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Jörg[a]

"Der Wille der Patienten kommt zuerst"

Emotionale Situationen entschärfen - Den Sinn medizinischer Maßnahmen analysieren

Ethische Fragen nehmen im Alltag der großen Krankenhäuser eine immer wichtigere Stellung ein. Das im letzten Jahr gegründete "Ethik-Forum" des Nürnberger Klinikums will künftig sogar ein mobiles Team zur ethischen Beratung einsetzen.

Klinikvorstand Klaus Wambach umreißt die Problematik: In Zeiten von sich rasant wandelnden Gesellschafts- und Sozialstrukturen, bei denen die medizinische Versorgung als ein - aufwendiger und teurer - Teil des Warenkorbes verstanden wird, ist das ethische Selbstverständnis eines Krankenhauses und seiner Mitarbeiter nach Wambachs Worten "von entscheidender Bedeutung für das Wohlergehen der Patienten".

Mit der wachsenden Zahl älterer Menschen wächst auch die Zahl derer, die unter zunehmend komplexeren Krankheitsbildern leiden. Sinn, beziehungsweise Sinnlosigkeit einer Therapie oder lebensverlängernder Maßnahmen wollen sorgsam abgewogen werden. Chefarzt Günter Niklewski, Geschäftsführer des Ethik-Forums, nennt als Beispiel den Fall eines schwer alkoholkranken Mannes mit einem inoperablen, innerhalb weniger Monate sicher tödlich wirkenden Gehirntumor: "Wäre es nach dem zuständigen Sozialarbeiter gegangen, dann hätten wir diesen Todkranken noch durch ein komplettes Entzugsprogramm schleusen müssen, obwohl es dessen Wunsch war, bis zu seinem Ende einfach weitertrinken zu dürfen", erzählt Günter Niklewski.

Das momentan 14-köpfige Ethik-Beraterteam soll künftig innerhalb des Klinikums helfen, solche Problemfälle zu entschärfen und mögliche Lösungswege aufzuzeigen. Oberarzt Jürgen Bauer, der eine Intensivstation leitet und tagtäglich mit medizinethischen Fragen konfrontiert wird, betont, dass die Mobil-Berater grundsätzlich keine Weisungen erteilen dürfen und sollen: "An oberster Stelle steht die Patienten-Autonomie: Was will der Kranke oder was würde er wollen, wenn er sich noch artikulieren könnte?", formuliert Bauer die Kernfragestellung.

Auch als Schnittstelle zwischen Krankenhauspersonal und den Angehörigen der Kranken sollen die mobilen Ethik-Berater fungieren. Bauer: "Oft geht es wirklich um Leben und Tod - da bekommt ein Außenstehender eine solche hoch emotionale Situation besser in den Griff, als jemand, der tief in den Fall eingebunden ist."

Ein paar Monate werden allerdings noch vergehen, ehe die mobilen Ethik-Berater ihren Dienst voll aufnehmen. "Wir sammeln noch Praxiserfahrungen und setzen auch in Zukunft auf den ständigen Austausch mit den Pflegekräften vor Ort", erklärt Jürgen Bauer und ergänzt: "Nur mit einer breiten Basis praktischen Wissens kommen wir zu greifbaren Ergebnissen."

HANS VON DRAMINSKI
© NÜRNBERGER NACHRICHTEN

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