www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Orientierungs- und Verwirrtheitszustände nach OP

Orientierungs- und Verwirrtheitszustände nach OP
alf1970
03.01.2012 00:38:53
Hallo,
bei meiner Lebensgefährtin wurde vor 4 Wochen ein gutartiger 6 cm großer Tumor entfernt. Nach 2 Tagen Intensivstation kam sie in die Frühreha. Dort ist ihre Verwirrtheit bezüglich Ort und Zeit immer schlimmer geworden. Nachdem sie mal wieder nicht wusste wo ihr Zimmer war und sie im Krankenhaus 2 Stumnden umherirrte, wurde sie nun in eine Psychatrie (Geschlossene Gerontik) per Notfall eingewiesen.

Meine Frage: Hört dies wieder auf? Wie lange kann es dauern? Gibt es geeignete Therapien?

Ist ein Platz in einer neuropsychatrischen Einrichtung besser? Gibt es Empfehlungen für NRW?
alf1970
Andrea
03.01.2012 13:30:10
hallo alf1970,
bei mir wurde 2007 auch ein gutartiger ziemlich großer Tumor entfernt. Ich wurde nach 3 Tagen Intensiv- wieder auf Normalstation verlegt. Als ich wieder bei vollem Bewusstsein war, ging es mir ähnlich wie deiner Frau. Ich fragte nach Zeit und Datum und nach kurzer Zeit fragte ich dasselbe wieder, ich konnte mir einfach nichts merken. Bezüglich der Verwirrtheit deiner Frau: mir ging es damals genau so. Ich ging aus meinem Zimmer und wusste nicht, ob ich rechts oder links muss und verirrte mich jedes Mal. Bei mir hat sich dies aber innerhalb 1-2 Wochen wieder normalisiert. Meine Ärztin meinte damals, dass dies ganz normal sei und wieder normal werde. Was es auch wieder wurde.
Ich hoffe ich konnte dir helfen
Liebe Grüße
Andrea
Prof. Mursch
03.01.2012 18:02:55
Es gibt viele Ursachen für eine postoperative Verwirrung. z.B. bei sehr großen Meningeomen im Stirnlappen ist das nicht so selten. Die Lage des Tumors kann eine Ursache sein, Hirnareale mit Bedeutung für das Gedächtnis können durch Entlastung irritiert oder bei der Operation verletzt worden sein.

Selbstverständlich kann die Ursache aber auch bei Hormonstörungen, Elektrolyt("Blutsalz-")Störungen, einer vorher bestehenden leichten Demenz, Entzug und vielen anderen Dingen liegen. Somit ist die Prognose oft, aber nicht immer, günstig.

Ein Zunahme der Symptome bei Ortswechsel hingegen beobachtet man oft.

Prof. Dr. Mursch
Neurochirurg
Zentralklinik Bad Berka


Prof. Mursch
alf1970
03.01.2012 22:41:46
Danke für die Antworten
Die einzige festgestellte Störung ist, dass ihr Calciumwert zu niedrig wäre. Desweiteren wurde letztes Jahr ihre Schilddrüse komplett entfernt.

Mir haben die Ärtzte gesagt, dass es Monate dauern könnte, bis es wieder Besser wird.

Habe jetzt für sie nach langen Suchen eine geschlossene neuropsychatrische Abteilung gefunden. Davon gibt es leider nur sehr wenige, aber geschafft. Ich finde es schade das man alle Klinik-Führer und Krankenkassen fragen kann, aber keiner helfen konnte.

Das Krankenhaus wo sie operiert wusste von der Klinik, hat sie aber, weil der Sozialdienst Urlaub hatte, einfach abgeschoben. So habe ich mir dann die Arbeit gemacht und mit allen Kontakt aufgenommen und so wie es aussieht, kann sie in den nächsten Tagen dort ihre Therapie anfangen.

Man kommt sich bei dem Ganzen nur verlassen vor u es kostet zusätzliche Kräfte, so dass ich selbst am Ende bin.
alf1970
Harte Nuss
05.01.2012 11:32:13
Hallo alf 1970,
ich kann dir aus 30jähriger Erfahrung sagen, das Gehirn ist auch nach so einer OP lernfähig. So war und ist es jedenfalls bei mir.

Meine beiden Astro I OP`s (1981+1990) haben Schäden in bestimmten Regionen hinterlassen und andere Gebiete haben diese Aufgaben irgendwie übernommen. Orientierung, Konzentration, Merkfähigkeit, Zahlengedächtnis. Ich kann mir keine PIN Nummern merken und keinem anderen Menschen eine Wegebeschreibung geben, finde aber den Weg selbständig wieder (teilweise mit Umwegen(:-(. Ich habe bei mir festgestellt, dass ich mich mehr mit den Augen orientiere. Ich achte mehr auf Farben und die Umgebung (Häuser, Mülltonnen, Laternen u.ä.). Erst neulich habe ich es wieder bemerkt als ich durch eine Unterführung gegangen bin, da haben mir diese Anhaltspunkte gefehlt und ich bin den falschen Aufgang wieder hoch. Mein Gehirn und ich heute 48 haben im Alltagsleben gelernt andere Möglichkeiten zu finden um diese Defekte auszugleichen. Oft sage ich auch, mein Mann ist mein zweites Gedächtnis.

Bei deiner Frau ist die OP ja jetzt wirklich noch sehr frisch, gib ihr und ihrem Gehirn einfach Zeit und gebt die Hoffnung nicht auf.

Ich weiß nicht wie das heute noch solch einer OP üblich ist, gibt es psychisch therapeutische Unterstützung? Bei mir gab es die noch nicht, bzw. ich habe erst 25 Jahre später, in Gesprächen gelernt mit diesen Dingen richtig umzugehen. Ich habe immer versucht perfekt zu sein, so wie vor den OP´s und habe mir dadurch das Leben unbwusst schwer gemacht.
Es gibt doch das Sprichwort: "Die Zeit heilt die Wunden" glaubt einfach an das Gehirn es kann so viel, warum nicht auch lernen nach solchen Eingriffen. Ich bin mir sicher, du bist deiner Frau eine sehr große Stütze, die ihr das Arbeiten an sich selber erleichtern wird. Versuche deine Kräfte einzuteilen und dir selber einen Ausgleich zu schaffen, wenn du dich nicht um deine Frau kümmerst. Ich drücke euch beiden fest die Daumen.
Harte Nuss
NACH OBEN