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Eule

Hallo zusammen,

nachdem ich die letzen Tage still mitgelesen habe und euer aller mitfühlenden Kommentare gelesen habe, möchte ich mich hier auch einmal zu Wort melden und unsere Geschichte erzählen.

Mein Papa wurde am 15.12.2013 nach einem epileptischen Anfall ins Krankenhaus gebracht. Wir dachten an einen Schlaganfall, da vorher keinerlei Symptome bei ihm aufgetreten sind. Noch in der Nacht hat der Notarzt meinem Papa und meiner Mama gesagt, dass er bei den CT Aufnahmen Hirnmetastasen entdeckt hat und keine Heilung und Behandlung mehr möglich sein wird.

Natürlich will man so etwas nicht glauben, mein Papa ist 58, sehr sehr fit und hat bis dahin sehr viel Sport getrieben und gesund gelebt. Am nächsten Tag haben uns die Spezialisten ein klein wenig Mut machen können: Heilung sei zwar nicht mehr möglich, aber Therapie in Form von Bestrahlung und Chemo um das Wachstum zu bremsen und ihm noch ein wenig gute Zeit zu verschaffen. Natürlich klammert man sich an eine solche Aussage.

Die nächste Woche vor Weihnachten ging drauf für Untersuchungen: der Primärtumor sitzt in der Lunge, ist eine Folge seines Melanoms, dass er 2002 hatte und das eigentlich überstanden war. Auch alle Nachsorgeuntersuchungen hat Papa immer ganz gewissenhaft wahrgenommen. Gestreut hat das Melanom jetzt bereits in Leber, Niere und eben ins Hirn: 5 Metastasen, jeweils fast 25mm groß.
Operation nicht mehr möglich, es handelt sich um einen sehr aggressiven Krebs, der wahrscheinlich innerhalb von ca. 8 Wochen gewachsten ist.

Seit der Diagnose aber hat Papa jeden Tag massiv abgebaut. Verwirrtheit, Wortfindungsstörungen und starke motorische Störungen in der ersten Woche. Dann gab es bei der Lungenbiopsie Komplikationen - Intensivstation, Lungendrainage über 7 Tage - und er musste bis zum 25.12. im Bett liegen. Danach ging laufen fast nicht mehr und er war auch sonst bei den einfachsten Dingen auf unsere Hilfe angewiesen.

Danach hat Papa einfach jeden Tag etwas anderes nicht mehr gekonnt - laufen, stehen, im Rolli sitzen, sitzen, essen, trinken, reden. An jedem Tag ging etwas anderes verloren.
Dazu kamen vor circa 10 Tagen extreme Schmerzen, mein Papa hat geschrieen vor Schmerzen dass die gesamte Station zusammengelaufen ist. Am schlimmsten für uns war es daneben zu stehen und nichts tun zu können. Dazu kam die Verwirrtheit und Aggression in den letzten 14 Tagen. Papa kam sich verlassen vor,obwohl er seit der Diagnose nicht eine Minute alleine in der Klinik sein musste. Er hat mich und Mama beschimpft und für sein Leid verantwortlich gemacht und war enttäuscht von uns. Ich weiß dass das die Krankheit war aber es tut trotzdem sehr sehr weh!

An Behandlung wurde Bestrahlung über das gesamte Hirn angefangen, aber nur 10 Dosen und diese haben wir nicht einmal bis zum Ende durchziehen können. Bis zu einer möglich Chemo sind wir gar nicht mehr gekommen...

Die letzten 10 Tage, seit Neujahr, haben wir ihn auch nachts in der Klinik nicht mehr alleine lassen können - durch die Verwirrtheit konnte er keine Hilfe rufen, hatte die Schmerzanfälle und immer wieder Panikanfälle.Mama, mein Onkel und ich haben uns mit Übernachten abgewechselt.
Am Freitag wurden wir endlich auf die Palliativstation verlegt, wo er endlich zum ersten Mal Morphium bekommen hat und die Schmerzen kontrolliert werden konnten. Dort war er noch genau 2 Tage. Am Sonntag, genau 4 Wochen nach der Diagnose und an seinem Geburtstag ist er gestorben. Papa ist genau 59 Jahre alt geworden und am selben Tag gekommen und wieder gegangen.

Mama und ich sind jetzt alleine und können es noch nicht fassen. Die ganzen letzten 4 Wochen haben uns die Ereignisse überrollt, so dass wir mit den ganzen schlechten Nachrichten nie Schritt halten konnten. Jede Planung - ob heim holen, Pflegebett oder Platz im Hospiz - mussten wir nach dem Organisieren direkt wieder absagen, weil sich sein Zustand schon wieder so sehr verschlechtert hat.
Vor allem der extrem schnelle Fortschritt von 4 Wochen vom "gesunden" Mann bis zum Ende schockiert uns sehr. Ich weiß nicht, wie es ohne ihn werden soll....

Ich weiß, das ist jetzt viel Text, aber ich wollte Papas Geschichte einfach hier auch einmal erzählen... Falls es jemand trotzdem schafft, alles zu lesen: Danke!

Irmhelm

Liebe Eule,
ja ich habe es geschafft alles zu lesen und muß sagen, ich bin fassungslos, was einem so alles auferlegt werden kann. Er hat in diesen Wochen so viel Leid ertragen, aber, vielleicht ist ihm noch mehr Leid durch den schnellen Tod erspart geblieben. Ich weiß, tröstende Worte kann man wohl kaum finden, ich jedenfalls nicht. Fühlt Euch von mir herzlichst umarmt. Ich wünsche Euch ganz viel Kraft das alles zu verarbeiten. Deinem Vater geht es jetzt gut, das ist der Trost den ich Euch geben kann. Alles Liebe und Gute für die Zukunft
Irmhelm

tinchen

Liebe Eule,
es ist traurig, dass euch diese Krankheit regelrecht überrollt hat und du deinen Vati so schnell verloren hast.
Der einzige Trost für euch ist, dass er nicht länger leiden musste...
Sei ganz lieb gedrückt von tinchen

scrabble62

Wo die Last zu gross wird, ist sterben eine Erlösung … Nur für euch, die ihr das miterleben musstet, fängt der Weg erst jetzt richtig an. Ich wünsche euch viel Kraft und hoffe, ihr findet ein Quäntchen Trost darin, dass euer Vater nicht lange in seinem schmerzenden Körper gefangen weiterleben musste. Ich habe das bereits einmal bei meiner Mutter miterlebt und gehe diesen Weg jetzt wieder mit meiner Tante. Beides wird, in einem grösseren Plan, seine Richtigkeit haben – verstehen werden wir es wohl nie richtig.

Aber ich denke: Für euren Vater ist es besser, dass er das Heranwachsen dieses stillen Feindes nicht bemerkt hat, dass keine Symptome seine Lebensqualität gestört haben, bis zu dem schrecklichen Tag vor 4 Wochen. Versucht den lebendigen, fröhlichen und kraftvollen Vater in der Erinnerung lebendig zu halten – und mit ihm im Herzen die Dinge zu tun, die er gerne noch getan hätte. Sanfte Umarmung aus der Ferne!
Scrabble62

mona

Hallo Eule,

ich habe den Text durchgelesen und finde es eine sehr traurige geschichte bzw erlebniss.Das schöne daran ist das er an seinem geburtstag erlöst wurden ist und nun ein Engel oder was auch immer für euch ist....

mitfühlende und stille Grüße

gramyo

Liebe Eule,
fühle dich gedanklich wirklich ganz lieb umarmt und so gut verstanden in deiner Trauer, auch deiner Fassungslosigkeit und deinem Schmerz.

Es ist wirklich gut, dass du alles,aber auch wirklich alles, dir von der Seele
geschrieben hast und bitte schreibe ruhig weiter, wenn es dir zu deiner Trauerarbeit hilft. Ich habe hier so viel positive Unterstützung in meiner Trauerarbeit bekommen und bekomme sie ja noch.

Was mich absolut fassungslos gemacht hat, ist die Tatsache, dass er erst so spät Morphium bekommen hat! Ich finde, das darf es in der heutigen Zeit nicht mehr geben!

Dennoch ist es eine Gnade gewesen, dass er nur kurz in dieser hilflosen und schmerzvollen Situation war.

In den letzten Tagen so häufig geschrieben ....

sie sind frei, ....frei von allen Einschränkungen und Beschwerden....
sie sind für mich " hochenergetische Wesen" die in einer wunderschönen, friedlichen, lichterfüllten Dimension ein anderes "Sein" leben....
und ...
immer mit uns auf der Seelenebene verbunden bleiben...

Diesen Trost hast du in der Zeit deiner Trauer...

und mit der Zeit... werden die Bilder .....
deines Vaters ... wieder schöner und fröhlicher ... auftauchen....
und dir und deiner Mama mehr Ruhe und Kraft für euer "neues Leben " bringen.

ganz liebe und mitfühlende Grüße an dich und deine Mama
sende ich euch
Gramyo/Claudia mit Burkard im Herzen und Leben
Wie es bei dir und deiner Mama auch sein wird .., im Herzen und Leben...

dirlis

Liebe Eule,
mir fehlen die Worte um auszudrücken, was mich gerade bewegt.
Das Leben kann so unbarmherzig sein, dass mit dem Weitergehen der Tod als Freund kommt und den Sterbenden mitnimmt.
Ihn von den Qualen und Schmerzen befreit.

Zurück bleibt Ihr.

Ich wünsche Euch Allen liebe Menschen um Euch, die Euch auffangen und mittragen. Die Euch helfen zu verstehen.
Die helfen können, diesen Verlust und die aufreibende letzte Zeit zu verkraften.
Die Zeit war so kurz, der Verlauf so rasant.
Ich wünsche Euch, das die Bilder, die Ihr jetzt vor Augen habt, weichen werden und ihr gemeinsam irgendwann wieder den gesunden Mann vor Euch sehen könnt, den ihr begleiten durftet und der Euch begleitet hat.
Ich wünsche Euch, dass Ihr Euch an ihn erinnert, wie ihr in immer kanntet und dass ihr voller Wehmut, Trauer und dennoch mit einem kleinen Lächeln an ihn und Eure gemeinsame Zeit denken könnt.

Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
(D.Bonhoeffer)

Seid still gegrüßt von Dirlis

Welle2013

Liebe Eule,
liebe Mutter von Eule,

mit den Worten von Mascha Kaléko in "Memento" wünsche ich Euch, deren der schmerzvoller Weg nur erst beginnt, viele Menschen, die Eure Trauer aushalten können:

Vor meinem eignen Tod ist mir nicht bang,
nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang
und lass mich willig in das Dunkel treibe...
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr
- und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: den eignen Tod, den stirbt man nur,
doch mit dem Tod der andren muss man leben!

Letzten habe ich gelesen: Die Trauer ist ein riesengroßer Felsbrocken, vor dem zuerst erstarrt man steht. Nur nicht zerquetschen lassen davon, ist zunächst die Aufgabe. Dann fängt man an, den Brocken zu zerschlagen und irgendwann ist es nur noch ein Stein, den man sich in die Hosentasche steckt und immer bei sich trägt.

Ein stiller Gruß auch von mir, besonders auch an Deine Mutter! Gebt Euch gegenseitig Halt in dieser dunklen Zeit, die Welle....

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