Hallo!
ich habe mich hier angemeldet, weil ich seit Anfang dieses Jahres unter Schock stehe, meine Tochter und ich leiden, unser Leben (zum zweiten Mal) auf dem Kopf steht und ich nach Informationen und Hilfe suche... und weil es die einzige Möglichkeit zu sein scheint - im Forum dieser Website - nach Themen/Beiträgen zu suchen und Informationen zu bekommen, die ansonsten im Internet nicht vorhanden sind bzw. mir verschlossen bleiben würden. Allerding hat meine Suche mit Stichwort "Persönlichkeitsveränderung" annähernd keine Treffer gebracht. "Aggressiv" und "Wesensveränderung" führte zu einigen Beiträgen... aber ich habe nichts gefunden, was dem entspricht, was ich erlebt habe und was die Angehörigen meiner Freundin täglich durchmachen.
Also, ich selbst bin nicht von einem Hirntumor Betroffene, sondern habe - oder hatte* - eine Freundin, die diese Diagnose vor 7 Wochen erhalten hat. Ich kann mich aber ganz gut in die Situation von direkt Betroffenen hereinversetzen (ich hatte vor einigen Jahren die Diagnose einer aggressiven Form von Brustkrebs - HER2/neu-Überexpression= 3+ - mit Verdacht auf Hirnmetastasen aufgrund von Seh-, Sprach-, Hör- und Gedächtnisstörungen und extrem starken, mit Medikamenten nicht zu behandelnden Kopfschmerzen, welche mich überhaupt erst dazu gebracht haben, meine Brust abzutasten...)
Meine Freundin bekam Anfang Januar 2020, nach einem epileptischen Anfall mit schwerem Sturz die Diagnose Hirntumor. Und nun ist nichts mehr, wie es war.
Meine Freundin war, so lange ich denken kann, eine kluge, gebildete, freundliche, großzügige und warmherzige Frau, aber seit 7 Wochen ist sie sehr oft eine unberechenbare Furie. Es ist ihr erstaunlicherweise möglich, trotz mentaler Defizite, beim Job und in Gesprächen mit Fremden, Kollegen und Ärzten, charmant, eloquent, besonnen und ruhig zu bleiben. Aber im Privaten ist sie oft sehr egozentrisch, aggressiv und gemein, schreit herum und beschimpft und demütigt Familie und Freunde bis die Tränen fließen oder es sogar zu Handgreiflichkeiten kommt. Dabei spricht meine Freundin davon, Hilfe zu leisten, sich um alles kümmern zu müssen und dass sie zu gut ist für diese Welt, dass ihr niemand Gutes tut, sie verletzt, ignoriert und ausgenutzt wird u.ä.m. Sie sagt, dass sie sterbenskrank ist und kurz darauf, dass es ihr so gut ginge wie noch nie. Da meine Freundin kaum schläft, rund um die Uhr sehr aktiv ist, gibt es auch kaum Möglichkeiten des Abschaltens und der Regeneration – für alle Beteiligten.
Ich bin ihr gegenüber nie laut oder ausfallend geworden und habe versucht geduldig & verständnisvoll zuzuhören und zu helfen, wobei letzteres irgendwie bisher gar nicht wirklich möglich war (man kommt nicht zu Wort und wenn doch, dann ist es für sie die pure Provokation). Sie hat mich durch ihre vielen Beschimpfungen und Vorschriften und die massive Einmischung in meine Mutter- und Partnerschaft sehr verletzt. *Der Gipfel war dann die Kündigung der Freundschaft und der Wunsch, dass ich nie mehr Kontakt zu ihr aufnehmen solle. Jetzt stehe ich im Aus. Ich kenne nur Bruchstücke der Diagnose (die gar nicht schlimm klang), ich wage es nicht mehr, meine Freundin zu kontaktieren...
Wie gesagt, geht es mir und meiner Tochter nicht gut. Wir beide leiden zur Zeit unter Schlafstörungen. Ängsten und Albträumen.
Ich finde es erstaunlich, dass von so krassen Persönlichkeits/Wesensveränderungen, von Aggressionen, täglichen Beschimpfungen, Demütigungen, ja regelrechtem Psychoterror, der einen ja an die Grenzen der Kräfte bringt, hier im Forum nie die Rede ist. Zumindest habe ich Derartiges noch nicht gefunden. Alle Beiträge von Betroffenen und Angehörigen klingen immer total pc, alles erscheint, als wäre es am Ende ganz okay und gut zu bewältigen.
Aber DAS was ICH erlebt und miterlebt/beobachtet habe, war ganz anders, das war so intensiv und so schrecklich, dass es NICHT auszuhalten war. Man wollte nur weg. Sich in Sicherheit und Ruhe bringen.
Ich würde gern wissen, wer Ähnliches, wie das von mir Geschilderte erlebt hat und (täglich) erlebt. Ich interessiere mich natürlich insbesondere für Antworten von Angehörigen und Freunden. Deren Strategien und Fazite. Aber auch Berichte und Empfehlungen von aktiv aggressiven Hirntumor-Patienten interessieren mich, weil ich gern verstehen würde, was da abgeht und vor allem weil ich unbedingt einen Ausweg aus dieser besch... Situation finden würde. Einen Ausweg, der den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird.
Gute Nacht.
P.S.: Ich musste eine Tumorart (samt Therapie/Diagnose) eintragen, obwohl ich keine Ahnung habe, um welche Tumorart (etc.) es sich handelt bzw. nur weiß, dass der Tumor (s. MRT) wohl gutartig ist; das Ergebnis der Biopsie lag beim letzten Gespräch allerdings noch nicht vor.