konnte. Das ist jetzt zwei Monate her. Das nächste EEG soll im Jan. stattfinden und wir hoffen, dass es dann besser aussieht. Gott sei Dank ist bei dir alles gutgegangen, mit dem Fahren. Als mein Mann damals die Diagnose mitgeteilt bekam, war ich dabei und der Arzt sagte gleich, dass er nicht mehr nach Hause fahren darf. Und seitdem ist es aus Sicherheitsgründen dabei geblieben, obwohl er natürlich immer sagt, dass er sich das auf jeden Fall zutraut. Wenn man sich überlegt, dass er die ganze Zeit munter zur Arbeit gefahren ist (immerhin 25 km hin und zurück), kann man nur froh sein, dass ihm und allen Anderen nichts passiert ist. Ja, da wundert man sich manchmal, wenn schlimme Unfälle stattfinden, wie das möglich war.

Dir wünsche ich noch einen entspannten Abend.

LG Silke
Smatter
NACH OBEN