Hallo Anka,
ich glaube ehrlich gesagt nicht wirklich, dass man dadurch seine komplette Persönlichkeit verändert. Eher verändert sich dein Umfeld, weil alle, die dich lieben, am liebsten in Watte packen würden und die meist gesagtesten Worte sind künftig dann "Au weia", "Oh je" und "Tut mir Leid" oder "Schrecklich"... u.ä.. Was mit Sicherheit nicht schlecht gemeint sein soll und man es irgendwie auch verstehen kann. Schließlich würde man selbst auch so reagieren, wenn das einem lieben Menschen in seiner Umgebung passieren würde.
Okay, bei mir war es die andere Seite, also vorn rechts, aber wenn ich Mal die einzelnen Hirnreale mir angucke und was man ihnen an Funktionen nachsagt, dann würde ich zumindest eher an eine Veränderung deiner allgemeinen Reaktionen denken.
Wenn ich da noch an die Zeit kurz nach meiner OP denke, dann wirds mir immer noch komisch zu Mute. ;-)
Da in den vorderen Stirnlappen die kognitiven Fähigkeiten platziert sind, könnte es wohl eher zu Konzentrationsschwierigkeiten, evtl. auch zu motorischen Schwierigkeiten kommen - könnte!
Ich schreibe deshalb "könnte", weil das immer stark davon abhängt, wie eine OP durchgeführt werden kann und wird.
Bei mir war es ein faustgroßer Tumor, den man zu 98% entfernen konnte, *supie*, dann folgten noch 6 Zyklen mit Themodal (Chemo).
Mein größtes Problem nach meiner OP waren wirklich die Konzentration, damit die verbundene Merkfähigkeit und mein unglaublich großes Mitteilungsbedürfnis. Wenn ich dann Mal eine Lücke zum Sprechen bekam, dann sprudelte es nur so aus mir heruas - "ohne Punkt & Komma" - wie man so schön sagt, dabei sprach ich sämtliche meiner Gedanken einfach so aus, wie sie mir in den Kopf kamen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Ich war sozusagen gnadenlos ehrlich und konnte, selbst wenn ich es gewollt hätte, keinen anlügen. Es musste einfach alles raus.
Okay, ich bekam - vermutlich durch den operativen Eingriff - eine psychosomatische Verlangsamung und diese Reaktionen/oder meine Art damals waren wohl dafür ganz typisch.
Ich litt an totaler Selbstüberschätzung und hätte gedanklich Bäume ausreißen können. Kurz gesagt war ich damals etwas theatralischer, als ich es sonst je war. Auf den Boden der Realität wurde ich ganz schnell wieder zurück gebracht, als ich schon nach rel. kurzer Zeit (6 Monate später, weil ich ab da wieder Auto fahren durfte und ich nur damit zu meiner Arbeit komme) wieder in mein Berufsleben ging. Da kamen erst richtig meine eigentlichen Probleme zum Vorschein, was mich extrem ärgerte. Ich konnte mir keine 2 Zahlen am Stück merken, telefonieren wurde für mich zur Qual, weil ich einfach nicht mehr schnell genug oder flexibel genug auf Veränderungen/Fragen oder Druck reagieren konnte und teilweise bis heute noch eingeschränkt bin. Aber zu einem kann ich dich schonmal beruhigen, für mein tägliches / normales Leben reicht es inzwischen schon wieder sehr gut. Beim normalen Essen kochen merkte ich ebenfalls starke Beeinträchtigungen, weil ich nicht mehr in der Lage war, mehrere Sachen gleichzeitig zu bewältigen. Somit kochte ich, schon aus Sicherheitsgründen nicht und fing damit wirklich erst nach knapp 8 oder 9 Monaten wieder an und auch nur, wenn ich dabei völlig ungestört war. Die kleinste Ablenkung brachte mich schon aus dem Konzept.
Heute ist meine OP nun schon knapp über 2 Jahre her und fürs normale Leben ohne besondere und unvorhergesehene Ereignisse reicht es ganz gut. Mit spontanen Reaktionen hapert es ab und an noch gewaltig, aber wenn ich 1-2 Tage Zeit habe, über eine Sache nachzudenken, dann klappt auch das gut. Spontanität ist nicht mehr so ganz mein Fall, aber im Wesen bin ich immernoch die selbe Person geblieben.
Wenn ich mir Stress und Negatives vom Hals halte komme ich sehr gut zurecht. Ich habe mich daran gewöhnt, dass ich meine Erholungsphasen einhalte, auch Mal "Nein" sage und insgesamt lieber alles etwas langsamer mache, dafür aber öfter kontrolliere, Zwangspausen einlege, wenn ich merke, dass der Druck in meinem Kopf zu groß wird (auf meiner Arbeit). Zeitnot bringt eher das Gegenteil ein und ist kontraproduktiv.
Keine Sorge, daran gewöhnt man sich, wenn man wieder gut leben möchte und ganz wichtig bei allem ist, dass man das Positivdenken nicht verlernt und regelmäßig lachen kann. Dann fügt sich alles wieder.
Ich wünsche dir ganz viel Glück bei deinen zukünftigen Schritten und, dass alles wieder gut wird und Du noch viel Freude an deinen Kindern/deiner Familie hast!!!
PS: Versuche deinem Freundes- und Familienkreis möglichst vorher nahe zu legen, dass sie sich künftig nicht nur noch nach deinem Wohlbefinden erkundigen sondern auch nach dem deiner Familie; deines Mannes und deiner Kinder, denn sie leiden mit Sicherheit genauso, wenn nicht schlimmer, aber das vergessen leider viele in solchen Momenten, was mit Sicherheit aber auch nie böse gemeint ist.Mensch übersieht so etwas ganz einfach, ;-)
LG Andrea