www.hirntumorhilfe.de
Herzlich willkommen im Forum der Deutschen Hirntumorhilfe!

Thema: Presse: Fortschritt bei der Therapie des Glioblastoms

Presse: Fortschritt bei der Therapie des Glioblastoms
Speedy
19.02.2019 11:01:39
Fortschritt bei der Therapie aggressiver Hirntumore

18.02.2019

Krebsforscher der Universität Bonn vermelden einen bedeutenden Fortschritt bei der Behandlung des Glioblastoms. Rund ein Drittel aller Patienten leiden unter einer bestimmten Variante dieses häufigsten und aggressivsten Hirntumors. Sie überlebten mit der neuen Therapie im Schnitt um die Hälfte länger als Betroffene, die die Standardtherapie erhielten. Die Studie ist jetzt in der Zeitschrift „The Lancet“ erschienen.

Jährlich erkranken allein in Deutschland rund 2.400 Menschen an einem Glioblastom. Meist sind Erwachsene im Alter zwischen 50 und 70 Jahren betroffen. Die Patienten erhalten momentan nach einer Strahlentherapie in der Regel den Wirkstoff Temozolomid (TMZ).

Prof. Dr. Ulrich Herrlinger und Dr. Christina Schaub mit den Bildern eines Glioblastom-Patienten nach der Kombinationstherapie.

Dieser gilt als wirksamste Waffe gegen Glioblastome. Das Medikament verändert die Erbsubstanz DNA in den Krebszellen, die dadurch absterben. Der Tumor wächst daher zunächst einmal nicht weiter. Heilbar ist die Erkrankung bislang allerdings nicht.

Besonders gut hilft Temozolomid bei einer Unterform des Glioblastoms. Bei dieser ist in den Krebszellen eine Erbgut-Sequenz chemisch verändert, der so genannte MGMT-Promotor. Experten sprechen auch von einer MGMT-Promotor-Methylierung.

Sie bewirkt, dass das von dem Promotor gesteuerte MGMT-Gen seltener abgelesen wird. Dadurch kann Temozolomid den Tumor besser angreifen. Seine Wirkung ist aber selbst in dieser Patientengruppe begrenzt. Daher versuchte man, das Medikament mit anderen Präparaten zu kombinieren, um so bessere Ergebnisse zu erzielen – lange Zeit ohne Erfolg.

Gut tolerierbare Nebenwirkungen

Hoffnung machte vor einigen Jahren eine Pilotstudie. In ihr hatten Wissenschaftler um Prof. Dr. Ulrich Herrlinger (Klinik für Neurologie und Centrum für Integrierte Onkologie (CIO), Universitätsklinikum Bonn) Temozolomid zusammen mit CCNU verabreicht, einem weiteren auf die DNA wirkenden Krebsmedikament.

„Wir fanden damals erste Hinweise, dass diese Kombination die Prognose eventuell deutlich verbessern kann“, erklärt Herrlinger. „Um diese Ergebnisse zu bestätigen, haben wir mit Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine große Patientenstudie gestartet. Darin konnten wir jetzt zeigen, dass die Gabe von CCNU und TMZ die Überlebenszeit bei unseren Probanden tatsächlich deutlich verlängert, und das bei gut tolerierbaren Nebenwirkungen.“

An der jetzt veröffentlichten Studie waren insgesamt 17 Zentren in Deutschland mit knapp 130 Patienten beteiligt. Im Mittel überlebten die so behandelten Patienten rund vier Jahre, mehr als 16 Monate länger als bei alleiniger Gabe von TMZ.

„Das ist ein bedeutender Erfolg“, sagt Herrlinger. „Seit der Erstzulassung von Temozolomid im Jahr 2005 hatte die Chemotherapie des Glioblastoms praktisch keine Fortschritte mehr gemacht.“ Die Forscher versuchen nun, die Therapie weiter zu verbessern, etwa durch eine Kombination von drei Medikamenten.

Allerdings profitieren nur die Patienten mit einem methylierten MGMT-Promotor von dem neuen Behandlungsansatz – gut ein Drittel aller Erkrankten.

„Es handelt sich um eine für diese Untergruppe maßgeschneiderte Therapie“, betont Herrlinger. „Letztlich ist das ein erster Schritt hin zu einer personalisierten Krebsmedizin für Glioblastompatienten.“

Das Neuroonkologische Zentrum des Universitätsklinikums Bonn bietet diesen Patienten jetzt auch außerhalb von Studien die CCNU/TMZ-Kombination an.


Quelle: Ulrich Herrlinger u.a.: Lomustine-temozolomide combination therapy versus standard temozolomide therapy in patients with newly diagnosed glioblastoma with methylated MGMT promotor (CeTeG/NOA-09): a randomised, open label, phase 3 trial; The Lancet; DOI: 10.1016/S0140-6736(18)31791-4


NOA-09-Studie: Intensivierte Gliomtherapie ohne Einbußen bei Lebensqualität und Kognition möglich

Lancet Oncology

von Michael Simm Studien – kurz & knapp 25.09.2019


Kernbotschaften

Die Kombination aus Lomustin und Temozolomid verlängert bei Patienten mit einem Glioblastom, bei dem der MGMT-Promotor methyliert ist, das Leben. Die Lebensqualität und die Kognition werden dabei nicht spürbar stärker beeinträchtigt, als mit Temozolomid alleine.

Hintergrund

Patienten mit einem Glioblastom, bei dem der MGMT-Promotor methyliert ist (das sind ca. 35–50%), überleben signifikant länger, wenn sie mit einer Kombination aus Lomustin und Temozolomid behandelt werden, als mit Temozolomid allein. Neben dem Wirksamkeitsvergleich sollten in der Studie CeTeG/NOA-09 auch die Lebensqualität und die kognitiven Funktionen der Patienten erfasst werden, über die hier berichtet wird. Das mediane Gesamtüberleben hatte unter der Kombination 48,1 Monate betragen gegenüber 31,4 Monaten mit der Temozolomid-Standardtherapie.

Design

Aus der randomisierten Phase 3-Studie CeTeG/NOA-09 konnten 129 Patienten mit neu diagnostizierten MGMT-methylierten Glioblastomen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren mit einem Karnofsky-Wert von mindestens 70% eingeschlossen werden, die man an 17 deutschen Universitätskliniken rekrutiert hatte. Die Patienten hatten bis dahin weder eine Chemo- noch eine Strahlentherapie erhalten. Nun erhielten sie 60 Gy, sowie entweder 6 Mal eine 6-wöchige Chemotherapie mit jeweils 100 mg/m2 Lomustin am ersten Wochentag plus 100-200 mg/m2 an Tag 2–6, oder während der Strahlentherapie täglich 75 mg/m2 Temozolomid, plus 6 vierwöchige Zyklen im Abstand von 4 Wochen mit 150–200 mg/m2 Temozolomid jeweils an Tag 1–5.

Ergebnisse

Bei einer medianen Nachverfolgungszeit von 19,4 Monaten für die Messung der Lebensqualität gemäß dem 30 Punkte umfassenden Fragebogen der EORTC (European Organisation for Research and Treatment of Cancer) gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen (p = 0,26).

Wurde die Kognition mit der Mini Mental State Examination (MMSE) erfasst, so ergab sich bei einer medianen Nachbeobachtung von 15,3 Monaten ein signifikanter Vorteil von 0,11 Punkten für die Standardtherapie mit Temozolomid (p = 0,0058). Mit einer Differenz von 1,76 Punkten über 4 Jahre war dieser Unterschied aber klinisch nicht relevant.

Bei einer Gruppe von neurokognitiven Tests (NOA-07) gab es wiederum keine signifikanten Unterschiede. Die Differenz im Wortfindungstest (COWA), die über median 11 Monate ermittelt wurde, betrug 0,04 (p = 0,14)

Klinische Bedeutung

Eine Kombinationstherapie aus Lomustin und Temozolomid verlängert bei neu diagnostizierten Gliom-Patienten mit methyliertem MGMT-Promoter das Gesamtüberleben deutlich. Im Vergleich zur bisherigen Standardtherapie mit Temozolomid allein kommt es dabei weder zu einer klinisch relevanten Verschlechterung der Lebensqualität noch der Kognition.

Finanzierung: Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Referenzen

Weller J et al.: Health-related quality of life and neurocognitive functioning with lomustine-temozolomide versus temozolomide in patients with newly diagnosed, MGMT-methylated glioblastoma (CeTeG/NOA-09): a randomised, multicentre, open-label, phase 3 trial. Lancet Oncol. 2019 Sep 2. pii: S1470-2045(19)30502-9. doi: 10.1016/S1470-2045(19)30502-9.
Speedy
NACH OBEN