Tanja[a]
Samstag, 24.November 2001
uefa-cup / Heiko Herrlich wie im Märchen
¸¸Ich danke dem lieben Gott für jeden Tag´´
Heiko Herrlich fühlte sich wie im Märchen. Mit seinem ersten Tor nach der Krebserkrankung brachte er Borussia Dortmund auf Achtelfinal-Kurs im Uefa-Cup.
kopenhagen· Am liebsten hätte er die ganze Welt umarmt, doch der erste Dank galt dem Vereinsarzt. Schnurstracks steuerte Heiko Herrlich nach dem Dortmunder 1:0-Siegtreffer für Borussia Dortmund beim FC Kopenhagen in die Arme von Dr. Michael Preuhs.
¸¸Die Kollegen haben mich monatelang mit durchgezogen, jetzt konnte ich ihnen etwas von diesem Vertrauen zurückgeben´´, jubelte der Matchwinner, der die Tür zum Achtelfinale im Uefa-Cup in letzter Minute weit aufstieß.
Seit dem 4. November 2000, als die Borussia beim FC Bayern trotz eines Herrlich-Treffers mit 2:6 verlor, konnte er von solch kurzen, intensiven Glücksgefühlen nur träumen. Dem Spiel in München folgten fünf Monate Leiden mit schockierender Hirntumor-Diagnose, kräftezehrender Strahlentherapie und belastender Ungewissheit.
¸¸Natürlich war das ein tolles Gefühl´´, beschrieb er seine Empfindungen direkt nach dem Tor - und fügte mit tränenerstickter Stimme hinzu: ¸¸Aber mein erster Gedanke galt den Menschen, die mit ähnlichen Erkrankungen in den Krankenhäusern liegen und nicht so etwas Schönes erleben dürfen wie ich.´´
Seine durch die Krankheit verstärkte positive Lebenseinstellung verhilft dem überzeugten Christen Herrlich auf dem Fußball-Feld zu jener unverkrampften Art, die seinen Mitstreitern derzeit fehlt: ¸¸Früher habe ich oft geklagt. Heute danke ich jeden Tag dem lieben Gott, dass ich zum Training gehen darf.´´
Viele gab es nicht, die Herrlich ein derart starkes Comeback zugetraut hätten. Seine bisherigen drei Kurzeinsätze nach der Strahlentherapie verliefen wenig Erfolg versprechend. So leitete der 29-Jährige beim 1:1 gegen Leverkusen das Gegentor mit einem Fehlpass ein. Dass ihn keiner nach diesem Missgeschick tadelte, rechnet er seinen Teamgefährten hoch an. Nicht minder gut ist er auf die Vereinsführung der Borussia zu sprechen, die seinen Vertrag erst Anfang November bis 2005 verlängerte.
Den ansehnlichen Auftritt in Kopenhagen und die Rote Karte seines Vorgängers Jan Koller nutzte Herrlich nicht zur Werbung in eigener Sache. ¸¸Ich werde jetzt keine Ansprüche auf einen Stammplatz stellen, sondern gehe davon aus, dass am Sonntag Jan Koller gegen Kaiserslautern stürmt´´, sagte der einstige Bundesliga-Schützenkönig. Die Frage eines dänischen Reporters, ob er sich Hoffnung auf eine WM-Teilnahme 2002 mache, beantwortete er mit einem verklärten Blick: ¸¸Wenn mich die Ärzte bei meinen Nachuntersuchungen anlächeln, ist das für mich schöner als jede WM.´´dpa