Liebe Kathrin,
fühl dich erst einmal ganz lieb gedrückt.
Der Tumor hat sich so schnell auf so grässliche Weise wieder gezeigt, das ist mehr als heftig!!!
Ich kann dir nur aus meiner Sicht, als Betroffene schreiben, was ich fühlte, dachte und erledigt haben wollte, als ich nach meiner damaligen OP endlich dazu in der Lage war.
Es kann so sein, muss es aber nicht, dass ihr auch so in etwa denkt und fühlt.
Alles erscheint einem so unwirklich, man denkt automatisch; sch...e, wir hatten doch nur so wenig gemeinsame Zeit. Wie wird es wohl sein, wenn ich nicht mehr bin, wie kommen meine Lieben damit klar.
Können sie es verkraften, wie kann ich sie darauf vorbereiten...
Als erstes war es mir wichtig, dass alle abgesichert sind, auch ich, falls ich nichts mehr selbst entscheiden könne.
Also erkundigte ich mich, füllte eine Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht (mit Hilfe meines heutigen Mannes) aus, ließ alle unterschreiben. Diese Unterschirften müsen jährlich wieder aktualisiert werden, damit sie gültig bleiben.
Es regelt für den Notfall so vieles, dass meine Lieben gar nicht erst vor der Entscheidung stehen müssen, ob Maschinen aus oder nicht, ob man mich wiederbeleben soll oder nicht und, ob sie mich in eine Betreuungseinrichtung verbringen können, falls ich nicht mehr "händelbar/zumutbar" für sie wäre usw. usf..
Ein Testament erstellen und möglichst beglaubigen lassen - handschriftlich. Die eigene Unterschrift, Datum und Ort dürfen auch nicht fehlen.
Meine Familie blockte ab, wenn ich mit ihnen darüber sprechen wollte und das empfand ich als besonders belastend, ich wollte doch nicht, dass sie sich unnötig schlecht fühlen und wissen, wie ich darüber denke. Weil ich möchte, dass sie trotzdem gut weiterleben werden/sollen.
Ich nahm mir vor, ein Video von mir aufzunehmen, falls ich irgendwann selbst nicht mehr sprechen könnte- eine Art Videotagebuch. So konnte ich jeden Tag meinen Lieben sagen, was mir wichtig ist, wie sie damit umgehen sollten, was in meinem Sinne wäre, wenn ich nicht mehr bin und unsere Enkel (bald drei) können mich auf diese Weise noch erleben, falls...
Fand ich irgendwie besser, als nur Bilder zu hinterlassen.
Zugegeben, inzwischen tue ich das nicht mehr - sollte ich vielleicht mal wieder auf "aktuellen Stand" bringen.
Ich sprach auch über die Art meiner Beisetzung, da ich kein typisches Grab haben möchte zu dem meine Lieben dauernd verpflichtet werden "sich dort einen abzuharken", zu gießen, zu pflanzen und sowas alles. Ich hasse diese neonfarbenen Zettel an Grabsteinen, der darauf hinweist, dass sie die Grabpflege vernachlässigt haben. Ich finde eine solche Maßnahme pietätlos und einfach nur schrecklich.
Soweit es mir möglich war, habe ich meine eigene Bestattung bis hin zu meiner Wunschmusik, weil diese mein "ich" wiedergibt und diese Songs für mich eine tiefe Bedeutung haben - geplant.
Ich möchte keine teure oder pompöse Bestattung, davon habe ich nichts mehr. Sie sollen sich lieber an mich so erinnnern, wie ich einmal war.
Am liebsten wäre mir eine Seebestattung. Mich verbrennen und meine Asche auf einem Gewässer ihrer Wahl verstreuen.
Als mein Sohn meinte, dann hätte er ja gar keine "Anlaufstelle", um mit mir zu sprechen, um mich zutrauern, wenn er es wolle, antwortete ich ihm nur, dass er das somit an jedem Gewässer, jeder kleinen Pfütze könne, denn Wasser ist ein ewiger Kreislauf. Somit könne er das überall, wenn er meiner gedenken möchte.
Ich brauche keine riesigen Blumenbuketts oder einen teueren Grabstein mit fetter Goldschrift und klugem Spruch, höchstens ein Wildblümchen, dieses schwimmen lassen oder wie Gramyo hier damals schrieb, einen Zeh ins Wasser stecken und an mich denken - mit mir reden. ;-)
Da ich schon ein paar Mal dem Tode sehr nahe war, sprach ich auch mit ihnen, wie ich den Tod empfand und, wie mich scheinbar die Ärzte ringsherum wahrnahmen. Diese flitzten aufgeregt um mich herum und ich war die Ruhe selbst, ich verspürte keine Angst. Damals wollte ich loslassen, aber irgendwie wurde mir immer innerlich gesagt, dass es noch nicht so weit sei, was dann auch stimmte.
Es ist ein so unglaublich komplexes Thema, dass man sich darauf nicht vorbereiten kann. Zu wissen... und wenn es dann so ist, das sind Dinge, welche man mit nichts und niemanden vorab einstudieren kann. Man kann lediglich versuchen, dass man den Behördenkram in Hände legen kann (wie einem Bestattungsinstitut), wo man dann nur noch "Bescheid geben" muss, wenn und die sich dann ganz in meinem Sinne darum bekümmern, denn unsere Angehörigen haben genügend mit den Ämtern usw. zu tun, um eventuelle Krankenhaus-, Palliativ,- oder weitere Pflegekosten aufzuschlüsseln und zu begleichen.
Liebe Kathrin, es ist einfach so viel, an was man evtl. vorab denken muss/könnte/sollte. Dir werden hier bestimmt noch weitere Leute gute Tipps oder ihre Erfahrungen dazu schreiben.
Von Herzen wünsche ich euch, trotz der schlechten Prognose, eine intensive, gute und glückliche, und noch ganz laaaange gemeinsame Zeit. Wenn machbar möglichst unbeschwert! Jeder gelebte Tag ist ein Tag an dem die Forschung wieder ein Stückchen weiter ist.
Über das Warum, denke ich für mich nicht mehr nach, es ist halt so. Lieber ich, als meine Lieben.
LG Andrea