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Handy-Folgen auf dem Prüfstand
VON ANJA SPARBROD
Können Handys Hirntumore auslösen? Belege gibt es dafür bisher nicht. Zwei Bielefelder Gesundheitswissenschaftlerinnen, Maria Blettner und Gabriele Berg, wollen es aber nun wissen: Sie beteiligen sich an einer internationalen Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO.
In 14 Ländern werden 7.000 Patienten mit Gehirntumoren befragt. In Deutschland sind neben der Universität in Bielefeld noch Mainz und Heidelberg an der Interphone-Studie beteiligt. "Wir befragen die Erkrankten beispielsweise, ob sie ein Handy besitzen und wie oft sie es benutzen", so Maria Blettner. Etwa 50 Patienten im Alter zwischen 30 und 60 Jahren sind es, die in Bielefeld in diesem Jahr den Fragebogen abarbeiten. Sie alle sind in Patienten der neurochirurgischen Abteilung in Gilead. Neben den Fragen zur Handynutzung gilt es aber auch, Angaben zum beruflichen Umfeld oder zur Krankengeschichte zu machen. Denn auch hier können Menschen mit Strahlen, zum Beispiel beim Röntgen, in Verbindung kommen.
Um eine Aussage darüber machen zu können, ob Handynutzung eine Auswirkung auf die Entstehung von Gehirntumoren hat, wird zum Vergleich eine Kontrollgruppe mit gesunden Menschen befragt. Diese werden einfach per Zufall in OWL ermittelt. "Leider ist die Bereitschaft, an einer Befragung teilzunehmen, nicht sehr hoch", bedauert Gabriele Berg. Häufig erhalte sie auf ihre telefonische Anfrage hin eine Absage. "Wir fahren zu den Leuten hin, wenn sie bereit sind. Die computergestützte Befragung dauert etwa eine halbe Stunde", so Berg.
2003 sollen die Ergebnisse vorliegen. Bisherige Studien aus Schweden und den USA haben keinen Zusammenhang von Handystrahlung und Gehirntumoren gezeigt. "Die Studien waren zu früh", vermutet Blettner. Denn Handys gibt es erst seit zehn Jahren. Und auch die Krebsentstehung ist ein langsamer Prozess. Vielleicht besteht ja tatsächlich kein Zusammenhang zwischen Handystrahlung und den Tumoren? "Wenn ich das so klar erwarten würde, würde ich die Studie nicht machen", betont Blettner. Ein großes Risiko sieht sie jedoch nicht. Vielleicht einen Faktor, der bei 1,1 liege. Zum Vergleich: Wer raucht, hat ein zehn- bis zwanzigfaches höheres Risiko an Lungenkrebs zu erkranken.
Der Zeitpunkt für die Studie ist nach Ansicht der beiden Gesundheitswissenschaftlerinnen gut gewählt. "Denn die Zahl der Nicht-Handy-Besitzer wird immer kleiner", so Berg. Dennoch: Die Fachwelt schätzt die Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die Gesundheit als sehr gering ein. Alles andere ist Panikmache. Beim Telefonieren mit dem Handy erhöht sich die Temperatur am Ohr um maximal ein Grad Celsius durch die elektromagnetischen Felder. "So gefährlich wie eine Pudelmütze" zitiert Maria Blettner eine Spiegel-Schlagzeile zu diesem Thema. Dennoch rät auch sie vom Telefonieren im Auto ab: Nicht nur wegen der erhöhten Strahlung sondern auch wegen der Unfallgefahr.
Lippische Landeszeitung