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Eliane

Mein Vater wird bald 80, lebt allein stehend und war
bis vor kurzem sehr rüstig und bei guter Gesundheit.
Vor etwa 3 Wochen verlor innerhalb von wenigen
Tagen das Gefühl für seine linke Seite. Die konsultierte
Neurologin schickte ihn sofort ins Universitätsklinikum,
wo er nach einigen Tagen operiert wurde.
Diagnose: Glioblastom Grad IV.
Der Tumor konnte nur zu 90% herausoperiert werden.
Die motorischen und sensorischen Ausfälle schienen
aber auch von einem Ödem herzurühren, welches schon
vor der Operation mit Kortison gut kontrolliert werden
konnte.

Mein Vater hat in seinem ganzen Leben nie einen Arzt
aufsuchen müssen. Die Lähmungen waren für ihn das
Signal, das es Zeit sei, zu gehen. Wir Kinder waren
deshalb sehr überrascht, dass er in die Operation
einwilligte. Er hat sich gut erholt und wenn die Kortisondosis
nicht zu tief ist (unter 12mg), ist er lebhaft und
guter Laune. Das Gleichgewichtsgefühl und
die Bewegungsfähigkeit seines linken Armes bessert
sich täglich.

Die grosse Frage lautet nun, wie weiter?
Ihm wurde vorgeschlagen, an einer Studie
mitzumachen, wo durch das Los entschieden wird, ob er
eine Bestrahlungstherapie (täglich während zwei
Wochen) oder eine Chemotherapie erhält (während 6
Monaten an 5 Tagen pro Monat ca. 325mg Temozolomid).

Für meinen Bruder und mich ist die Situation
schwierig, weil wir so weit weg wohnen
und unseren Vater nicht täglich besuchen können. Ein
Cousin, der als Psychologe arbeitet,
unterstützt uns. Er hat mit dem
Studienverantwortlichen, gesprochen, welcher
meinte, dass normalerweise so alte Menschen nach einer
Operation gar keine Behandlung bekämen und die Studie
deshalb für meinen Vater eine Chance darstelle.
Dass es eine Altersgrenze in der Medizin gibt und
geben sollte, sehen wir ein.
Es ist für uns aber so verwirrend, weil meinem Vater
einerseits von mehreren Seiten nahegelegt wird, er
solle sich an der Studie beteiligen, weil davon später
auch andere profitieren werden. Andererseits klaffen
die Antworten sehr auseinander, wenn wir fragen, was
passiert, wenn er nicht mitmachen möchte, aber dennoch
gern eine Behandlung hätte.

Wenn ich mich im deutschsprachigen Raum herumhöre,
heisst es, dass man mit der Behandlung mit Temozolomid
ohne vorgängige oder gleichzeitige Bestrahlung keine
oder wenig Erfahrung hätte. So raten uns gewisse
Mediziner und Onkologen, bei einer
Entweder-oder-Behandlung eher zu einer Bestrahlung.
Auch eine Altersgrenze für gewissen Behandlungsarten
scheint nicht überall zu gelten.
Mein Vater selber schwankt. Fühlt er sich gut, kann er
sich eine weitere Therapie vorstellen. Ist er müde,
findet er, es sei einfach übertrieben, so viele
Umstände zu machen, er hätte sein Leben doch gelebt.
Einen Tag später sagt er dann aber, er würde tun, was
wir Kinder ihm empfehlen, er hätte aber keine Lust,
für die Herren Doktoren Versuchskaninchen zu spielen.
Das macht es so schwierig. Wir lieben ihn sehr und
möchten nicht, dass er nur uns zuliebe sich für
weitere Behandlungen entscheidet, die ihn vielleicht
leiden lassen.

Ich habe den Eindruck, dass ich bei den behandelnden Ärzten mit
Gesprächen nicht weiterkomme. Da ich ziemlich
hartnäckig war, sind nun alle Mediziner dort sehr
zuvorkommend und gesprächsbereit. Aber ich werde das
Gefühl nicht los, dass ihnen vor allem an der Studie
gelegen ist. Aber vielleicht bin ich auch ein bisschen
durcheinander und verdächtige sie zu Unrecht. Ich wäre
froh, um Meinungen und Hinweise von euch.

Herzlichen Dank,

Eliane

Gabi[a]

Liebe Eliane,

nach Ihrem ausführlichen und interessanten Bericht verbleibt bei mir der Eindruck, dass Sie sehr wohl Für und Wider abgewogen und sich überlegt haben. Und auch Ihr Vater scheint ja abzuwägen zwischen der Option "Versuchskaninchen", der weiteren Lebensfreude und/oder etwas zugunsten der Kinder zu tun...

Überrascht bin ich auch von der Möglichkeit, in diesem Alter an einer Studie teilnehmen zu können.

Vielleicht können Sie Ihren Vater unterstützen wirklich das heraus zu bekommen was er möchte? Ich könnte mir vorstellen, dass ein Mensch, der 80 Jahre nicht "in den Fängen der Mediziner" war, auch zum Lebensende möglichst symptomfrei sein Leben noch genießen möchte. Ob das bei der Teilnahme einer Studie möglich ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Nur: das ist meine Vorstellung, das muss nicht die Ihres Vaters sein.

Herzlichst
Gabi

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