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Bevacizumab gegen Hirntumoren kann kognitive Einschränkungen auslösen

Meike Drießen
Ruhr-Universität Bochum
PR-Gateway, 2. April 2019

Das Glioblastom ist die häufigste Form des Hirntumors bei Erwachsenen. Vor allem in den USA wird zur Behandlung von Glioblastomen der Wirkstoff Bevacizumab eingesetzt. Das Medikament ist eine Therapie mit einem Antikörper, der das Krebswachstum eindämmen soll. In einer großen Therapiestudie ergaben sich Hinweise darauf, dass Glioblastom-Patienten, die mit Bevacizumab behandelt wurden, kognitive Einschränkungen entwickeln können.

Ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat deshalb untersucht, wie Bevacizumab auf Nervenzellen direkt wirkt. Ihre Ergebnisse beschreiben die Forscher in der Zeitschrift Frontiers in Cellular Neuroscience, online veröffentlicht am 26. März 2019.

Spurensuche im Hippocampus

Glioblastome können nur deshalb so schnell wachsen, weil sie ein dichtes Geflecht an Blutgefäßen ausbilden. Dazu produzieren die Tumorzellen große Mengen des Wachstumsfaktors VEGF. Bevacizumab bindet und blockiert diesen Wachstumsfaktor und verhindert so, dass neue Blutgefäße gebildet werden. Allerdings wirkt sich der Wachstumsfaktor VEGF nicht nur auf die Bildung neuer Blutgefäße aus. Im zentralen Nervensystem übt er außerdem eine stimulierende und schützende Wirkung aus. Wie sich eine Blockade des VEGF-Kreislaufs durch Bevacizumab auf die Funktion der Nervenzellen auswirkt, wurde bislang nicht hinreichend untersucht. Die Neurowissenschaftler aus der Abteilung für Cytologie, der Abteilung für Neurophysiologie und der Klinik für Neurologie im RUB-Klinikum Knappschaftskrankenhaus überprüften die Annahme, dass die kognitiven Einschränkungen, die bei Glioblastom-Patienten unter der Behandlung mit Bevacizumab beobachtet wurden, durch Veränderungen im Hippocampus – der wichtigsten Gedächtnisstruktur des Menschen – hervorgerufen wurden.

Auffälligkeiten im Hippocampus entdeckt

Sie untersuchten anhand von Hirnschnitten und Zellkulturen von Ratten, welche Auswirkungen Bevacizumab auf die Zellen des Hippocampus hat. Dabei konzentrierten sie sich auf drei Aspekte: die neuronale Plastizität der Zellen, die Dornenfortsätze auf den Nervenzellen und die Art, wie die Zellen Reize übertragen. Alle drei Komponenten sind wichtige Faktoren für die Kognition und Gedächtnisbildung. In allen untersuchten Bereichen zeigten sich unter der Gabe von Bevacizumab Auffälligkeiten. „In unserer Studie konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass Bevacizumab die Funktion des Hippocampus beeinflussen kann“, fasst Prof. Dr. Denise Manahan-Vaughan, Leiterin der Abteilung für Neurophysiologie an der RUB, die Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Ob die in den Experimenten gewählte Bevacizumab-Konzentration der im menschlichen Gehirn eines Patienten mit Glioblastom unter Therapie exakt entspricht, muss offen bleiben.

Förderung

Die Studie wurde durch den Sonderforschungsbereich 874 (SFB 874) der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Der SFB 874 „Integration und Repräsentation sensorischer Prozesse“ besteht seit 2010 an der Ruhr-Universität Bochum. Die Forscherinnen und Forscher beschäftigten sich mit der Frage, wie sensorische Signale neuronale Karten generieren, und daraus komplexes Verhalten und Gedächtnisbildung resultiert.

Originalveröffentlichung

Pauline Latzer, Olena Shchyglo, Tim Hartl, Veronika Matschke, Uwe Schlegel, Denise Manahan-Vaughan, Carsten Theiss: Blocking VEGF by Bevacizumab compromises electrophysiological and morphological properties of hippocampal neurons, in: Frontiers in Cellular Neuroscience, 2019, DOI: 10.3389/fncel.2019.00113

Klara79

Hallo zusammen,

herzlichen Dank für diesen Artikel! Ich interessiere mich wirklich sehr dafür. Mein Mann (Glioblastom seit 7/2017, inoperabel, derzeit Reha nach dem zweiten Mal Radiochemo und zweimalger Gabe von Avastin) hat nach der Gabe von Avastin meines Erachtens deutliche kognitive Einschränkungen. Natürlich kann es auch von der Bestrahlung kommen. Bei der letzten Bestrahlung gingen diese EInschränkungen (waren jedoch anderer Art) nach einiger Zeit wieder zurück. Diesmal habe ich das Gefühl, dass es nicht besser wird. Was aber meinen die denn genau mit "kognitiven Einschränkungen"? Uns wurde das vor der Behandlung auch nicht gesagt. Ich kann es auch schwer fassen, es ist, als würde mein Mann nur noch die nötigsten Gedankengänge tun. Sein Denken ist einfach extrem reduziert, besser kann ich es leider nicht beschreiben. Noch dazu hatte er einen Tag nach der Gabe einen epileptischen Anfall. Kam davor und danach auch nie wieder vor. Ob das zusammenhing, dazu wollte auch niemand etwas sagen. Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Vielen Dank für den Artikel!

rosi5

Da denke ich nun darüber nach, ob sich das auch auf andere VEGF- Blocker (gezielte Medikamente oder auch einfach nur Epigallocatechingallat aus grünem Tee) beziehen kann... ? … Wo soll man denn dann den Hebel ansetzen, wenn der VEGF einerseits gut und andererseits schlecht ist? Ist es nicht irgendwie mit allem so?

Svenska

Das ist interessant, weil ich gerade in einem anderen Thread geschrieben hatte, dass ich den Eindruck habe, dass meine Lebensgefährtin kognitiv wieder viel leistungsfähiger ist seit sie Avastin bekommt ...

Vielleicht lag es auch daran, dass das Ödem, was ihre Ausfallerscheinungen hervorrief, zeitgleich zurückging, aber wir alle hatten den Eindruck, als hinge die deutliche Verbesserung auch mit dem Avastin zusammen (und das soll ja letztlich auch den Hirndruck reduzieren...)

Sie bekommt es seit Dezember alle drei Wochen; zunächst 12ml (300mg), nun 9ml.

@Klara: Weißt du, welche Dosis dein Mann bekam/bekommt?

Svenska

Hm, vielleicht ist diese Studie der Grund, warum der Neuroonkologe plötzlich die Dosis reduziert hat ... so richtig erklärt hat das nämlich keiner, nur, dass er da was gelesen hätte ...

Klara79

Hallo Svenska,

mein Mann hat 10 mg / m2 bekommen, insgesamt nur 2 x im Abstand von 14 Tagen. Es freut mich, dass ihr zumindest eine positive Wirkung vermutet. Mein Mann hat auch seit langer Zeit ein Ödem, das zwischenzeitlich auch größere Beschwerden verursacht hat, aber mit Cortison ganz gut in Schach gehalten werden kann. Tja, was wovon kommt, wer kann das schon sagen. Langsam finde ich es auch müßig, immer wieder darüber nachzudenken. Aber ich danke Dir für Deinen Beitrag und wünsche euch weiterhin viel Kraft und vor allem einen guten Verlauf!

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